Baroness
"Ich wünschte, ich wäre ein guter Gitarrist."

Interview

Du hast eben angedeutet, dass es ein künstlerisches Konzept hinter “Stone” gibt. Wie würdest du das beschreiben und warum trägt das Album erstmals nicht den Titel einer Farbe?

Der Grund dafür, dass keine Farbe im Titel steckt, ist, dass das Farbschema sechs Iterationen hat: Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau und Violett – die haben wir nun alle durch. Wir mussten uns davon auch wegbewegen.

Darüber hinaus war es für mich von zentraler Bedeutung, dass es diesmal keinen Line-up-Wechsel gab. [schmunzelt] Ich meine, ich bin seit zwanzig Jahren Teil dieser kreativen Reise und es fühlt sich an, als wären wir um die Ecke gebogen oder so. Wir schlagen das nächste Kapitel auf, ohne uns grundlegend zu verändern.

Es fühlt sich an, als hätte sich das Team gefestigt und als könnten wir mit diesem Unterbau die nächste Folge von Alben abliefern. Die Farb-Alben waren ein Zyklus, jetzt beginnt ein neuer, der wieder miteinander zusammenhängende Titel bekommen wird.

War es für dich beim Erstellen des Artworks angenehmer, die Freiheit zu genießen, sich nicht auf ein oder zwei zentrale Farben festlegen zu müssen?

Ja, ich hatte weniger strenge Richtlinien, BARONESS ästhetisch zu repräsentieren. Bei dem Titel “Stone” könnte man leicht erwarten, dass das Artwork in gedämpften, “steinigen” Tönen wäre. Das bedeutet “Stone” aber für mich nicht. Daher dachte ich, es müsste einen Faden geben, der die Platte mit den älteren Artworks verbindet, statt es komplett monochrom zu machen. Im Cover sollten sozusagen auch unsere älteren Alben repräsentiert sein. Ich wollte mit dem Artwork aber auch zwei Seiten von “Stone” deutlich machen: Eine ist sehr farbenfroh und expressiv, die andere ist eher zurückhaltend, ernsthaft und bodenständig.

Ihr habt das Album vollständig selbst produziert und es hat sogar den besten Sound eurer gesamten Diskografie. Wie muss ich mir das vorstellen? Habt ihr alle mal abwechselnd am Mischpult gesessen?

[Lacht] An irgendeinem Punkt haben wir das wirklich. Wir haben uns die Aufgaben geteilt und uns abgewechselt. Das meiste von dem Studio haben Gina und ich gebaut. Hauptsächlich wollten wir dort ja Drums und Bass einfangen und von den Gitarren eben so viel wie möglich, weil wir gleichzeitig auch die Songs geschrieben haben. Wir haben den gesamten Monat also damit verbracht, die Platte von Grund auf zu erschaffen. Den Gesang und ein paar Gitarren haben Gina und ich dann in meinem Haus, in meinem Keller oder in meinem Atelier aufgenommen.

Aufregung und Stolz

Bis Joe Barresi im Februar dieses Jahres den Mix vorgenommen hat, gab es anderthalb Jahre lang nur genau vier Menschen, die dieses Album kannten. Wir haben alles selbst gemacht, es gab keine Assistenz, kein externes Einmischen. Wir hatten einfach das Gefühl, dass wir als Band genug Erfahrung gesammelt haben, dass es außer uns keine besser geeignete Person gab, sich des Albums anzunehmen. Wir waren uns zum ersten Mal sicher, dass wir uns selbst besser als irgendjemand sonst repräsentieren konnten.

Für uns heißt das natürlich auch, dass wir uns ein Stück mehr in Richtung Unabhängigkeit und Freiheit bewegen. Je größer dieser Schritt ist, desto größer ist das Potential der Musik, denke ich zumindest. Es war ein bisschen beängstigend, weil wir jetzt kein Riesen-Studio haben. Ich habe mir viel bei Ebay, Craigslist und so weiter über Jahre hinweg gebraucht zusammengesucht. Solange wir uns aber selbst und gegenseitig vertrauten, hatten wir allen Produktions-Input, den wir brauchten.

Ihr seid bestimmt sehr aufgeregt, endlich wieder auf eine “richtige” Headliner-Tour zu gehen?

Absolut! [lacht]

Was habt ihr für Pläne?

Wir müssen wieder eine vernünftige Headliner-Tour durch die USA machen. Wir haben das … [überlegt] acht Jahre oder so nicht gemacht. Alle Tourpläne für “Gold & Grey” hätten vier Wochen, nachdem bei uns der Lockdown startete, begonnen. Für “Purple” gab es zumindest eine kleine Tour durch die Staaten, aber die meiste Arbeit haben wir sozusagen in Europa gelassen.

Wir sind bezüglich der Aussichten, die wir nun mit “Stone” haben, sehr aufgeregt. Es stellt uns das erste Mal in der jüngeren Geschichte dar und wir alle haben nun die Chance, das erste Mal einen regulären Album-Zyklus zu erleben ohne, du weißt schon, einen schweren Busunfall, wechselnde Besetzungen oder eine Pandemie.

Das Aufregendste an diesem Album ist also, neben der Tatsache, dass wir an die Musik glauben, dass wir sehen können, was im Live-Bereich für uns noch möglich sein wird. Ich hoffe, unsere Fans mögen das Album, denn ich habe bisher nur mit Journalist:innen darüber gesprochen. Ich weiß nur, dass ich beim Abspielen des Masters Erfolg verspürt habe und das Gefühl hatte, wir haben etwas Großes erschaffen. Es ist auf alle Fälle eine der größten musikalischen Unternehmungen, an denen ich je beteiligt war, weil es so vollkommen in unserer Kontrolle lag.

Konzertfoto von Baroness - Mystic Festival 2022

Leicht nervös: John Baizley

Ich bin aber auch ein wenig nervös. So viel auf dieser Platte basiert auf Spontanität und Improvisation – das müssen wir jetzt alles neu erlernen und versuchen, das Feeling zu erhalten. [lacht laut] Mann, einiges ist nämlich verdammt schwer. Dude, ich wünschte, ich wäre ein guter Gitarrist und dass es mir leicht fiele. Ich meine, Gitarre spielen fällt Gina wirklich leicht [lacht] Ich bin froh, dass ich ihr die ganzen schwierigen Parts geben kann. Früher ist mir das schwer gefallen, aber das ist ja blöd. Ich drücke mich lieber intensiver am Gesang aus und nehme die Gitarre zurück, um nicht das Gefühl zu haben, mir den Bauch zu streicheln und gleichzeitig den Kopf zu tätscheln, oder wie dieser Test geht. Die neuen Songs sind aber auch meist so, dass man sie auf ihr innerstes reduzieren und auf einer Akustikgitarre schrammeln könnte.

Auf diesem Album sind so viele authentisch erlebte Emotionen drin, dass es für mich das schlimmste wäre, wenn es mittelmäßige Reviews bekommen würde. Nehmt es auseinander oder liebt es, aber Mittelmäßigkeit wäre echt eine Enttäuschung. Davor habe ich ein wenig Angst.

Nun man kann sich einigermaßen sicher sein, dass das nicht passieren sollte. Vielen Dank für die Zeit und das sehr angenehme Gespräch, Mr. Baizley! Alles Gute für euch und die Promotion für das Album!

Danke dir auch. Wir kommen übrigens nach Europa und das heißt, dass wir definitiv wieder viele Shows in Deutschland spielen werden, schon immer so etwas wie unsere zweite Heimat. Ich möchte mich auch bei unserem deutschen Publikum bedanken, denn ich denke, sie haben uns maßgeblich dorthin gebracht, wo wir heute stehen. Ihr habt BARONESS schon immer mit offenen Armen empfangen!

Galerie mit 30 Bildern: Baroness - Desertfest Berlin 2022

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Quelle: John Baizley
07.10.2023

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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