Baroness
"Ich wünschte, ich wäre ein guter Gitarrist."

Interview

Mit ihrem jüngsten Sprössling “Stone” haben BARONESS nach dem überfordernden “Gold & Grey” endlich wieder zu alter Form gefunden und diese sogar weitgehend übertroffen. In einem sehr angenehmen Gespräch gibt sich der enorm auskunftsfreudige Sänger, Gitarrist und Coverkünstler in Personalunion, John Baizley, erwartungsgemäß sehr zufrieden, bleibt aber zur gleichen Zeit bescheiden.

Baroness - Stone Cover Artwork

Artwork: John Baizley

Hi John, bevor wir über euer wunderbares neues Album “Stone” sprechen, würde mich interessieren, wie du euer voriges Album “Gold & Grey” nach all der Zeit beurteilst.

Ich persönlich liebe alle unsere Alben. Für “Gold & Grey” konnten wir leider nicht auf Tour gehen. Jedenfalls nicht richtig, wir haben in Europa eine kleine Support-Tour gespielt und in den Staaten ein wenig am Ende der Pandemie. Es gab aber keine normale Headliner-Tour.

Es gibt viele Songs auf dem Album, die live echt Spaß machen. Dadurch führten viele Dinge automatisch zu “Stone”. Das jeweils vorige Album ist bei BARONESS für das jeweils aktuelle Album immer das wichtigste. Das neue “basiert” jeweils auf dem vorigen, daher war “Gold & Grey” wichtig für uns. Beide Alben waren eine Herausforderung.

Beide Alben haben jeweils ein anderes künstlerisches Konzept. Bei “Gold & Grey” ging es gewissermaßen um akustische Kriegsführung bis sich die Layer gegenseitig ausgelöscht haben, als hätten wir Orchester über Orchester geschichtet.

Diese Intensität wollten wir vier auf “Stone” in Teilen bewahren, aber das Album ist nicht ansatzweise so vollgepackt und zerfurcht wie das vorige. Wir wollten mit dem Album eine Balance zwischen überschwemmenden Ideen, die von eher einfachen Momenten kontrastiert werden, einfangen. So gesehen sind die beiden Alben also direkt miteinander verbunden.

Es ist witzig, dass du das sagst. Man merkt natürlich sofort, dass “Stone” wesentlich fokussierter und direkter als sein Vorgänger ist. Daher hat es mich sogar an euer “Purple”-Album erinnert. Kannst du diese Verbindung auch sehen?

Na klar. Mit jedem Album, dass wir veröffentlichen, lernen wir konstant weiter dazu. Wir schauen mit jedem Mal, wie wir den Sound der Band, basierend auf ihrer eigenen Geschichte, weiterentwickeln können.

Wir machen das jetzt schon eine ganze Weile und damit es für uns auch interessant bleibt, analysieren wir meist das vorangegangene Album und schauen, was seine vordergründigen Merkmale und Stärken sind. Diese ignorieren wir dann bewusst. So wird auf zwei aufeinanderfolgenden Alben von BARONESS immer ein hörbarer Unterschied vorhanden sein.

“Purple” hat uns gelehrt, diesen einfacheren, fokussierteren Ansatz zu nehmen. Aber damals war die Idee auch, die gleiche Menge an Ideen zu verdichten, also einen Song mit Ideen für sechs Minuten auf drei Minuten zu komprimieren. Auch die großen Hooks auf dem Album waren neu für uns. Seitdem wir diese Platte gemacht haben, weiß ich, dass BARONESS eben diese Hooks schreiben können und dass wir lineare Songs mit einer klaren Struktur schreiben können.

Es hat Spaß gemacht, aber ich würde das nicht noch mal genau so tun. “Stone” ist “Purple” ein wenig ähnlich, weil es grob eine ähnliche Formel verfolgt. Aber ein weiterer Unterschied ist auch der, dass bei “Purple” jede einzelne Note festgelegt war, als wir ins Studio gingen. Bei “Stone” war nichts festgelegt, alles entstand spontan und während des Aufnehmens. Es geht dadurch auch ein wenig um die unausgesprochene musikalische Connection, die wir vier seit dem Einstieg von Gina [Gleason, Gitarristin – Anm. d. Red.] vor sechs Jahren oder dem von Nick und Sebastian [Jost bzw. Thomson, Bass bzw. Drums – Anm. d. Red.] vor ca. Zehn Jahren haben.

Ihr habt das Album zu viert innerhalb eines Monats in einer Ferienhütte geschrieben. Daher nehme ich an, dass die Entstehung von “Stone” ein sehr kollaborativer Prozess war.

Vollkommen. Es gibt einen Grund: Es ist nicht so, dass die vorigen Line-ups nicht dazu in der Lage gewesen wären, aber es ist nie vorgekommen, dass eine Besetzung zwischen zwei Platten die gleiche geblieben wäre.

Es ist ein ganz simpler Fakt: Weil unsere Band einen sehr speziellen Sound hat, ist unsere Arbeitsweise ziemlich einzigartig. Es würde nicht in jeder Band funktionieren, vermute ich; aber die anderen haben mir auch schon mitgeteilt, dass es etwas ganz anderes ist, bei BARONESS zu spielen als bei irgendeiner ihrer vorigen Bands.

BARONESS können erstmals zwei aufeinander folgende Alben mit der gleichen Besetzung einspielen

Wann immer ein neues Mitglied in die Band kam, mussten wir derjenigen Person ein bisschen zeigen, worum es bei BARONESS geht. Wenn man nur die Musik hört, könnten die Vorstellungen darüber, wie bei uns das Songwriting stattfindet, etwas missverständlich sein. Als Nick und Seb vor “Purple” in die Band kamen, wollten sie nicht ruinieren, was wir uns zehn, fünfzehn Jahre zuvor aufgebaut hatten. Ich musste den anderen also meine Vision verständlich machen und als Gina einstieg, war es im Prinzip genau so.

Aber jetzt haben wir schon einige Shows gemeinsam gespielt und ein Album zusammen gemacht, sodass nun alle zum Songwriting beitragen, weil alle verstehen, worum es bei uns wirklich geht. Jedes Mitglied hat auf diesem Album mindestens einen Song, für den es hauptsächlich verantwortlich war. Aber mit “Last Word” gibt es beispielsweise ein Stück, zu dem jedes Mitglied jeweils einen Part beisteuerte. Wir wissen mittlerweile, wie wir uns gegenseitig musikalisch unterstützen. Das ist etwas Wunderschönes.

Galerie mit 30 Bildern: Baroness - Desertfest Berlin 2022

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Quelle: John Baizley
07.10.2023

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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