Helrunar
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Interview

Im Zuge der nahenden Veröffentlichung des neuen Albums "Baldr Ok Íss", das mittlerweile schon in den Läden steht, hatte ich die Möglichkeit, mit Drummer Alsvartr und Skald Draugir, Sänger und Textschreiber von HELRUNAR, einige Worte zu wechseln. Was diese zu Blackmetalkonzerten am hellichten Tage, großen Schwächen beim Sound und Musik fernab dieser Welt zu sagen haben, lest Ihr am besten selbst!

HelrunarMoin! Wie sieht es momentan aus bei Euch, habt Ihr Euch alle schon ausreichend vom Aufnahme- und Konzertstress regenerieren können?

Alsvartr: Hallo, nun zwischen den Aufnahmen und den einzelnen Konzerten war ja immer eine angemessene Zeitspanne. Auch von der Tour mit BEHEMOTH haben wir uns mittlerweile gut erholt, denke ich. Von wirklichem Stress kann man diesbezüglich also nicht reden.

Wie sehen die Planungen jetzt, da Ihr mit Euren Arbeiten an „Baldr Ok Iss“ fertig seid, aus? Ist jetzt erst einmal Entspannung angesagt und lasst Ihr nach intensiver Arbeitsphase HELRUNAR erst einmal ein wenig ruhen, oder gibt es schon Konzertpläne zur Promotion des neuen Albums?

Alsvartr: Naja, also in diesem Jahr erwartet uns nur noch das Ultima Ratio, auf dem wir spielen werden. Was das nächste Jahr angeht, so ist vielleicht im Frühjahr nochmal eine kleine Tour angesetzt. Doch da hier noch nichts in trockenen Tüchern ist, möchte ich da noch nichts Genaueres zu sagen. Ansonsten warten wir mal ab, was insgesamt das ganze nächste Jahr noch so für uns offen hält. Einige Konzertanfragen gibt es schon, doch ist es uns wegen der alltäglichen Arbeit und des Studiums nur begrenzt möglich möglichst viele Auftrittsmöglichkeiten wahrzunehmen. Somit schauen wir einfach mal, was davon in Frage kommt beziehungsweise für uns möglich ist.

Apropos Konzerte: Diesen Sommer und Frühling habt ihr auf größeren Festivals wie etwa dem Hellraiser Open Air oder auch dem Summer Breeze aufgespielt. Letzteres zumindest ist eines der größten Festivals Deutschlands, zumal dieses Jahr das Zehnjährige gefeiert wurde. Was war das für Euch für ein Erlebnis, auf einem so großen Festival aufzutreten? Habt Ihr Lust, nächstes Jahr wieder bei der Festivalsaison mitzumischen, oder seid Ihr im Grunde von den kleineren Clubkonzerten weit stärker angetan?

Alsvartr: Es war schon großartig, auf dem Summer Breeze spielen zu dürfen! Schließlich ist es in unserer Bandgeschichte das größte Festival, auf dem wir je gespielt haben und somit auch eine neue, gute Erfahrung gewesen. Sicherlich war es zwar ein komisches Gefühl, quasi nach dem Frühstück direkt auf die Bühne zu gehen, doch war es sicher ein Erlebnis, mal auf so einem Gelände zu spielen. Somit sind wir natürlich nicht abgeneigt, noch mal ein Konzert in dieser Größenordnung zu geben, aber es spricht auch nichts gegen ein „normales“ Clubkonzert. Jeder Auftritt hängt einfach von der eigenen Leistung, den sonstigen Umständen wie vom Sound auf und vor der Bühne und wesentlich natürlich vom Publikum ab. Ich mein nur, dass ein Konzert vor hundert Besuchern genauso viel Spaß machen kann, wie ein Konzert vor 1000 Leuten. Ich denke nur, dass es bisher einfacher war in den Clubs eine gewisse Atmosphäre zu erzeugen als auf den Festivals, wo wir immer tagsüber gespielt haben (bis auf das B.O.A. [BOA MetalOpenAir 2007 – Anm. d. Red.]). Ich vermute, dass wir uns da einig sind, dass ein Black-Metal-Konzert tagsüber immer so eine Sache ist… hehe.

Kommen wir nun zu Eurem neuen Album. Mich würde interessieren, wie der Entstehungsprozess daran so verlief. Hattet Ihr Komplikationen und Durchhänger oder ging alles erfreulich gut über die Runde?

Alsvartr: Nun, an Songmaterial hat es nicht gemangelt. Jeder hatte seine Ideen, seien es einzelne Parts oder ganze Stücke. Manches ist dann auch wiederum im Proberaum entstanden, da wo man einfach mal drauflosgespielt hat. Großes Manko an diesem Entstehungsprozess war ein uns fehlender fester Proberaum, sodass wir immer nur auf Notlösungen zurückgreifen mussten, um die ganzen Sache auch wirklich als Band proben zu können. Das macht das Ganze teils schwierig.
Die ganze Arbeit an den Songs verlief dieses Mal auch deutlich spontaner, als beim Entstehungsprozess von „Frostnacht“. Wir hatten uns selbst keine großen Vorgaben gemacht, wie etwas zu klingen hat, weder haben wir uns nach dem Vorgänger gerichtet. Wir hatten selbst teilweise kein Bild davon, wie das Album letztendlich klingen und wirken wird. Das machte die ganze Sache schon ein bisschen spannender.

Da sowohl ich als wohl auch die meisten Leser die isländische Sprache leider nicht beherrschen, wüsste ich gerne, was „Baldr Ok Iss“ eigentlich bedeutet.

Skald Draugir: “Baldr Ok Íss“ bedeutet „Baldr [Gott des Lichtes und der Schönheit in der germanischen Mythologie – Anm. d. Red.] und (das) Eis“.

Die neuen Songs sind kompakter, direkter und aggressiver als auf den Vorgängern. Darf das als Richtungsweisend für Eure musikalische Zukunft angesehen werden?

Alsvartr: Deine Beschreibung trifft auf die Songs schon gut zu, denke ich! Doch damit wollen wir keine bestimmte Richtung verfolgen bzw. einschlagen, die sich in Zukunft so fortsetzen wird. Wir legen großen Wert drauf Songs zu kreieren, die unserem derzeitigen Anspruch und Gefühl gerecht werden. Uns ist sehr daran gelegen, musikalisch wie textlich das aus uns herauszuholen, was uns bewegt und ergreifen kann, egal ob es nun schnell, langsam, traditionell oder gar experimentell ist. Einfach als Band eine Atmosphäre zu erschaffen, die unseren Vorstellungen entspricht. Plötzlich einen bestimmten Weg zu beschreiten, würde den Entwicklungsprozess unserer Musik hemmen.

Jetzt kommt mal eine pikantere Frage, die „Frostnacht“ betrifft. Was den Sound angeht, kommt das Album wirklich auf keinen grünen Zweig: Viel zu leblos, pappig, steril und unorganisch ist die Produktion ausgefallen. Das macht natürlich eine Menge kaputt; ich habe sogar von einigen Leuten vernommen, dass sie das Album bloß der Produktion wegen absolut nicht genießen können. Seht Ihr diese Schwächen jetzt mit genügend Abstand zur „Frostnacht“ ebenfalls? Oder, um das mal mit den Worten einer bekannten Optikerkette auszudrücken: Wenn Ihr „Frostnacht“ noch einmal aufnehmen könntet, was würdet Ihr dann anders machen?

Alsvartr: Hmm… tja, wir sind im Groben und Ganzen nachträglich weiterhin zufrieden mit dem Sound auf „Frostnacht“, doch gibt es dort sicherlich Ecken und Kanten. Den richtigen Sound zu finden enttarnte sich damals als relativ schwierig, da wir erstens uns selber nicht hundertprozentig sicher waren, welcher Sound zu diesem Album überhaupt passen würde und der Labelchef mit den meisten Soundvorschlägen nicht so zufrieden war. Letztendlich wurde es dann von Markus Stock abgemischt, der noch ein ganzes Stück mehr Kraft und Druck herausholen konnte. Alles in Allem waren die Umstände einfach ein bisschen unglücklich.
Wenn wir „Frostnacht“ nun nochmal aufnehmen könnten, würden wir wahrscheinlich mehr darauf achten, dass der Klang dichter, atmosphärischer und durchaus roher ausfallen würde.

Die „Frostnacht“ wurde von Markus Stock im Studio E gemastert, „Baldr Ok Iss“ habt Ihr jetzt, wenn ich da richtig liege, ganz in Stocks Hände gelegt und auch im Studio E aufgenommen. Das hat dem Sound, der dieses Mal wirklich gelungen ist, in meinen Ohren auch gut getan. Ist das eine Konsequenz, die Ihr aus „Frostnacht“ gezogen habt?

Alsvartr: Dass Markus ein guter Produzent ist, ist unbestritten. Wir hatten ja auch vorher schon bei den Aufnahmen von „Hauch wird Sturm“ gute Erfahrungen mit ihm gemacht. Er versteht es einfach wie Metal zu klingen hat und vor allem auch welche Besonderheiten diesbezüglich dem Black Metal zuzurechnen sind. Das war natürlich Grund genug, bei ihm die Platte einzuspielen. Er ist voll und ganz auf unsere Vorstellungen und Wünsche eingegangen und ich denke auch, dass wir mit dem jetzigen Sound sehr zufrieden sein können.

Ich habe das nicht konkret durchgezählt, aber ich habe den Eindruck, als seien die isländischen (Es ist doch isländisch, oder?) Sprachanteile etwas zurückgefahren worden. Falls ich mich da nicht irre: Welchen Hintergrund hat das?

Skald Draugir: Es ist Altwestnordisch bzw. Altisländisch. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich den Anteil dieser Sprache zurückgeschraubt hätte… wenn dem so sein sollte, steckt dahinter auch kein besonderer Grund. Ich schreibe die Texte einfach so wie ich sie schreibe. Wenn ich einen altnordischen Text finde, der hineingehört, kommt er hinein… wenn nicht, dann nicht.

Ich habe mal irgendwo aufgeschnappt, dass Skald Draugir Isländisch studiert, allerdings kann ich das inhaltlich nicht mehr genau rekapitulieren. Erzählt doch bitte, was genau es damit auf sich hat!

Skald Draugir: Ich studiere Skandinavistik bzw. Nordische Philologie. Isländisch lerne ich dort nicht, was ich an Isländisch kann, habe ich mir selber beigebracht. Allerdings habe ich dort Altisländisch gelernt, was ich auch besser kann als modernes Isländisch.
Nordische Philologie ist eine Sprach- und Literaturwissenschaft, bei der eben Skandinavische Sprache und Literatur im Mittelpunkt steht.

Glaubt Ihr, dass das benutzen der isländischen Sprache Einfluss auf den Geist Eurer Musik hat, oder seht ihr es nur als eigenes Stilmittel?

Skald Draugir: Der Klang der Sprache transportiert meiner Ansicht nach an sich schon eine gewisse Atmosphäre… das ist auch ein Grund, weshalb ich sie verwende. Insofern hat diese Sprache ganz gewiss Einfluss auf den Geist unserer Musik.

Wo wir schon beim Thema Einfluss sind: Welche Inspiration habt Ihr für Eure Musik und Texte. Ich denke, dass da nordische Mythologie eine große Rolle spielt, ganz klar, aber teilweise spielen auch emotionale Dinge eine Rolle. So etwa bei „Neun Nächte“, das, laut Übersetzung Eurer Webseite, auf Isländisch mit dem Satz „Lucky I felt when we sat together and no one came between us“ ausklingt. Was ist es, was Euch in Eurem alltäglichen Leben für HELRUNAR inspiriert?

Skald Draugir: Puh… das ist sehr schwer zu beschreiben und ich kann da jetzt nur für mich sprechen, deshalb fasse ich mich kurz. Mich inspiriert eben das alltägliche Leben, das ich als „mühselig“ erachte. Es bringt jedenfalls genügend Wut, Melancholie und Dunkelheit hervor, was man gut in die Musik einfließen lassen kann. Vor allem aber ist es eine gewisse Atmosphäre, die mich inspiriert. Die Musik muss in gewisser Weise archaisch und fernab dieser Welt klingen.

Welche Bedeutung hat für Euch die Band HELRUNAR? Ist es nur Musikprojekt, in dem man als Musiker zusammenkommt, um seine Visionen zu verwirklichen, oder ist es auch zu einem Teil Eurer Selbst geworden? Seid Ihr auch im Privatleben befreundet, oder beschränkt sich das Verhältnis auf ein rein musikalisches?

Alsvartr: Also ich bin mir sicher, dass für uns alle HELRUNAR eine große Bedeutung hat. Auch dass es ein Teil unser Selbst ist, da man in der Musik oder auch in den Texten versucht eigene Gefühle/Wahrnehmungen zu äußern bzw. zu transportieren. Also fungiert die Band halt auch als Ventil für jeden von uns. Doch darf man da nicht außer Acht lassen, dass wir auch einfach gern Musik machen möchten, die uns gefällt und in gewisser Weise erfüllt. Untereinander sind wir nun auch jahrelang befreundet, obwohl ich Skald Draugir und Dionysos erst seit der Gründung von HELRUNAR kenne.

Euer Debütalbum, die „Grátr“, schlug damals ziemlich gewaltig ein – schon seit Langem ist es vergriffen und kaum noch zu bekommen. Gerüchteweise hört man, dass das Album nächstes Jahr wiederveröffentlicht werden soll, was ein absolut nachvollziehbarer Schritt wäre. Falls da etwas dran ist, was darf man sich dann von dem Re-Release erwarten? Eine einfache zweite Auflage in neuer Verpackung oder Wiederveröffentlichung mit Bonussongs und Re-Mastering?

Alsvartr: Nächstes Jahr? Da weißt Du ja mehr als ich… hehe. Naja, also es ist durchaus geplant „Grátr“ wiederzuveröffentlichen, aber wann das genau passieren wird… darüber haben wir uns noch nicht so viele Gedanken gemacht. Wenn es aber wiederveröffentlicht werden sollte, dann wird es aber auch einige Specials beinhalten, denke ich.

Der Status Quo ist allerdings, dass „Grátr“ nun einmal kaum noch erhältlich ist; nur bei Ebay geht es für wirklich horrende Summen über die virtuelle Ladentheke. In meinen Augen eine absolute Unverschämtheit, aus Nichterhältlichkeit eines Albums so viel Profit zu schlagen. Ist es in solchen Fällen nicht nachvollziehbar, wenn die Hörer sich das Album über illegalen Wege beschaffen?

Alsvartr: Nachvollziehbar ist es durchaus. Wir sind ja selbst darüber erstaunt für welche Summen die Leute sich die „Grátr“ zulegen. Dass da nicht jeder bereit ist so viel zu bezahlen, ist natürlich verständlich.

Wie steht ihr allgemein der momentan heißdiskutierten „Downloadproblematik“ gegenüber? Ist es in Euren Augen Diebstahl oder ein legitimes Mittel zum Bandkennenlernen, was in der Folge dann durchaus auch zu Käufen führen kann?

Alsvartr: Hmm… naja, es fällt ja schon generell auf die Plattenverkäufe jeder Band zurück und somit ist es schon schade, wenn viele Leute es eher vorziehen sich ein Album runterzuladen als es zu kaufen. Ich denke, dass das Problem darin liegt, dass man über diese Tauschbörsen einfach alles bekommen kann und sich die Leute somit alles, was nur annähernd gut ist/sein soll, runterladen. Letztendlich haben sie in kurzer Zeit haufenweise Musik und schaffen es vielleicht nicht auf Grund der Masse ein Album mal in Ruhe anzuhören. Es gibt ja auch Alben, die man mehrmals hören muss, um deren Qualität zu entdecken und zum Kauf bewegt zu werden. Andererseits ist es auch richtig, dass es sicherlich die Leute gibt, die vor dem Kauf einfach lieber reinhören wollen. Außerdem erreicht die Musik eben durch die Tauschbörsen mehr Leute. Es ist eben eine zweischneidige Sache…

Zum Ende würde ich den Blick gerne noch einmal in die Zukunft schweifen lassen. Gibt es schon konkrete Pläne, wie es mit HELRUNAR weitergehen soll, oder lasst Ihr die Dinge auf Euch zukommen?

Alsvartr: Nein, wirklich konkrete Pläne gibt es noch nicht. Natürlich kommt es immer wieder zum Austausch von Ideen, die man in ferner Zukunft vielleicht umsetzen könnte, aber wir lassen nun erst mal die Dinge auf uns zukommen und warten jetzt die Veröffentlichung von „Baldr Ok Íss“ ab. Dann gibt es ja noch die Möglichkeit uns auf dem Ultima Ratio zu sehen. Das wäre es dann aber auch für dieses Jahr. Es gibt ja auch noch ein Leben neben der Band… hehe.

Ich bedanke mich recht herzlich für das Interview und wünsche Euch alles Gute mit „Baldr Ok Íss“! Die Abschlussworte sind Euch überlassen.

Alsvartr: Vielen Dank für dieses Interview und die Unterstützung!

Galerie mit 22 Bildern: Prophecy Fest 2016 – Freitag – Helrunar
29.10.2007

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