Cradle Of Filth - Nymphetamine

Review

Es ist wieder so weit. Die Band mit dem neben DIMMU BORGIR wohl gewaltigsten Streitpotential der Black Metal Szene hat uns ihr neues Opus in die Regale gestellt. Die Anhängerschaft überbietet sich in hoffnungsvoller Erwartung mit Lobgesängen, die ebenso große Hassgemeinde bringt nach einem Jahr Mund halten die angestaubte Verbalkeule wieder zum Vorschein und holt zu einem Rundumschlag aus. Nicht umsonst steht in den im Internet kursierenden 101 Regeln für Black Metaller insgesamt vier Mal „Don´t be Dani Filth“. Ein dazwischen gibt es also nicht. Entweder man liebt sie oder man hasst sie. Neben den ganzen unbelehrbaren, oftmals wenig fundierten und wohl nie gänzlich zur Ruhe kommenden Pro und Contra Streitgesprächen gibt es aber natürlich noch den Anlass der Fehde zu begutachten: die Musik. Was gibt es also über „Nymphetamine“ zu sagen?

Im Gegensatz zum Vorgänger „Damnation And A Day“ sind drei wesentliche Unterschiede herauszustellen. Während das letzte Werk das Konzept über den gefallenen Engel Luzifer zum Thema hatte, sind die 14 Songs von „Nymphetamine“ größtenteils als Einzelgeschichten zu begreifen, obwohl sich auch hier so etwas wie ein roter Faden durch die fast ausgereizte Spielzeit schlingelt. Er beschreibt das alte literarische Motiv der Faszination für das Weibliche, welches Erfüllung verheißt, aber in Verhängnis und Tod endet, ein Motiv, das sich eigentlich schon durch das komplette Schaffen der englischen Schmutzwiege zieht (daher auch der Titel, ein Wortbastard aus Nymphe und Amphetamine).

Die opulent-bombastischen Orchesterarrangements, die wegen des zwischenzeitlichen Wechsels zu einem Majorlabel freundlicherweise von selbigem bezahlt wurden, sind fast komplett in den Hintergrund getreten. Das obligatorische Intro, das klassische Instrumental und die Untermalung gespenstischer clean parts, ohne die ein CRADLE OF FILTH Album einfach undenkbar wäre, sind aber natürlich vorhanden, werden jetzt jedoch durchdachter und effektiver eingesetzt, wodurch „Nymphetamine“ einfach nicht mehr so überladen wirkt.

Rifftechnisch hat sich sehr viel Melodie eingeschlichen, die Abwechslung findet eher zwischen und nicht während der Songs statt, weswegen auch die Komplexität gelitten hat, was Nymphetamine aber sehr gut zu Gesicht steht.
So werden neben astreinen Brutalo-Thrash-Nummern wie dem Opener „Gilded Cunt“ auch altbekannte, noch um einen Tick verfeinerte Gespensteratmosphären wie in dem herrlich melancholisch-weinerlichen „Gabrielle“ verbreitet, und erhaben tragende Hymnen wie in „Absinthe With Faust“ oder Moshparts à la „Coffin Fodder“ fehlen auch nicht. In „Nymphetamine Overdose“ sorgt LEAVE’S-EYES-Sängerein Liv Kristine für sanftere Töne und „Swansong For A Raven“ ist eine mehr als würdige Fortsetzung des „Midian“-Hits „Her Ghost In The Fog“.

Leider wird in „Nymphetaimne Fix“, dem letzten Song des Albums, noch einmal eine gekürzte Version des Duetts mit Liv Kristine aufgearbeitet, was eigentlich nicht nötig gewesen wäre und mich somit von der Höchstnote abhält. Die restlichen 13 Songs haben aber allemal die 10 verdient.

07.11.2004
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