Amorphis - Queen Of Time

Review

Ich kann es nur immer wieder sagen – die damalige Verpflichtung von Sänger Tomi Joutsen 2005 war ein unglaublicher Glücksgriff für AMORPHIS. Seit diesem Neustart mit „Eclipse“ scheinen sich die Finnen nicht nur wieder auf ihre alten Stärken zu besinnen, sondern diese auch weiter mit allen experimentellen Entwicklungen, welche AMORPHIS im Lauf der Jahrzehnte durchlebten, zu vermischen. Bei allen seither erschienenen Alben sind sich Kritiker und Fans in der Regel einig, lediglich muss man hier und da starke Ähnlichkeiten von Songs bemängeln – was man aber so auch bspw. SLAYER, IRON MAIDEN oder anderen altgedienten Bands vorwerfen kann. Nun liegt mit „Queen Of Time“ bereits das 13. Studioalbum vor.

„Queen Of Time“ von AMORPHIS

Erneut hat die Band mit Jens Bogen zusammengearbeitet, die Produktion fand im Fascination Street Studio statt. Der Sound ist wunderbar transparent, klar und gleichzeitig bombastisch, perfekt abgestimmt auf die vielschichtige, variable Klangwelt von AMORPHIS. Die Songs: Der Opener „The Bee“ wird eröffnet von einer umschmeichelnden, folkigen Keyboardpassage, die finnischen Melodielinien tönen angenehm gewohnt – sofort ist man in der heimeligen AMORPHIS-Wohlfühlzone. Tiefe Growls und Klargesang von Tomi, weibliche sirenenartige Stimme, orchestrale Streicher, genau abgestimmtes Riffing, klarer Refrain – ein echter Hit und zu Recht die erste Single-Auskopplung. „Message In The Amber“ enthält diese typisch schwungvollen, orientalisch angehauchten AMORPHIS-Melodien in detailverliebter, ausufernder Spielfreude, tausendmal gehört, immer wieder gut. Dazu getragene, sehr emotionale Passagen, die dem Song zusammen mit dem enthaltenen Chor viel Dynamik verleihen. In einer unkonventionellen 7/4-Rhythmik gehalten ist „Daughter Of Hate“, eröffnet mit Orgel und Gitarre, erinnert das Stück mit seinem Saxofon an „Am Universum“, kontrastrierend dazu der immer wieder auftauchende Black-Metal-Gesang als auch die Erzählstimme. „The Golden Elk“ ist ein flottes Epos im typischen AMORPHIS-Stil, dessen letzter Teil mit orientalischen Streichern und Oud-Klängen überrascht. Auch das treibende „Wrong Direction“ klingt unmissverständlich nach AMORPHIS, durch die Verwendung eines Vocoders klingt der Song trotzdem angenehm frisch. Tönt der Anfang von „Heart Of The Giant“ noch nach PINK FLOYD, ändert sich das Klangbild schnell mit krachenden Gitarren, treibenden Rhythmen, Erzählgesang, catchy Refrain und Chor. Demgegenüber hat der Anfang von „We Accursed“ mit seinen folkigen Flöten ein wenig was von NIGHTWISH, ehe der Melodic Death Metal wieder für Klarheit sorgt. In „Grain Of Sand“ wechseln die Gitarren von JUDAS PRIEST bis hin zu RAMMSTEIN, dazu die düster-finnischen Melodielinien sowie kontrastierend weiblicher Gesang. Mit „Among Stars“ folgt der epischste Song auf „Queen Of Time“. Das melodische Stück klingt einfach erhaben und hat mit Anneke van Giersbergen natürlich eine großartige Sängerin für ein schickes Duett mit Tomi. Abgeschlossen wird „Queen Of Time“ vom etwas ruhigeren „Pyres In The Coast“.

Das atmosphärische „Queen Of Time“ ist wieder einmal eine hervorragende Symbiose aus melodischem Death Metal und Folklore in nahezu perfekter Harmonie. Gewohnt melodieverliebt, in positiver dunkler Traurigkeit präsentieren AMORPHIS eine ausgewogene Mischung aus Härte, Experimentierfreudigkeit, Komplexität und eingängiger Radiotauglichkeit. Das neue Werk hat ein wenig mehr Mut zur Abwechslung als der Vorgänger „Under The Red Cloud“. AMORPHIS verfeinern immer wieder im Detail ihre eigene Kunst, das macht die Band so wertvoll. Gut so!

11.05.2018

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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