Amorphis - Elegy

Review

[Nostalgie-Modus] Erinnert sich noch jemand an dieses Logo hier?

Für die jüngeren Leserinnen und Leser: Das war das Logo des Musiksenders VIVA 2, der in den Tagen vor VIVA PLUS und endloser Klingelton-Werbung eine Alternative zum eher Mainstream-lastigen VIVA darstellte. Neben gehaltvollen Sendungen mit Markus Kavka, Niels Ruf („Kamikaze“) und Charlotte Roche (das ist keine Ironie!) gab es vor 15 Jahren auch eine Sendung namens „Virus“, in der es härter zur Sache ging. Ich erinnere mich noch sehr gut an eine Ausgabe im Jahr 1999, in der AMORPHIS als Gast-Moderatoren in Erscheinung traten und neben der gerade erschienenen „Spiritual Black Dimensions“ von DIMMU BORGIR (so ungern ich das zugebe: Mein Einstieg in den Black Metal…) auch ein paar eigene Songs vorstellten; um genau zu sein, waren es „Against Widows“ und „My Kantele (Acoustic Reprise)“, beide vom 1996er Album „Elegy“. Damals – zwar irgendwie schon mit Internet, aber ohne Youtube oder vergleichbare Plattformen – hatte ich mir die Sendung auf VHS-Kassette(!) aufgenommen und immer mal wieder angeschaut, bis ich schließlich die Gelegenheit hatte, mir „Elegy“ zu kaufen. [/Nostalgie-Modus]

Das vielleicht als kurzer Hintergrund – und als Rechfertigung dafür, dass ich „Elegy“ unmöglich objektiv bewerten kann. War es damals vermutlich die Mischung aus Melodie und „Härte“ (ich verweise noch einmal dezent auf das oben genannte DIMMU BORGIR-Album…), die mich in ihren Bann gezogen hatte und mich auf „Elegy“ noch weitere Perlen wie „The Orphan“ und den Titelsong entdecken ließ, finde ich heute gänzlich andere Facetten an den elf Songs, die „Elegy“ in meinen Ohren zum Evergreen machen: Da wären beispielsweise die charmanten Retro-Synthesizer, die in Anbetracht späterer elektronischer Eskapaden im gesamten extremen Metal-Bereich geradezu erdig, bodenständig wirken; da wären die von Kompressions-Overkill Welten entfernten Gitarren; da wären die dynamischen Song-Strukturen, die Dramaturgie der Stücke, die abwechslungsreiche Stimm-Arbeit oder die Ausflüge in Ska- und Techno-Gefilde („Cares“) – und das alles vollkommen unaufgeregt; souverän.

Leider haben es AMORPHIS danach meines Erachtens nie wieder geschafft, an „Elegy“ anzuknüpfen – daher wird das seit letztem Jahr volljährige Album wohl immer mein persönliches Synonym für AMORPHIS bleiben. Manchmal würde ich mir bei heutigen aufstrebenden Bands wünschen, dass diese ähnlich visionär, ähnlich authentisch an ihre Musik herangehen würden wie die Finnen 1996 – und sich dabei genauso auf das Wesentliche konzentrieren könnten.

22.08.2015
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