Blind Guardian - Somewhere Far Beyond

Review

Zu den Guardians muss man eigentlich keine Worte verlieren, sind die vier Deutschen doch eine Institution in Sachen Metal. Sowohl national als auch international als Helden gefeiert, musiziert die Band auf höchstem Niveau und beweist ihre Klasse ein ums andere Mal. Auch die Tatsache, dass immer noch die gleiche Besetzung besteht wie am Anfang der Bandgeschichte, zeigt, dass diese Band etwas besonderes ist, denn nur wenige Bands bleiben von Line-Up Wechseln verschont. Marcus Siepen (g), Andre Olbrich (g), Thomen Stauch (d) und Hansi Kürsch (v,b) haben das Kunststück vollbracht, sich stetig weiterzuentwickeln, aber doch ihren ureigenen Stil zu wahren. Angefangen beim rifforierentierten Thrash/Speed Metal auf „Batalions of Fear“ und „Follow the Blind“, über melodiösen Speed/Power Metal mit großen Chören auf „Tales from the Twilight World“, „Somewhere far Beyond“ und „Imaginations from the other side“, bis hin zu progressivem Power Metal a la „Nighfall in Middle Earth“ und rasantem Power Metal Marke „A Night at the Opera“, wo sowohl musikalisch als auch gesanglich meterdicker Bombast regiert. Jedes Album für sich ist ein Meisterwerk mit unterschiedlichen Qualitäten, weswegen sich Fans wohl ewig streiten werden, welches nun das beste Werk sei. Für mich ist „Somewhere Far Beyond“ das Referenzwerk der Guardians, wenn nicht sogar DAS Album an dem sich jede Band dieses Genre messen lassen muss, und wohl scheitern wird. Etwas weniger thrashig als auf „Tales from the Twilight World“ zieht die Band erneut das gesamte Register ihres Könnes und verewigte auf diesem Album Jahrhundertklassiker, die auch live immer wieder frenetisch gefordert werden. Die Songs werden beherrscht von Thomens abwechslungsreichen und bollernden Drums, den Leadgitarren von Andre und natürlich dem fantastischem Gesang von Hansi. Der Kerl hat einfach das ganze Spektrum drauf, von aggressivem Gesang, über hohe Schreie zu sanftem, gefühlvollen Gesang. Und so zelebrieren die Krefelder auch hier wieder ihren typischen Stil und legen mit „Time what is Time“ los, ein Speedkracher allererster Güte. Alle typischen Trademarks sind vorhanden, also ein geiler Guardian Übersong. In die gleiche Kerbe hauen „Journey through the Dark“, „Quest for Tanelor“ und „Ashes to Ashes“. Bei allen Songs schießt einem angesichts der geilen Melodien und den Chorarrangements, in Verbindung mit der Geschwindigkeit und der Härte die Freudentränen in die Augen. Bei „Theatre of Pain“ nehmen die Jungs den Fuß vom Gaspedal und zeigen uns einen gemäßigteren Song mit Keyboardunterlegung, der sehr orchestral daherkommt. Nach diesen atemberaubenden fünf Lieder und einem Klavierzwischenspiel, folgt schließlich der Blind Guardian Song schlechthin: „The Bards Song – In the Forest“. Auf einer Akustikgitarre basierend entfaltet Hansis Stimme seine volle Pracht. Zum Träumen und Wegschweben in ferne Welten bestens geeignet. Auch live gehört dieses Lied zum Standardrepertiore und beschert jedes Mal eine Gänsehaut, wenn das Publikum gänzlich den Gesang übernimmt; eine einzigartige Atmosphäre. „The Bards Song – The Hobbit“ führt den ersten Teil mit Stromgitarren weiter, und ist zweifelslos auch klasse, zieht aber im direkten Vergleich den kürzeren. Und nach einem Dudelsackzwischenspiel endet die CD in dem 7 Minuten Titellied, in dem sich die blinden Gardinen noch mal in einen Rausch spielen und alle ihre Trademarks vorführen: Pumpende Drums, schnelle Rhythmusgitarren, geile Leads, Speed ohne Ende und ein eingängiger Refrain unterlegt mit Chören. Ein würdiger Abschluss, der den Hörer entweder geplättet im Sitz hinterlässt oder völlig verausgabt vom Moshen. Wie bei allen vorherigen Alben ist die immer präsente Fantasyatmosphäre ein wichtiges Element, welche sich sowohl in der Musik, den Texten als auch dem genialen Cover (Marshall, wer sonst?) widerspiegelt. Gerade das wird von vielen Fans bei den neueren Alben vermisst, genauso wie Geradlinigkeit. Denn hier sind noch eingängige straighte Speed Kracher vorhanden und nicht wie auf „A Night at the Opera“ komplexe, verschachtelte Songs . Insgesamt muss man sagen, dass alles an diesem Album den Hauch der Genialität atmet, denn ich weiss beim besten Willen nicht, wo ich nach Schwachpunkten suchen soll. Es macht zum einen mächtig Spass und eignet sich bestens zum Abgehen, auf der andere Seite kann man auch im Stillen einfach dem Werk zuhören und in eine Welt voller Elfen, Zwerge und anderen Fantasy-Gestalten eintauchen. Und trotz der Eingängigkeit verliert es auch nach all den Jahren nichts von seinem Reiz. Dass ich meine, dass wir es mit „Somewhere far beyond“ mit dem besten BG Album zu tun haben, heisst nicht, dass alle anderen Alben weniger genial wären. Andere bevorzugen den trashigen Vorgänger, den fast schon überproduzierten Nachfolger, das progressive „Nightfall“ oder das jedes Limit sprengende neue Werk. Jeder soll für sich herausfinden, welche Nuance er im Blind Guardian´schen Schaffen am meisten liebt, Fakt ist und bleibt, dass „Somewhere Far beyond“ ein Meilenstein im Metal ist und die Messlatte für vergleichbare Alben fast unerreichbar hochgelegt hat.

07.08.2002
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