
Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.
In ein paar Tagen jährt es sich bereits zum 14. Mal, dass David Gold im viel zu jungen Alter von 31 Jahren bei einem Verkehrsunfall verstarb. Der Kanadier sollte die Veröffentlichung des vierten Albums von WOODS OF YPRES “Woods 5: Grey Skies And Electric Light” – die Nummerierung der Platte schließt die EP “Against The Seasons: Cold Winter Songs From A Dead Summer Heat” mit ein – nicht mehr miterleben. Sein musikalischer Partner Joel Violette, der selbst erst im Jahr zuvor der Band beitrat, sorgte in Zusammenarbeit mit Davids Familie für die Fertigstellung und Veröffentlichung der Scheibe. Bei aller Tragik ist es wenigstens ein Segen, dass die Aufnahmen beendet werden konnten, da der Bandchef auf diesem Album sein außergewöhnliches Talent ein letztes Mal eindrücklich demonstrieren konnte und sich selbst ein Vermächtnis setzte. Auch wenn uns allen lieber gewesen wäre, wenn er heute noch leben würde.
WOODS OF YPRES hätten groß werden können
Teil der Tragödie ist es, dass WOODS OF YPRES damals mächtig Fahrtwind hatten. Nach vier Eigenproduktionen erschien “Woods 5” als erster Label-Release über Earache. Zudem kann man den Kanadiern eine gewisse Pionierstellung andichten, denn die Mischung aus Black, Gothic und Heavy Metal mit gelegentlichen Wave- und Doom-Akzenten hat sich in den vergangenen Jahren bei anderen Bands weiterentwickelt und Beliebtheit erfreut. Wenngleich WOODS OF YPRES zu jeder Zeit eigenständig klangen und bis heute nicht kopiert wurden.
Seine stilistische Handschrift hatte Gold auf diesem Album perfektioniert und präsentiert sie beeindruckend vielfältig. Egal, ob es die geradlinigeren Stücke wie “Lightning & Snow”, “Keeper Of The Ledger” oder “Adora Vivos” oder die getragenen, von unglaublicher Schwermut gezeichneter Songs sind – die markante, tiefe Stimme und die wiederkehrenden Cello-, Oboen- und Piano-Arrangements wurden im Post Black Metal nie wieder so intensiv präsentiert. Wobei wir anmerken müssen, dass sich die Band bereits viel mehr im Doom als im Black Metal gefiel. In “Career Suicide (Is Not Real Suicide)” wagen WOODS OF YPRES gar einen Uptempo-Song mit klassischen Twin-Leads – und es funktioniert.
Viele Highlights, kaum Schwächen.
Besonders hervorzuheben sind der Quasi-Hit “Traveling Alone” und das stoische “Silver”, bei denen auch Davids Talent für bittersüß-selbstironische Texte zum Vorschein kommt und das Abschlussdoppel “Finality” und “Alternate Ending”. Wer insbesondere bei den letzten beiden Songs, die im Anbetracht von Golds vorzeitigem Ableben eine ganz eigene geisterhafte Aura besitzen, nicht in Tränen zerfließt, hat wahrscheinlich kein Herz oder falsch verkabelte Ohren.
Apropos: Weil gleich sieben der elf Songtitel einen deutlichen Bezug zu Sterblichkeit, Abschied und Endlichkeit hatten, wurde häufig spekuliert, ob David Gold Suizid begangen hätte. Die Mutter des Musikers dementiert dies. Er habe bereits über Konzepte für “Woods 6” und “Woods 7” gesprochen und sei ein lebenslustiger Mensch mit Zukunftsvisionen gewesen. Die zynische Note in den Texten war immer schon Teil der Kunst. Zudem wurde es nie offiziell von seiner Familie bestätigt, aber lokale Nachrichtenmeldungen, die zu Datum und Fall passen, sprachen davon, dass ein Fußgänger bei einem heftigen Sturm von einem Schneepflug erfasst wurde und Davids Tod entsprechend ein tragischer Unfall war.
“Grey Skies And Electric Light” – Das Vermächtnis des David Gold
Es bleibt ein Album, das im Jahr 2025 hervorragend gealtert ist und nichts von seiner Klasse verloren hat. Das Songwriting zwischen AGALLOCH, TYPE O NEGATIVE, SISTERS OF MERCY und KATATONIA ist sowieso zeitlos. Auch die Produktion wirkt heuer kein bisschen angestaubt. Die letzte WOODS OF YPRES ist ein Album für melancholische Stunden, für Rotwein und Zigaretten, für Sonnenuntergänge, Liebeskummer und angetrunkenes Nachhauselaufen in der Großstadt. Es ist berührend und bei aller Traurigkeit unendlich schön. Danke für die Musik, David – und ruhe in Frieden!

Woods of Ypres - Woods 5:Grey Skies & Electric Light
Johannes Werner































Möge David in Frieden ruhen. Hatte damals ein wenig Kontakt zu ihm und bin umso trauriger gewesen, wie ich erfahren habe, dass er nicht mehr antworten wird.
Die Woods 4 finde ich insgesamt noch ein Stück stärker, emotionaler und zeigt eben, dass grüne Alben irgendwie dann doch auch ein wenig Type O atmen.
Schön, dass ihr an ihn und sein Werk erinnert!
Die Atmosphäre – vor allem auch der Gesang, der Einsatz ungewöhnlicher Instrumente in einer ungezwungenen Leichtigkeit, die Texte (Himmel, ja, die Texte!)… Wirklich tolles Album.
Ich bin mir immer noch nicht ganz sicher, ob ich die grüne Nr. 4 oder dieses hier mehr liebe, aber wahrscheinlich ist es tatsächlich die Nr. 5 hier.
Das ist eine der geilsten Platten aller Zeiten, die durch den Tod noch an Tragik gewonnen hat. Könnte ich wirklich jeden einzelnen Tag mehrfach hören!