Haven - Vessel (EP)

Review

Was wäre Post-Metal schon ohne seine massiven Riffwände, die sich bedrohlich über dem Hörer erheben, nur um dann kaskadengleich auf ihn einzutrümmern? Für HAVEN aus Berlin (nicht zu verwechseln mit den zig anderen Bands, die sich genauso genannt haben) ist das glücklicherweise eine rhetorische Frage, denn monolithische Riffs haben die Dame und die Herren im Schlaf drauf. Den Beweis dafür liefern sie praktischerweise auf ihrer neuen EP „Vessel“, auf der die Band nicht nur auf eine beeindruckende, dem Genre angemessen raumfüllende Produktion zurückgreifen kann, sondern auch ein ziemlich durchschlagskräftiges, musikalische Statement abgibt, das die heimischen Wände der Hörerschaft ordentlich ins Wackeln bringt.

HAVEN haben eine beeindruckende Post-Metal-Ästhetik drauf

Im Kern bedienen sich HAVEN hier bei den üblichen Verdächtigen in Sachen Monumental-Lärm, vor allem dann, wenn der vierzehnminütige Opener „Miasma“ nach längerem, atmosphärischem Vorspiel imposant und unter dem heiseren Gebrüll von Norman Siegel losdonnert. Doch daneben glänzen die Berliner auch durch sentimentalere Passagen, in denen sein klagender Klargesang im Mittelpunkt steht. Simple aber effektive weil hypnotische Riffs krabbeln dabei immer wieder unter die Haut, während die Artikulation der Cleans ein kleines bisschen was von Ian Kenny hat. Allerdings darf es bei den klaren Gesangspassagen gern noch etwas mehr Souveränität und Stimmvolumen sein.

Und – wo wir gerade beim Meckern auf hohem Niveau sind – es darf auch gerne etwas mehr Wagemut ins Songwriting hineinfinden. Natürlich ist klar, warum sich die Berliner für den Fokus auf Schwere entschieden haben: Die emotionale Gravitas, die HAVEN mit „Vessel“ anstreben, lässt sich nun mal hervorragend mit tonnenschweren Riffs im Wechselspiel mit moderner Hypnotik ausdrücken. Aber es fehlt einfach der letzte kreative Kick, der letzte Spritzer Genialität, der mich endgültig in die Knie zwingt und dafür sorgt, dass ich das Gebotene auf Gedeih und Verderb auf Albumlänge hören möchte. Das hat zugegeben vielleicht nicht unbedingt mit der Band selbst und mehr mit der Blaupause des Post-Metal zu tun.

„Vessel“ lässt dennoch etwas kreative Luft nach oben

Aber Grenzen sind dazu da, um gesprengt zu werden. Und die Berliner haben Potential! Somit können Post-Metal-Heads hier nahezu bedenkenlos zugreifen, vor allem wenn sie sich einfach mal wieder den bitter nötigen, niederschmetternden Kick abholen möchten. Die Band klingt für ihr zweites Release – wenn auch „nur“ im EP-Format – absolut professionell und hat eine monumentale Post-Metal-Ästhetik drauf, an der von hier an praktisch nur noch in songschreiberischen Nuancen weiter verbessert werden kann. Ehrlich: Bei dem, was einem hier entgegenbläst, glaubt man der Presseinfo sofort, dass die Live-Shows dieser Krachmacher schweißtreibend und intensiv sind…

27.11.2020

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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