The Winchester Club - Britannia Triumphant

Review

Von Mr. Spear 1999 gegründet, verkümmerte THE WINCHESTER CLUB über die Jahre als missachtetes Side-Project. Mr. Spear und Mr. Deeney spielen bei der Country-Rockband CHINESEBURN, Bassist Mr. Armstrong hegte lieber seine Bands HANGNAIL und END OF LEVEL BOSS und Mr. Morgan versorgte bislang SAUCE mit Riffs. Erst acht Jahre später wird die gemeinsame Band aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt, und die Aufnahmen zu ihrem Debüt beginnen. Mit Mrs. Armstrong erweitert man das Quartett um eine weitere Bassgitarre – und komplettiert die erste Band der gesamten Rockgeschichte, die mit einem Bass-Ehepaar aufwarten kann.

Das Ensemble erschafft sich eine eigene atmosphärische Matrix, in der jeder Klang eine düstere Welt voller Schwermut, Traurigkeit und doch einem Füllhorn voll Hoffnung zeichnet. Sie glauben fest an das Durchhalten und das gute Ende. Langsam steigern sie sich in dem knapp viertelstündigen Präludium „Britannia Triumphant“ mit einem repetitiven Riff, geführt von mäandernden Bassläufen und sacht kreisenden Gitarrenleads, in ihr Debütalbum. Am Ende des Openers steht dann das große mehrschichtige, ausufernde Finale; die eingestreuten Sprach-Samples und das flirrende Glockenspiel sind wunderbar hypnotisch und aber zugleich auch zurückhaltend. Hinter jedem Ton versteckt sich ein erleichterndes, wehmütiges Ausatmen. Die folgenden Stücke geben einen intimen Einblick in das große Können der Band, Kompositionen melancholisch, mitreißend und opulent zu arrangieren, so dass letztendlich aber nicht der tiefe Fall in die bodenlose Leere, sondern das Gefühl der Geborgenheit zurückbleibt.

Groß und räumlich wirkt das alles, organisch und irgendwie latent verstörend, aber eben nur gerade so viel, dass die Musik Ausgangspunkt und Anstoß ist für spannendes – Achtung, abgenutzter, ausgeleierter Klischeebegriff!! – Kopfkino. Sowohl „Settle Down“ als auch „But There Is No Space“ schreien nach bestuhlten Konzerten und untermalenden Videocollagen. Dieses Album erzählt schwelgerische und tragische Geschichten aus vergangenen Jahrzehnten, -hunderten und das mit einer beeindruckenden eigenen Ästhetik, es ist die instrumentale Version eines Buches für Grübler und ungläubige Zweifler. Trotz der unzähligen Referenzen, ob nun literarischer, cineastischer und natürlich musikalischer, liegt nie eine erdrückende Schwere auf den einzelnen Stücken.

Vergleiche mit MOGWAI, OSTINATO und GODSPEED YOU! BLACK EMPEROR treffen nur zur groben, sehr unscharfen Einordnung zu. Das Postrock-Genre heute brilliert zwar immer durch eine spieltechnische Virtuosität, verteilt aber längst keine instrumentalen Kopfnüsse mehr, die einen aufhören und staunen lassen, und es kränkelt letztlich daran, diese nicht in unvorhersehbare Strategien aufzulösen. THE WINCHESTER CLUB können dieser einstmals schönen, über die Jahre hinweg leider totgehörten Formel erstmals wieder etwas Bahnbrechendes hinzufügen und ihr ein charakterstarkes Gesicht verleihen. Sie gewähren ihrer Musik genug Spielraum zur Entfaltung, ohne diesen genretypischen, dramatischen Aufbau durchzuexerzieren, den man schon zu oft gehört hat, als dass man ihm noch bereitwillig folgen wollen würde. „Britannia Triumphant“ ist weniger hymnisch, weniger elegisch als die Platten jener Bands, dafür nämlich stellenweise ausgeklügelter, filigraner und intelligenter. Und: Sie endet wunderbar. Ganz subtil, nahezu unbemerkt, schleicht das Ding geradezu fort, aus dem CD-Schacht hinaus, oder eben in den Kopf hinein. Großartig!

Zusätzliche Anmerkung: Ihr Label Exile On Mainstream hat ein Faible für ausgefallene und schöne Verpackungen und veröffentlicht dieses Meisterwerk in einer streng limitierten (1200 Einheiten!), mit Samt gefütterten Holzbox. Zusätzlich befinden sich darauf mit „Britney Sings Lullabies For The Drowning Crew“ und „Songs For C-PIJ“ zwei Bonustracks, die nicht weit weniger ergreifend sind.

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12.04.2008

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