Sepultura
Derrick Green spricht über Konzeptalben und Umbrüche

Interview

Würdest Du der These zustimmen, dass es zwei Bands namens SEPULTURA gibt?

Nein. Weil es nicht so ist. Viele begreifen einfach nicht, dass immer noch Mitglieder in der Band sind, die von Anfang an dabei waren. Andreas und Paulo sind wichtige Bandmitglieder, die an den alten Alben genauso mitgewirkt haben, wie diejenigen die ausgestiegen sind. Und darum haben die beiden auch jedes Recht dazu die Songs, die sie komponiert und in die sie ihr Herz hineingegeben haben, weiterhin zu spielen.

Ich bin wirklich Stolz darauf ein Teil des Ganzen zu sein. Es ist großartig in ein anderes Land zu ziehen, für 20 Jahre in Sao Paulo zu leben und eine andere Sprache und neue Kultur kennenzulernen. Ich fühle mich geehrt Brasilien zu repräsentieren. Denn SEPULTURA ist ein großer Teil der brasilianischen Kultur. Ich hätte vorher nicht für möglich gehalten, welche Verantwortung ich durch meinen Einstieg in die Band übernehmen würde. Aber ich bin stolz darauf und ich möchte meinen bestmöglichen Teil beisteuern.

Oft vergessen die Leute, was sich alles innerhalb der Band veränderte, als Andreas damals einstieg. Dabei ist er ein so wichtiger Teil in der Geschichte der Band. Ich glaube, dass es nur ein SEPUTURA gibt. Wir sind SEPULTURA jetzt. Und es gab SEPULTURA mit Jairo (Guedz, Gitarrist bis 1986) – Anm. d. Red.) auch schon bevor Andreas dazukam. Es gab immer Veränderungen und verschiedene Formationen innerhalb der Band, auch schon bevor ich dabei war.

Seitdem Du ein Teil der Band bist, sind SEPULTURA auf jeden Fall experimentierfreudiger geworden. Das Ihr jetzt ausgerechnet einen PUBLIC-ENEMY-SONG als Video-Clip veröffentlicht habt, unterstreicht diese These. Und ich kann mir nur schwer vorstellen, dass die 1992er-SEPULTURA das gemacht hätten…

Das stimmt schon, dass hätten sie sicherlich nicht gemacht (lacht). Den Song (“Black Steel In The Hour Of Darkness”) haben wir ja schon vor einiger Zeit auf der Cover-EP “Revolusongs” veröffentlicht. Dafür wählten wir Tracks, die unsere Art Musik zu hören revolutioniert haben. Und das war ja auch der EP-Titel: “Revolusongs”. Die Herausforderung bestand für uns darin, nicht die offensichtlichen Künstler zu covern. Es hat Spaß gemacht, eben nicht nur Metal-Bands zu covern, obwohl wir ja auch etwas von EXODUS und HELLHAMMER gespielt haben. Aber wir haben eben auch Songs von DEVO, JANES ADDICTION oder MASSIVE ATTACK gemacht.

Warum wir uns so experimentierfreudig gezeigt haben liegt wohl unter anderem daran, dass die Jungs damals einen Sänger suchten, der singen und auch screamen konnte und Abwechslung mitbrachte. Das war ihnen wirklich wichtig. Ein Max-Double, dass die Vergangenheit reproduzieren konnte suchten sie jedenfalls nicht. Aber genau das taten viele Bewerber um den Job: Sie versuchten auf ihren Demos wie die Stimme aus der Vergangenheit zu klingen. Sie wollten, dass SEPULTURA weiterhin so klingt, wie zuvor.

Aber Künstler zu sein bedeutet doch in Wahrheit sich zu entwickeln statt auf der Stelle zu treten und neue Dinge zu versuchen, kreativ und furchtlos zu sein.

Lass uns über das neue Boxset sprechen… Darin sind die ersten fünf Alben mit Dir als Sänger enthalten, wobei Du den Bandsound in dieser Phase entscheidend mitgeprägt hast. Welches Verhältnis hast Du zu diesen Alben?

Oh, ich habe eine starke Bindung zu den Platten. Weil damals einfach so viel passiert ist. Wir sind von Roadrunner zu SPV gewechselt, um genau zu sein nach “Nation”. Wir hatten auch Unstimmigkeiten mit dem Management und eines der Originalmitglieder verließ die Band. Das war schon wie eine Achterbahnfahrt und auf gewissen Alben hört man das vielleicht auch ein wenig. Gleichzeit haben wir einfach weitergemacht, angetrieben von unseren Fans und auch neuen Fans, die weiterhin an die Band geglaubt haben.

Nebenbei haben wir uns in dieser Periode besser kennengelernt, als wir auf Tour waren. Das kannte ich zuvor nicht, die anderen waren allerdings längst zu einer Einheit gewachsen. Gerade auf “Against” sind viele Songs enthalten, die schon vor meiner Zeit bei SEPULTURA entstanden sind. Aber darauf musste ich mich eben einlassen. Es war schon schwierig in verschiedenen Studios in Sao Paulo, Los Angeles und Japan mit dem Trommel-Ensemble von KODO aufzunehmen.

Wir motivierten uns immer weiter zu machen, auch wenn wir dachten: “Es gibt viele Leute die gegen uns und gegen die wir sind.” Es war sehr chaotisch, aber schlussendlich schafften es, dass Album zu veröffentlichen. Wir haben auch Songs mit Jason Newsted (METALLICA, FLOTSAM AND JETSAM, VOIVOD), Mike Patton (FAITH NO MORE, MR. BUNGLE), Carlinhos Brown und vielen anderen Gästen gemacht.

Konzertfoto von Sepultura auf dem Summer Breeze Open Air 2018

Unser Produzent war Howard Bensons, der gerade angefangen hatte mit Pro Tools zu arbeiten, das zu dieser Zeit kaum jemand kannte. So entstand die Hälfte des Albums analog und die andere Hälfte mit dieser neuen Technik. Ich hatte damals nicht einmal einen Computer zuhause. Auch das Internet mit allen möglichen Wissensdatenbanken und Suchmaschinen gab es damals noch nicht.

Parallel zu alldem gab es Leute bei unserem Plattenlabel, die mich nicht als Sänger der Band akzeptierten. Das wusste ich natürlich und mir gefiel das nicht. Aber wir hatten nun einmal einen Vertrag und mussten noch ein weiteres Album veröffentlichen.

Das war dann “Nation”…

Genau! Und so sagten wir uns: “Es ist egal was das Label denkt.” Wir legten einen Kickstart hin und hatten schnell das Artwork fertig, das super zum Thema der Platte passte, das sich auf die Utopie einer einzigen Nation bezieht. Für mich war das alles sehr aufregend, weil es das erste Album war, an dem ich von Anfang an mitwirkte. Wir hatten genügend Zeit im Studio um vieles auszuprobieren und zu experimentieren.

Speziell mit meiner Stimme konnten wir vieles anstellen. Wir machten ein paar verrückte Covers, im Hardcore- und Punk-Stil. BLACK FLAG, RISE ABOVE und solche Sachen. Wir machten auch ein BAUHAUS-Cover. Es war als ob alle geschrien hätten: “Yeah, wir haben einen neuen Sänger, also lasst uns dies und das und jenes probieren!”. Gleichzeitig war es das letzte Album bei Roadrunner und wir waren froh, dass wir danach frei waren. Wie ich schon sagte, wir hatten nicht das Gefühl, dass uns das Label zu 100 % unterstütze.

Galerie mit 19 Bildern: Sepultura – Baltic Open Air 2023

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20.10.2021

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3 Kommentare zu Sepultura - Derrick Green spricht über Konzeptalben und Umbrüche

  1. doktor von pain sagt:

    Hey Derrick, wie läuft´s?
    Gut(,) und Dir?

    Das ist vielleicht etwas unglücklich übersetzt…

  2. dan360 sagt:

    …wenn der nervige Arbeitskollege Smalltalk machen will und man nicht zuhört.. x)

  3. doktor von pain sagt:

    Okay, jetzt ist es geändert. Das Komma fehlt zwar immer noch, aber zu genau wollen wir’s mal nicht nehmen.