Obituary - Dying Of Everything

Review

Wenn es eine Sache gibt, auf die man sich bei den Death-Metal-Opas aus Florida verlassen kann, dann ist es die Tatsache, dass man sich auf OBITUARY stets verlassen kann. Allein wenn man dem Opening Track „Barely Alive“ vom zehnten Studioalbum „Dying Of Everything“ lauscht, wird man in den ersten Sekunden wie von einem Wirbelsturm weggeblasen, während Donald Tardy die, nach eigenen Angaben, bisher schnellsten Bpm seines Lebens trommelt. Überraschung gelungen. Während sich der Song tief in die Eingeweide gräbt, flirrt zwischen den Zeilen eine bestens bekannte Melodieführung aus zurückliegenden Jugendtagen der Band und man vermag die Grundstimmung vom damaligen Höhepunkt und Titeltrack der dritten Scheibe „The End Complete“ herauszuhören.

Auf OBITUARY war, ist und bleibt Verlass

„The Wrong Time“ folgt auf den Fuß, der punkige Auftakt ist vom dazugehörigen Videoclip schon bekannt. Aber auch so manifestiert sich der Track schnell als Wiedererkennungshymne der Platte. Einerseits bedienen OBITUARY viele Signature-Momente und das gerade dann, wenn John Tardy seine wütenden Lyrics über den tragenden Rhythmus speit. So richtig auf´s Gaspedal treten Trevor Peres und Gefährten auch dieses Mal äußerst selten, dafür bringen sie den Schunkelsound auf ein neues Level. Viele Breaks, ein fieses Bass-Distortion und reitende Gitarren kommen mehr als amtlich aus den Boxen geschossen.

„Dying Of Everything“ ist ein Blick in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Besonders gewagt mag ein Song wie „War“ erscheinen, der aber schon lange Zeit vor den aktuellen weltpolitischen Entwicklungen entstanden ist. Betrachtet man das Stück unabhängig von der derzeitigen Lage, könnte man auch tatsächlich von einem Highlight auf dieser Platte sprechen. Die langgezogenen „Waaaaaaaar“-Shouts lassen die Wände zittern, während eine dicke Wand aus Stereogitarren für den Einsturz sorgt. Garniert wird die Nummer von extrem ausgeklügelten Leadgitarren und einem harschen Breakdown, der das folgende Riff nur umso härter wirken lässt. Mit „War“ hätten OBITUARY vor Jahren bereits ihr Meisterstück abgelegt, wenn die Band nicht ohnehin tonnenweise Songs in dieser Qualität besäße.

Death Metal forever!

„Dying Of Everything“ geht mit dem Stakkato-Donnerwetter im Auftakt dann direkt durch die Decke und man fühlt sich glücklich in die Comic-Clips zu „Violence“ und „Ten Thousand Ways To Die“ versetzt. Alles in allem wirken OBITUARY auf ihrem zehnten Werk aber noch niederträchtiger, noch bösartiger als zuvor. Vielleicht wird diese Band nie wieder so finster wie zu „Cause Of Death„-Zeiten und vielleicht wird sie nie als die abwechslungsreichste Gruppe aller Zeiten in den Geschichtsbüchern zu finden sein. Unter Umständen wirken OBITUARY genau damit ein kleines Wunder: Die Band überrascht nur selten, liefert aber immer ab. Die oft zitierte Spielfreude lässt sich bei diesen fünf Herren in jedem Arrangement und jedem Detail heraushören.

Und dann befinden sich auf „Dying Of Everything“ Songs wie „By The Dawn“, die man alleine wegen dem Intro und dem ersten Solo-Interlude immer wieder von neuem hören will. Die Platte lässt sich in ihrer Gesamtheit vielleicht am besten als bösartiges Groove-Gespenst beschreiben und stellt den Beweis dafür dar, dass manche Bands einfach nie aufhören sollten zu existieren.

 

08.01.2023

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