Kontrust
"Wir waren nie eine todernste Metalband"

Interview

KONTRUST sind einfach nicht totzukriegen. Obwohl die österreichischen Alternative Metal Helden anfangs als GUANO APES Kopie abgetan wurden, konnten sie sich mit den Jahren zu einer echten Größe auf den europäischen Festivalbühnen etablieren. Die bayrischen Trachten und der verrückte Stil-Mix bringen Puristen und Spaßverderber regelmäßig auf die Palme – der Rest freut sich einfach nur über die Crossover-Vollbedienung. Auch das neue Album „Madworld“ stellt genau eine solche dar. Auf LP Nummer 5 hat sich allerdings einiges verändert: Drummer Roman Gaisböck und Sängerin Agata Jarosz trennten sich von der Band und hinterließen eine klaffende Lücke im Line-Up. „Madworld“ ist nicht nur das erste Album seit fast 10 Jahren, sondern auch das erste mit den neuen Mitgliedern. Zu diesem Anlass haben wir Percussioner Manuel Haglmüller sowie die neue Sängerin Julia Ivanova ausgefragt und Interessantes über die neue Scheibe, die neue Bandsituation und die Musikwelt an sich in Erfahrung gebracht. 

Kontrust-Madworld

Offensichtlich sind KONTRUST 9 Jahre weggewesen – was hat euch in diesem Line-Up zusammengebracht?

Manuel: Eigentlich waren wir ja nicht so lange weg vom Fenster. Es ist ein Missverständnis. Die letzten Jahre waren wir vermehrt live aktiv. Wir haben lediglich den Bereich der Studioproduktionen vernachlässigt. Durch Corona hat sich das ganze noch etwas verschärft. Dazu kam es zum internen Split, bei dem Sängerin und Drummer ihre Jobs an den Nagel gehangen haben. Wir wollten natürlich unbedingt weiter machen und haben mit Julia und Joey schon während Corona entsprechende Verstärkung gefunden. Wir sind natürlich extrem happy, dass wir sie an Bord haben!

Was mir auch bei anderen Bands auffällt, ist, dass die Abstände zwischen Studioalben immer größer und länger werden. Was hat sich deiner Meinung nach in der Musikindustrie verändert?

Manuel: Das ist eine äußerst gute Frage. Ich kann es persönlich nicht beobachten, denn die wesentlichsten Veränderungen betreffen das Streaminggeschäft, Spotify und Co. Solche Anbieter üben einen immensen Druck aus, damit man schneller, mehr und häufiger veröffentlicht. Dazu ist man dann auch noch viel schneller vergessen. Ich kann nicht sehen, dass die Abstände zwischen Veröffentlichungen größer werden – es war allerdings bei uns diesmal so.

Ah, okay… Kommen wir zu Julia: Deine Stimme passt offensichtlich sehr gut zu KONTRUST. Doch wie viele von den neuen Songs waren fertig, bevor du beigetreten bist?

Julia: Danke erst mal für das Kompliment! Ich fühle mich im Stil der Band sehr wohl. Manuel begann zuerst an den Songs zu arbeiten. Obwohl ich bereits an Bord war, konnte ich zunächst nicht dazukommen, weil Corona herrschte und ich nicht aus der Ukraine abreisen konnte. Doch während der Studioaufnahmen haben wir uns langsam an die Songs herangetastet. Für mich ist es generell am komfortabelsten, im Studio zu arbeiten, Einfälle dazuzugeben und mit Gesanglinien zu experimentieren.

Wir wollen dich übrigens nicht ausschließen, doch wir wechseln ein bisschen zwischen Deutsch und Englisch, okay?

Julia: (Auf deutsch) Alles gut!

Ha ha, was machen eigentlich deine Deutschkenntnisse?

Julia: Ich habe natürlich zuerst die Schimpfwörter gelernt. (lacht)

Exzellent. Manuel, worin liegt deiner Meinung nach der größte Unterschied zwischen „Madworld“ und den bisherigen Werken von KONTRUST?

Manuel: „Madworld“ ist die erste Platte, die wir im Alleingang produziert haben. In ihm steckt 100% KONTRUST. Das macht sich nicht nur durch den Ansatz des Songwritings bemerkbar. Ich habe bereits vor zwei Jahren die ersten Ideen zusammenzugetragen. Wir haben diesmal viel mehr mit Synthies und Programmierungen gearbeitet. Diese ziehen sich wie ein roter Faden durch die Platte. Das Ergebnis ist das vermutlich stärkste KONTRUST-Album.

Also für mich ist es oben dabei. Wie kann man sich die Eigenproduktion vorstellen? Habt ihr Homerecording gemacht oder seid ihr ins Studio gegangen?

Manuel: Das Recording fand im Studio statt. Zu Hause hätten wir das nicht so gut hinbekommen. Außerdem gehört das Studio unserem Gitarristen, der das ganze beruflich macht.

Die Synthies sind wirklich viel simpler und prägnanter. Sind die neuen Songs am Keyboard oder an der Gitarre entstanden?

Manuel: (Wie aus der Pistole geschossen) Am PC! Ich habe die Synths zu Hause vorprogrammiert. Sie wurden anschließend im Studio angepasst. Es war uns wichtig, leicht verständliche, griffige Musik zu kreieren. Ich habe mit den Bass-Synthies begonnen und die Instrumentierung wurde anhand dessen angepasst.

Es ist klar, dass das neue Album einen sehr positiven Vibe versprüht. Habt ihr es so geplant oder ist es einfach so passiert?

Julia: Zuallererst wollten wir etwas bringen, was frisch und neu klingt, aber der Identität von KONTRUST entspricht. Viele der neuen Songs klingen zwar lustig und positiv, doch wenn man sich die inhaltliche Ebene manch anderer anschaut, ist es nicht so. 

… Doch es macht trotzdem einfach nur Spaß.

Julia: Natürlich, das Album hebt auch meine Laune, wenn ich es höre. Manuel hat vielleicht die besseren Worte, um zu beschreiben was ich meine.

Manuel: Ich stimme Julia voll und ganz zu. Es war allerdings schon geplant, dass wir unser Programm weiter durchziehen. Bei uns ist der Name Programm. KONTRUST = Kontrastreich. Wir haben schon immer mit lustigen und verrückten Elementen gearbeitet. Wir waren nie eine todernste Metalband und wollen es auch gar nicht sein. Wir haben diesmal trotzdem versucht, ein wenig ernsthafter zu werden. Diese Approach muss mit dem Albumtitel, dem Thema und der Message zusammenpassen. Es gibt schon ein paar ernste Themen, die wir verarbeiten, doch wir bleiben nach wie vor KONTRUST. Der Spaß gehört dazu. Man kann das Leben auch mit Humor betrachten.

Corona hat alles verändert. Habt ihr Unterschiede beim Publikum bemerkt, nachdem ihr wieder auf die Bühne durftet?

Julia: Da kann ich nicht viel zu sagen. Die letzte Festival-Saison war meine erste Erfahrung auf den großen Bühnen.

Echt? Ich habe deinen YouTube-Kanal gecheckt, deswegen habe ich gedacht, dass du schon viel Erfahrung hast.

Julia: Natürlich, aber ich war noch nie in einer Band, die so groß, so professionell und lange aktiv ist. Ich bin schon viele Jahre unterwegs, doch war noch nie an etwas vergleichbaren beteiligt. Die Auftritte auf dem Hellfest oder dem Graspop waren das größte, was ich bisher gemacht habe – allerdings fanden sie nach Covid statt. Manuel weiß es also besser als ich.

In den Videos wirkst du sehr selbstbewusst. Deshalb nahm ich an, dass du es sowieso gewohnt bist.

Manuel: (stolz) Sie ist einfach ein Profi!

Julia: Es ist einfach leicht, mit den Jungs zu arbeiten. Mein erster Auftritt war auf dem Graspop. Ich habe mich von Anfang als Teil der Mannschaft gefühlt. Es war einfach nur sehr cool.

Absolut. Du hast es geschafft, ein großes Paar Schuhe zu füllen.

Manuel: Wir sind so froh, Julia an Bord zu haben.

Julia: Das Kompliment gebe ich zurück.

Manuel: Es ist nicht nur so, dass sie vor 40-60.000 Leuten bestanden hat, sondern auch so, dass sie ihre riesige stimmliche Reichweite auch im Studio einbringen konnte. Dadurch haben wir die Chance gehabt, noch weiter zu gehen als zuvor. 

Doch um auf deine Corona-Frage zurückzukommen: KONTRUST waren immer eine typische Festival-Band. Positive Vibes und die gute Laune sind Dinge, die wir nicht nur haben, sondern auch verbreiten. Das hat sich auch nach Corona nicht verändert. Die Leute sind sogar noch viel mehr ausgeflippt, weil sie endlich wieder Konzerte sehen durften.

Die letzten Worte gehören euch.

Manuel: Danke für das Interview. Und danke für das Review. Hört unser neues Album und kommt auf unsere Shows! Es wird wie immer eine Mega-Party werden, egal ob in Deutschland, Österreich, sonst wo in Europa oder vielleicht mal Übersee.

Ich hoffe, ich habe mein erstes Interview nicht zu sehr vermasselt.

Manuel: War doch perfekt.

Julia: Hast du toll gemacht!

 

 

 

03.11.2023

Werbetexter und Metalhead aus NRW.

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