AC/DC
Sehr empfehlenswerte, umfangreiche und leicht übersinnliche Biographie!

Special

AC/DC

Nein, Susan Masino ist kein Groupie, das ein Buch schreibt über die Musiker, die sie flach gelegt haben. Schreibt sie zumindest in ihrer AC/DC-Biographie „Let There Be Rock“, und das klingt auch plausibel und überzeugend. Dafür hat sie einen anderen kleinen Spleen, der mich beim Lesen des Buches ein wenig belustigt hat: sie sieht in allem, was ihr im Zusammenhang mit AC/DC widerfahren ist, einen höheren Zusammenhang, überirdische Kräfte, Schicksal, die dazu führen sollten, dass sie der Band über den Weg läuft. Obwohl die Frau 50 Jahre alt ist, wirkt diese begeisterte, ungläubige Darstellungsweise einer Bekanntschaft mit einer Rockband geradezu mädchenhaft, aber auf ihre Art und Weise auch charmant und vergnüglich. Ich finde alleine die Tatsache, dass eine Frau nicht nur Musikjournalistin für Rock ist, sondern auch über die wahrscheinlich pathetischste Rockband der Welt die erste offizielle Biographie schreibt, ziemlich klasse.

Wie es allerdings mit beinharten Fans von Bands, die später Biographien über ihre Ikonen schreiben so ist, glorifiziert auch Susan Masino die australische Rocklegende (das muss man immerhin zugeben!) gnadenlos und bis in die hinterste Ecke. Der erste Abschnitt der Bandgeschichte, von den Anfängen zu Beginn der 70er Jahre bis zum Tode des ersten Sängers Bon Scott, erhebt sich damit gar in den Olymp der Weltmusikgeschichte, Bon Scott selbst wird zum Inbegriff des saufenden, hurenden Frontmanns, Rock’n’Rollers und bestem Freund, der stilecht mit einer halben Flasche Whiskey intus alleine in einem überfrierenden Auto starb und heutzutage wie ein Heiliger verehrt wird. Mit seinem Nachfolger Brian Johnson sieht das kaum anders aus, nur dass er kein Heiliger, sondern eher ein bärig-kumpeliger Arbeitertyp ist, der jeden, vom Fan bis zum Labelboss, gleich behandelt.
Allerdings bleibt diese zunächst einseitig scheinende Darstellung glücklicherweise nicht ohne Belege. Dutzende von ehemaligen Roadies, Mitarbeitern, Managern und Plattenfirmenchefs und -agenten wissen zu bezeugen, dass AC/DC tatsächlich bis zum heutigen Tage, trotz mehr als 150 Millionen verkaufter Platten, nach ihnen benannten Straßen, Bon-Scott-Museen und dergleichen freche, kumpelhafte, gut erzogene Jungs geblieben sind, denen es immer egal war, ob sie vor 500.000 oder 500 Besuchern spielten und auf jedem Konzert beinhart eine stilechte Rockshow durchzogen.

Das klingt sympathisch einfach und ist es auch, genau wie ihre Musik – nach 17 Vollzeitalben ist stilistisch kaum ein Unterschied zu spüren, wenn man sich das Debüt „High Voltage“ und das letzte Album „Stiff Upper Lip“ anhört. Mich haben AC/DC zwar nie emotional berührt, dafür ist ihre Musik wohl auch nicht gedacht – aber Stillsitzen ist dabei auch schlecht möglich, weil das Zeug einfach reinhaut.
Man könnte zwar sagen, Susan Masino probiert, eine Band aus hoffnungslos engstirnigen Rocksauriern, die seit 35 Jahren dasselbe Album aufnehmen, als knallhart stilecht und sich selbst treu geblieben zu bezeichnen. Das sage ich aber nicht, weil ich anerkenne, was für eine verdammt große Leistung diese Band vollbracht hat. Wer nach 35 Jahren nur drei Line-Up-Wechsel, dafür aber massenhaft Menschen, die nur gut über sie reden (was man von Leuten wie Ritchie Blackmore beispielsweise nicht sagen kann!), ein halbes Dutzend legendärer Platten und Tausende von gefeierten Konzerten hinter sich gebracht hat, kann so hoffnungslos antiquiert gar nicht sein. Verzeihen wir Susan Masino, dem jung gebliebenen Fanmädchen aus dem Mittleren Westen, ihren Glauben an das Schicksal und daran, dass Gott selbst ihren Weg mit dem von AC/DC gekreuzt hat. Ich glaube eher, dass es so gut wie niemanden gibt, dem die Band auf dem Highway To Hell nicht schon einmal über den Weg gelaufen ist. Wer das geschafft hat, hat sich auch eine wirklich nette und mit 300 Seiten erstaunlich penible, aber abwechslungsreich und gefühlvoll geschriebene Biographie verdient.

Das Buch ist im Verlag Grosser & Stein erschienen.

07.08.2007

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