Crematory - Unbroken

Review

Stellt Euch vor, Ihr steht morgens auf. Die Sonne scheint wärmend durch das Fenster. Gut ausgeschlafen wollt Ihr in den Tag starten. Doch plötzlich drückt es in der Darmgegend – und die rettende Keramikschüssel lässt Euch den restlichen Tag über nicht mehr los. Klingt ziemlich beschissen, oder? Noch schlimmer wird aber selbst dieser Tag mit dem neuen CREMATORY-Output „Unbroken“.

CREMATORY am Tiefpunkt

Als erstes springt einem das komplett bescheuerte Artwork ins Auge. Die einzige Designvorgabe war anscheinend „Sex sells“. Anders lässt sich diese Silikontittenbilligpornoästhetik kaum erklären. Die gesprengten Ketten sollen vermutlich irgendwie den Bezug zum Albumtitel herstellen. Allerdings verstärken sie eher den Eindruck, hier einen SM-Streifen aus den hinteren Tankstellenregalen vor sich zu haben. Das musikalische Niveau schließt sich dem an.

„The memories are painful“ verrät Frontmann Felix Stass in „Awaits Me“. Die Anschlussfrage lautet: Welche Erinnerungen denn? Die an das Songwriting oder die Aufnahmesessions? Eigentlich auch egal, denn schlussendlich wird jede Erinnerung an „Unbroken“ schmerzhaft sein. Billigkeyboards aus der Techno-Ramschkiste treffen erbärmliche Möchtegern-RAMMSTEIN-Riffs und Kindergartenmelodien für die nächste Schlagerparade.

Schlimmer geht immer

„Rise And Fall“ kombiniert diese Todesspirale der Peinlichkeit mit Gitarrenarpeggien, die eine nachdenkliche Stimmung erzeugen wollen. Eine Betrachtung der ultrahohlen Texte lässt allerdings als einzigen Rückschluss zu, dass bei CREMATORY kaum noch jemand nachdenkt. Grammatikalische Abenteuer wie „Broken heroes, they never forget/ Fallen heroes, history overdrive/Fallen heroes, mission survive“ in „Broken Heroes“ hinterlassen nichts als Fragezeichen.

„Unbroken/ We still love, what we do“, heißt es derweil im Titelsong. Dabei drohte die Band vor zwei Jahren noch damit, sich aufzulösen, wenn die Fans nicht endlich ihre gottverdammte Platte vorbestellen. Anscheinend haben CREMATORY das schon wieder vergessen.

CREMATORY sind unglaubwürdig

Mit diesem Wissen im Hinterkopf wirkt die gesamte Aussage des Tracks wie blanker Hohn. „Hello, we have a lot of fun/ We share our dream with you“? Ja ne, ist klar. Was sich EQUILIBRIUM-Sänger Robse Dahn dachte, als er dem Schwachsinn seine Stimme lieh, wird wohl auf ewig sein Geheimnis bleiben.

Einen weiteren Tiefpunkt der Platte stellt „I Am…“ dar. CREMATORY erschaffen hier ihre Version eines Boogies, allerdings ohne jegliches Gespür für echten Groove. Stattdessen gibts lieber wieder ein paar Kirmessynthesizer auf die Ohren. Dazu kommen leere Phrasen der Marke „Wherever your way goes/ It will be your destiny“.

Wenige Hoffnungsschimmer auf „Unbroken“

Einen Pluspunkt weist „Unbroken“ trotz allem vor. Der neue Gitarrist Connie Andreszka (ex-STORMWARRIOR und –MYSTIC PROPHECY) überzeugt mit seinen Clean Vocals auf ganzer Linie. Dank seiner kraftvollen Stimme übertrifft er Vorgänger Tosse Basler. In Form von „Voices“ und „The Downfall“ bietet „Unbroken“ zudem zwei einigermaßen okaye Songs. Gemessen an der viel zu langen Laufzeit der Platte, ist das allerdings nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Bei CREMATORY wird es dringend Zeit für ein wenig Selbstreflexion. Der Musikmarkt ist so übersättigt wie nie zuvor. Wer da einen Totalausfall wie „Unbroken“ auf die Masse loslässt, darf sich nicht wundern, wenn Platten- und Ticketverkäufe nachlassen.

01.03.2020

"Irgendeiner wartet immer."

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