Dream Theater - Images And Words

Review

Aus heutiger Sicht ist gar nicht mehr nachzuvollziehen, warum das 92er Album „Images And Words“ nun eigentlich DREAM THEATER erstmals nationalen Ruhm offenbarte. Singles aus Metalalben auszukoppeln war damals keine Seltenheit, und auch der Vorgänger „When Dream And Day Unite“ presste sowohl „The Status Seeker“, als auch „Afterlife“ auf 7-Zoll-Schallplatten. Wie es aber „Pull Me Under“ – ein aus heutiger Sicht lediglich starker Song der Band, mit mächtig moshbaren Strophen, aber tranigem Refrain und konfus abbrechendem Ende – in die Top 10 der Billboardcharts schaffen konnte, ist der Band sicherlich auch heute noch ein Rätsel. Zumindest lässt sich das auch unter starkem Alkoholeinfluss noch aus dem Titel der bislang einzigen Best Of „Greatest Hit (…& 21 Other Pretty Cool Songs)“ deuten. Eine andere Geschichte des Albums steckt im Debüt des Sängers James LaBrie, der von der kanadischen Glamrockband WINTER ROSE kam und damals noch bevorzugt in einem eunuchig hohen Kopfstimmenbereich sang. Weniger bekannt ist jedoch, dass er von Anfang an auch an den Songs mitschrieb, und die Band damit von Anfang an so prägte, wie sie zuvor von Charlie Dominici geprägt wurde.

Was nicht heißt, dass sich entscheidende Trademarks seit dem Debüt verändert hätten. Auch Anno ’92 waren DREAM THEATER noch mitten in ihrer „frühen Epoche“, in der sie Themen aneinanderreihten, ohne sie sonderlich oft im Laufe der Songs zu wiederholen, und dabei schon fast rhapsodisch klangen. Gerade in Songs wie „Metropolis Pt. 1“ wirrten sie in diesem Sinne jede Menge hochmelodische Passagen aneinander, die ungeübte Ohren leicht Anfälle bekommen lassen. Umso dankbarer ist man dann für experimentive (und verhältnismäßig kurze) Nummern, wie „Another Day“ und „Surrounded“, die der Platte einen chillig-jazzigen Atmosphärestempel aufdrücken. Klassische Proggenialitäten folgen dann mit „Take The Time“, „Under The Glass Moon“ oder erwähntem „Metropolis“, auf denen man James LaBrie auch nicht mehr missen will. Und das, obwohl die Ausgangsbedingungen eigentlich schlechter als noch vor drei Jahren sind, denn wo damals die Abmischung einen banduntypisch groovenden Bass anbieten konnte, wirkt der Sound nun etwas von einer dumpfen Blechtrommel überlagert.

Erwähnenswert ist außerdem noch, dass die Platte mit „Learning To Live“ das wohl schlechteste Abschlussepos der Band aufwartet (was es immer noch zu einem okayen Lied macht), welches nur durch Kevin Moore gerettet werden konnte. Keyboarder Kevin Moore startete damals zu einem mächtigen Alleingang, schrieb das einleitende Klavierinstrumental „Waiting For Sleep“ und ließ das brilliante Thema auch gleich noch mal am Ende der Abschlussnummer verwursten. Zusammen mit dem gottgleichen „Space Dye West“ auf der „Awake“ macht es sehr deutlich, warum das Gründungsmitglied später die Band für eine Solokarriere verließ. Denn obwohl die Nummern zu den größten Songs der Band zählen, fügten sie sich nur sehr unhomogen in die sonstige Diskographie ein. Zur Zeit arbeitet Moore in der Progband OSI und ist durch diverse Soundtracks von Indie-Filmen aufgefallen.

Für DREAM THEATER hingegen markierte „Images And Words“ den Beginn kommerziellen Erfolgs und damit auch einer größeren Bekanntheit auf der Welt. Und obwohl ich die „Awake“ zwei Jahre später nochmal deutlich besser fand, ist es sympathisch, dass die fünfköpfige Band schließlich mit einem derart experimentiven, und atmosphärisch über weite Strecken entspanntem Album ihren Durchbruch feierte. Restrospektiv muss ich aber sagen, dass ich jedes Album, bis auf das Debüt und „Octavarium“ deutlich länger als „Images And Words“ gehört habe. Aber das kann natürlich an mir, und an meiner stoischen Ignoranz gegenüber großen Melodieballungen auf engstem Raum liegen.

13.01.2011
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