
Soundcheck Oktober 2025# 7
Lange Zeit war es still um die US-Amerikaner von WRETCHED, die zuletzt im Jahr 2014 mit „Cannibal“ einen modernen Stilmix aus Deathcore, Thrash Metal und melodischer Feinheit aus der Trickkiste zogen. Viel verändert hat sich im Line-Up des Quintetts seither jedenfalls nicht, denn ausgetauscht hat man ausschließlich Sänger Adam Cody gegen Alt-Sänger Billy Powers, der bereits die ersten beiden Alben der Band eingesungen hatte. Auf den ersten Blick scheint sich im Oberstübchen Truppe einiges angesammelt zu haben, denn „Decay“ ist mit über einer Stunde Spielzeit ein fast monolithischer Brocken im Vergleich zu seinen Vorgängern.
Schöne Melodien und brachiale Längen
Die ersten fünf Songs passen dazu in dieselbe Gussform und schaffen nur wenig spannungsgeladenen Raum. Die druckvolle Produktion setzt zwar Breaks und die brachial wirkende, stets gemäßigte Geschwindigkeit charmant in Szene, doch abseits der schaurig schönen bis warmen Umarmungen der Gitarrenmelodien, bleiben WRETCHED häufig blass und schweben wenig verankernd durch die einzelnen Stücke. Das ändert sich erst mit „Clairvoyance“ – einem der Lichtblicke auf „Decay“, das mit seinen klaren aber unwirtlichen Vocals etwas von einer modernen Western-Atmosphäre zu kreieren weiß.
Das Gefühl taucht beim Instrumental „Behind The Glass“ tatsächlich noch einmal auf, doch was die Band geritten hat, einen sechzehnminütigen Song dieser Art mitten in ein ohnehin amplitudenarmes Album einzuschweißen, erscheint unerklärlich. Trotzdem hat der besondere Track seine Momente, die man sich dann irgendwie wieder zurückwünscht, sobald WRETCHED mit „Lights“ generisch weitermachen. Einen weiteren Impuls setzt das Kollektiv aus Charlotte dann immerhin nochmal zum Schluss und versprüht mit „The Golden Skyway“ und seiner hohen Melodiösität fast schon Göteborg-Vibes.
Ausdauerprobe
„Decay“ ist unterm Strich ein klarer Fall von zu vielen Ideen, die vielleicht besser in der Mottenkiste gelandet wären. WRETCHED können zweifelsohne spielen und zeigen immer wieder tolle melodische Facetten, doch das Songwriting ist auf dem fünften Langspieler zu wenig akzentuiert und verkommt durch die lange Verweildauer im Plattenspieler zu einer Ausdauerprobe. So soll es ganz bestimmt nicht sein.

Wretched - Decay
Patrick Olbrich


















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