Transsylvanians - Fél Ès Egész

Review

Es sind Platten wie „Fél Ès Egész“ von den TRANSSYLVANIANS, die Musikredakteure regelmäßig an ihre Grenzen bringen. Wird man dennoch gezwungen die 18 Songs dieses Doppelalbums nicht mehr einfach nur anzuhören, sondern in Worte zu fassen, ist das wohl nur mit zahlreichen kruden Adjektiven möglich, die so wirken, als würden etliche von ihnen nicht nur für Verwirrung sorgen, sondern sich auch gegenseitig ausschließen. Oder anders: Es reicht nicht, dass TRANSSYLVANIANS eine ungarische Version von FIDDLERS GREEN sein wollen (denn der Vergleich bietet sich zwangsläufig an), sie wirken deutlich schwerer, rustikaler, seltsamer und musiktheoretisch anspruchsvoller. Neben Anreicherungen von RocknRoll und Dvorák finden sich nämlich auch einige Jazzzitate in diesem Versuch, Deutschland mit ungarischem Folk zu erobern.

Aber fangen wir mal mit den Rahmenbedingungen an. Da wäre zum einen die Tatsache, dass wir es hier mit einem Doppelalbum zu tun haben, das in eine tanzbare und eine ruhige CD gespalten ist. Glücklicherweise fällt die ruhige Scheibe qualitativ nicht ab und bietet als Schlussüberraschung noch eine englische und deutsche Version von „Szomorú Vasámap (Gloomy Sunday)“. An den Abschlusstrack der ersten CD kommt das aber trotzdem nicht ran, denn eine leichte, tanzbare Folkscheiblette mit einem 18minütigen Epos zu beenden, ist mehr als nur kurios. Musikalisch geht der Song aber in Ordnung und leidet höchstens an einer fehlenden Textübersetzung im Booklet.
An dieser Stelle muss also auch vorgewarnt werden, dass 16 der 18 Tracks komplett ungarisch gesungen werden. Zeilen zum fröhlichen Mitsingen werden vergeblich gesucht, dafür steigt der Exotenbonus ins Unermessliche. Daran ist auch die rustikale analoge Abmischung Schuld, die eine Aufnahmequalität auf höherem Schallplattenniveau verursacht hat und keinesfalls mit einer FIDDLERS GREEN Hochglanzproduktion vergleichbar ist. Wird trotz diesem freiwillig gewähltem Umstands dennoch im abstrusen Intro „Három Arany“ mit jeder Menge Effektgeräte rumgespielt, ist die Verwirrung komplett. Man muss schon eine aufgeschlossene Natur haben, um die Platte tatsächlich als musikalisches Werk zu betrachten, und sie nicht auf den Exotenbonus zu reduzieren.
Das wird auch dadurch verschuldet, dass ungarischer Folk nunmal nicht so harmonisch und stimmig wirkt wie irische Tanzparkettfeger oder keltische Quintbordunträumer. Übersteigerte Lebensfreude mit zahlreichen Dissonanzen auszudrücken würde jeden deutschen Popproduzenten unweigerlich zur Weißglut bringen. Wem schon Kirchentonarten in den Ohren weh tun, sollte um „Fél Ès Egész“ einen großen Bogen machen.

Das ist aber nicht der Grund, weswegen es einen leichten Punktabzug gab. Tatsache ist, dass sich unter die 18 Songs auch ein paar Lückenfüller gemischt haben, wie das ideenlose (und ironischerweise auf Englisch gesungene) „Fire“. Trotz des großen Unterhaltungseffekts ist also noch ein guter Raum nach oben hin offen, was hoffentlich auch auf späteren Alben genutzt wird um den endgültigen Durchbruch in Deutschland zu schaffen. Noch mehr solcher Platten würden die Folklandschaft nämlich definitiv bereichern.

09.01.2007

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