Blind Guardian - A Twist In The Myth

Review

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Es zeugt von einiger Selbstsicherheit, einen Song wie „This Will Never End“ an den Anfang einer Platte zu stellen. Beim einleitenden Schrei rollen sich einem die Zehennägel auf, man schlägt die Hände über dem Kopf zusammen und fragt sich, was – ach du liebes Bisschen – in Hansi Kürsch gefahren ist. Der erste Durchlauf von „A Twist In The Myth“ vermag einem, der man Alben wie „Imaginations From The Other Side“ oder „Nightfall In Middle-Earth“ vergöttert, den letzten Funken Glauben zu rauben.

Schon das Cover Artwork im klassischen BLIND GUARDIAN-Look verspricht einem etwas anderes, als die enthaltene Mucke letztendlich hält. Deren Charakter verraten allerdings das arg lieblos aufgemachte Booklet und das ebenso pragmatisch gehaltene Backcover. Wie sich manche Dinge doch in Äußerlichkeiten manifestieren! Doch zurück zur Musik…

Die stimmlichen Experimente, die Hansi nicht nur im Opener vollführt (sondern z.B. auch in „Turn The Page“ oder „Straight Through The Mirror“) verlangen einem wirklich einige Liebe ab, um die CD nicht nach dem ersten Hördurchlauf ernüchtert zum Verstauben ins Regal zu verbannen. Nach dem ersten Durchlauf hat es mich tatsächlich einige Überwindung gekostet, um mich an einen erneuten Anlauf zu wagen. Alle Hoffnungen nach den Versprechungen von „Imaginations…“- und „Nightfall…“-Einflüssen waren zerplatzt wie Seifenblasen. Aber erinnern wir uns an „A Night At The Opera“, das einem zu Beginn auch wie Blei im Magen gelegen hat, bevor es endlich zu wachsen begann. Und mal ehrlich: nach einem so progressiven Klumpen und dem „Fly“-Appetizer im Februar hat wohl niemand ernsthaft geglaubt, BLIND GUARDIAN würden auf einmal die poppige Eingängigkeit wiederentdecken, oder? Siehste!

Viele offensichtliche Vergleiche eröffnet einem „A Twist In The Myth“ nicht. Wie schon die erwähnte Single „Fly“ entzieht sich auch das Album sämtlichen Kategorisierungsversuchen. Um eine direkte Fortsetzung der Nacht in der Oper zu sein, lässt die Scheibe den überfrachteten Bombast und ein gutes Stück Progressivität vermissen, um an alte Glanztaten anzuknüpfen oder gar den Versprechungen bezüglich der Ähnlichkeiten zu „Imaginations…“ oder „Nightfall…“ gerecht zu werden, fehlt es hingegen an eingängigen Hymnen, an großen Melodien, die einem tagelang im Ohr sitzen, und am Widescreen-Feeling, das diese monumentalen Epen auszeichnet. Aber was bleibt übrig, wenn all das fehlt?

BLIND GUARDIAN wären nicht BLIND GUARDIAN, wenn sie ihre Mucke nicht so angelegt hätten, dass der Eindruck eines bemühten „gewollten-aber-nicht-gekonnten“ Anknüpfens an alte Tage, das weder Fleisch noch Fisch gerecht wird, schon nach ein paar Durchläufen zu schwinden und „A Twist In The Myth“ zu wachsen begänne. Die typischen singenden Gitarren sind noch immer tonangebend, das anfänglich vermisste Feeling doch noch vorhanden, aber viel zu versteckt, als dass es einem direkt ins Gesicht springen würde. Die Veränderungen finden sich eigentlich im Detail, haben aber trotzdem große Auswirkungen. Die bombastischen Chöre von einst wirken heute viel dünner und tragen lange nicht mehr so stark zur Atmosphäre bei. Hansis Stimme steht viel mehr im Vordergrund, was auf seine sehr zwiespältigen Experimente natürlich viel mehr Gewicht legt.

Typisch ist an „A Twist In The Myth“ so gut wie gar nichts. Insgesamt gesehen stecken die Songs in einem für BLIND GUARDIAN-Verhältnisse befremdlich dumpfen und trockenen, stellenweise sogar dünnen Sound und legen dabei viel mehr Wert auf die Betonung der musikalischen Fähigkeiten der einzelnen Musiker. Epik und Hymnenhaftigkeit treten damit deutlich in den Hintergrund. Zum Glück hatten BLIND GUARDIAN davon früher so viel, dass sie auch heute noch vor einem Gros der Konkurrenz schwimmen. Denn wenn vereinzelt traditionellere Passagen vorkommen, dann aber richtig. Bestes Beispiel dafür ist das von der „Fly“-MCD her bekannte „Skalds And Shadows“, das in der Albumversion mit einer Geige veredelt wird, und noch immer wirkt wie ein Tribute an Großtaten wie „Lord Of The Rings“ oder „The Bard’s Song“.

Die ausgekoppelte Single „Fly“, die auf der Digipak-Version auch als Bonustrack mit leicht abgewandelten Arrangements, abweichendem Titel und alternativem Text zu finden ist, entpuppt sich im Endeffekt als einer der stärksten Songs des Albums. Und das nicht nur aufgrund seines Bekanntheitsbonus. Musikalisch und songwriterisch dürften BLIND GUARDIAN noch nie offener und fitter gewesen sein.

Trotzdem hatte sicher nicht nur ich mir nach der Single und den vollmundigen Ankündigungen etwas gewünscht, das tatsächlich mehr Back to the Roots geht. Musikalisch muss die Band niemandem mehr etwas beweisen, so viel ist klar. Was die Songs angeht, hätte sie aber ruhig etwas mehr Einfühlungsvermögen den Fans gegenüber zeigen können. Es drängt sich die Vermutung auf, dass „Nightfall In Middle-Earth“ den Zenit ihres Schaffens markierte. „A Twist In The Myth“ mag deshalb auf den ersten Blick eine Enttäuschung sein. Und auch wenn das Album mit etwas Beschäftigung doch zu gefallen weiß, ist es trotzdem nicht das, was man hören wollte.

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25.09.2006

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9 Kommentare zu Blind Guardian - A Twist In The Myth

  1. flöts sagt:

    doch, die cd ist genau das was ich hören wollte. exzellent geschriebene songs. auf mehr hab ich jetzt keine lust

    10/10
  2. Anonymous sagt:

    Nach dem grandiosen "A Night at the Opera" zwei Schritte zurück, mitten rein in die "Tales…"/"Somewhere…"/Imaginations…"/Nightfall…"-Schnittmenge. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll, aber der hirnlose Durchschnitts-Metal-Depp wird die Platte abgöttisch lieben. An frühere Glanztaten kommt man leider nicht heran, auch wenn mit "Otherland", "Turn the Page" und "Skalds and Shadows" wirklich exzellente Ohrwürmer drauf sind. Für mich bleibt trotzdem ein bitterer Nachgeschmack, weil man den wirklich grandiosen Kurs des letzten Albums gegen etwas viel, viel Gewöhnlicheres eingetauscht hat. Nun ja. Der neue Schlagzeuger ist gut, kopiert für meinen Geschmack aber zu sehr den Stil seines Vorgängers. Dafür hätte es den Split nicht gebraucht. Imo das "zweitschlechteste" BG-Album bislang, nur die "Follow the Blind"-Gurke liegt noch dahinter. Wobei das Atribut "schlecht" bei dieser Band natürlich relativ zu sehen ist. Ein "A Night at the Opera – Part II" wäre mir dennoch lieber gewesen. Nun ja…

    8/10
  3. metalpunk 666 sagt:

    Ich weiß gar nicht, was manche an der CD schlecht finden ???? Klar, es gibt verschiedene Geschmäcker, aber ich finde die CD einwandfrei und spitzenmäßig. Ein + Punkt auch für das geile Cover, das einen in eine andere Welt zieht =). Zu den Songs: This Will Never End ist ein geiler Opener und alles andere als schlecht, sodas sich die Zehennägel kräuseln -.- . Otherland ist auch spitze, denn es haut an manchen Stellen echt rein und ist an anderen Stellen eher ruhiger.
    Fly ist sowiso der Geilste Track des Albums, denn er zeigt die Entwicklung der Guardians in den letzten Jahren. Sehr guter Refrain, sehr gute Melodie…Einfach nur GEIL 🙂
    Was noch auf jedem Fall erwähnenswert ist, ist Another Stranger Me. Der Track ist rockig und ist ein fieser Ohrwurm ^^. Ich konnte mich, als ich das Album erst 2-3 Tage hatte, nicht konzentrieren, weil ich immer wieder das Lied im Kopf hatte. Lionheart, The Edge und Dead Sound Of Misery (welches auf der Doppel CD drauf ist) sind ebenfalls sehr gut. Die übrigen Lieder, Skalds and Shadows, Turn The Page, Carry The Blessed Home… reißen mich nicht so vom Hocker, aber die CD ist deshalb trotzdem nicht minderwärtig. Sie ist, was BG anno 2006 empfinden. Haltet mich für verrückt, aber ich würde sie auf die gleiche Stufe stellen, wie Imaginations From The Other Side und Nightfall in Middle-Earth. Von A Night At The Opera hab ich noch (leider) nichts zu Hören bekommen. Aber wie viel besser kann es als diese CD schon sein???

    10/10
  4. jadevin sagt:

    Manchmal muss ich mich über die Wertung und Previews hier wundern. Na ja, Musik ist Geschmacksache, aber dieses Album gehört zu einem der besten des Jahres …

    5/10
  5. Anonymous sagt:

    Manchmal muss ich mich über die Wertung und Previews hier wundern. Na ja, Musik ist Geschmacksache, aber dieses Album gehört zu einem der besten des Jahres …

    10/10
  6. wishmaster89 sagt:

    Das hier ist mein erstes Album von Blind Guardian und soooo gut, wie die Band angeblich ist, finde ich die jetzt auch nicht. Das Album ist leider nicht sehr abwechslungsreich wie ich finde und die einzigen richtig geilen Songs sind "Otherland" und "Turn the page". Der Rest ist durchschnittlich bis schlecht. In den Songs tauchen jedoch ab und an gute Guitarrensolos auf, welche mich dazu verleiten konnten dem Album noch 4 Punkte zu geben. Ich bin auch etwas enttäuscht vom Bonustrack. Der fängt genauso an wie "Fly", hört sich auch genau so an, ist jedoch mit einem anderem Text versehen und noch um ca. 1 Minute in die Länge gezogen. Das ist nicht grade das was ich unter einem Bonustrack verstehe, aber wer die Band mag, wird wohl seine Freude daran finden. Ich kann jedoch nicht behaupten ein Fan der Band zu sein und werde es wohl auch nicht werden.

    4/10
  7. sodomatic616 sagt:

    an den vorgänger: die cd ist auch als BG Einsteiger absoult nicht zu empfehlen! Es ist mehr ein Misch aus Nightfall in Middle Earth & A night at the opera, jedoch ohne die Bombastik von dem letztgennanten album(weil die so wie so nich mehr zu überbieten ist)
    Tipp für BG Einsteiger: Das Rerelease von Battalions of Fear und dann Immaginations from the other side!
    Das Album selbst besitzt geile Songs wie den Opener, Fly,Otherland & another stranger me die den Kauf des Albums rechtfertigen, aber leider auch einige Aussetzer!

    Fazit:
    wegen einigen der geilsten BG Songs gibts ne 8!

    8/10
  8. Anonymous sagt:

    Hallo Leute,

    ich weiss nicht recht was ich zu den negativen äusserungen schreiben soll. Wie schon oft erwähnt, Musik ist Geschmacksache, doch wir reden von Blind Guardian. Ich bin mit BG aufgewachsen. Ich war genau 11 Jahre alt als mein Bruder das Battalions of Fear Album mit nach Hause brachte. Von diesem Zeitpunkt an war ich BG verfallen. Ich kaufte mir ungehört jede Scheibe und war begeistert. OK, um BG zu hören brauch man Zeit und Ruhe. Man muss die Musik verstehn. BG ist nicht ACDC. Man hört die scheibe und sie gefällt einem. Bei BG muss man auf das technische hören, mann muss sich Zeit lassen. Ich muss sagen das das \"A twist in the myth\" Album warscheinlich das beste BG Album ist. BG steckt technisch 80% aller Metal Bands total in den Schatten. Den hier ziemlich oberflächlich geschrieben Artikel kann ich auch nicht ganz nachvollziehen…

    also BG, Haut weiterhin so rein

    5/10
  9. Anonymous sagt:

    Ich halte dieses Album für ein wenig durchwachsen da die meisten Tracks bei mir auch heute noch, 4 Jahre nach dem Release, nich wirklich zünden können.
    Ausnahmen sind "Otherland" -exzellent bombastisch-, "Skalds and Shadows" -eine wirklich gelungene Ballade die jedoch weder den Klassikern noch den Balladen vom aktuellen Album das Wasser reichen kann- und "Fly" -ein ganz eigenwilliger Song mit einen ganz besonderen Charm-. Im goßen und ganzen ein solides Album, aber auch nicht mehr.

    5/10