Cryptosis
Von avantgardistischen Außenseitern

Interview

Mit der EP „The Silent Call“ habt ihr schon angedeutet, dass es erneut weiter weg von der Basis geht. Macht ihr euch Gedanken darüber, dass das für manche Fans der ersten Stunden irgendwann etwas zu viel werden könnte?

Laurens: Ich würde nicht sagen, dass wir Angst davor haben. Uns war schon klar, dass wir eventuell ein paar Fans verlieren könnten, doch für uns geht es erstmal darum, die Musik zu spielen, die wir lieben. Das ist nicht unser Full-Time-Job, sondern wir machen das nebenher, sodass wir nicht finanziell von dem Erfolg von CRYPTOSIS abhängig sind.

Frank: Es ist ja nicht so, dass wir plötzlich Thrash Metal hassen, wir wollen einfach nur ein bisschen mehr.

Habt ihr eine Vision, wie es in Zukunft weitergehen soll oder lasst ihr alles auf euch zukommen?

Frank: Wir machen einfach, was uns gerade am Besten in den Kram passt. Manchmal schreiben wir einen Song, mit dem wir sehr zufrieden sind, doch nach zwei Jahren fällt uns auf, dass er doch nirgendwo hineinpasst. Man nehme den Song „Absent Presence“ vom neuen Album. Wir hatten länger das Gefühl, dass etwas fehlt, doch für „Celestial Death“ war dieser langsame Track hervorragend. Wir hatten großen Spaß beim Schreiben und Einspielen, vielleicht werden wir demnächst auch mehr gemäßigte Stücke schreiben, wer weiß. Du kannst Kreativität nicht erzwingen. Wir werden aber nichts schreiben, was man mit 100 % Thrash Metal oder Death Metal charakterisieren kann. Das haben andere Bands schon zu Genüge getan und wir wollen gerne neue Territorien für uns entdecken.

Laurens: Wir wollen ein Album schreiben, wo jeder Song auch individuell für sich stehen kann. Wo du durchgehend sagen kannst: „Ja das sind gute Songs“. Man kennt es häufig, dass Alben zwei oder drei gute Singles mitbringen und der Rest ist Füllmaterial. Ein paar Steine und der Rest ist Zement. Das wollen wir vermeiden.

Habt ihr das mit „Celestial Death“ nicht erreicht? Ich habe schon das Gefühl, dass die Platte in sich schlüssig ist, aber für sich gesehen sind die Tracks auch absolute Killer.

Laurens: Wir wollten ein Konzeptalbum schreiben – inhaltlich, aber auch vom Sound betrachtet, sodass alles seine eigene hohe Qualität hat, aber auch für sich alleine stehen kann. Die Riffs sind von Song zu Song natürlich nicht gleich, aber wenn du das Album komplett durchhörst, dann wirst du bemerken, dass es zusammenpasst. Das ist uns glaube ich ganz gut gelungen.

Wie groß ist eure Vorfreude auf das nächste VEKTOR-Album nach deren Reunion im Jahr 2020?

Frank: Ich konnte schon in drei Songs des kommenden Albums hereinhören und ich würde sagen, die Leute sollten sich auf eine Überraschung einstellen…

Nun einmal zum inhaltlichen Thema von „Celestial Death“. Ihr zeichnet ein düsteres Abbild einer technisierten Zukunft, in der es wenig Hoffnung zu geben scheint. Wie viel Realität steckt darin?

Frank: Wir befinden uns zweifellos in düsteren Zeiten, doch das ist lediglich der Anfang. Das Zeitalter der Technologie hat vielleicht vor 20 bis 25 Jahren begonnen und wir haben bereits einen ziemlichen Prozess vollzogen, doch es wird immer weiter gehen. Stell‘ dir die Welt in 100 Jahren vor. Das, was heute mit AI geschieht ist Kinderkram. „Celestial Death“ kann der Soundtrack vom Ende einer Ära und dem Anfang einer Neuen sein.

„Vielleicht leben wir immer noch in der Matrix“

Du sprichst AI an, die auch immer mehr Einzug in unsere Musik hält. Was haltet ihr davon?

Laurens: Ich muss erstmal klarstellen, dass wir nicht pro oder gegen Technologie sind. Wir stehen dem zunächst neutral gegenüber, denn es gibt auch eine Menge hilfreiche und gute Dinge. Wir wollen aber auch die Gefahren aufzeigen und den Hörer dazu anregen, darüber nachzudenken. AI selbst erstellt eigentlich nur Variationen von Dingen, die schon längst hier sind. Das ist doch irgendwie langweilig. Warum wählst du dir nicht eines von den 100.000 Alben aus, die es bereits gibt, sondern hörst dir stattdessen eine neue Variation dessen durch AI an? Das ist im Prinzip das Gleiche, nur mit einem leichten Twist.

Frank: AI ist etwas für faule Menschen. Es ist so einfach, irgendwas in ChatGPT einzugeben und dann Inhalt dazu zu erhalten. Warum steckt man nicht etwas mehr Hirnschmalz in die ganze Sache oder gibt den Auftrag an einen Künstler weiter, der seine Sicht illustrieren kann?

Laurens: Dazu gibt es dort draußen so viele Bands, die nach SLAYER, DISMEMBER oder ENTOMBED klingen. In der Sache an sich ist das schon ziemlich cool, aber das ist nichts Neues. Alles war schon da. Das hat uns auch dazu inspiriert, für unsere Musik mehr zu wollen. Das ist sicherlich der schwerere Weg.

Als ich vor 20 Jahren ein Teenager war, habe ich eine bestimmte Vorstellung davon gehabt, wie die Welt von Heute aussehen könnte. Irgendwie ist nichts davon eingetreten. Geht euch das ähnlich?

Frank: Ich bin mit Kassetten aufgewachsen und heute kannst du einfach irgendwas in dein Gerät eingeben und erhältst eine fotorealistische Grafik. Es hat sich schon unglaublich viel verändert.

Laurens: Ich habe auf fliegende Autos gehofft, war wohl nix. Scheisse.

Frank: …oder etwas, dass komplett meine Wäsche macht oder das Geschirr spült. Wenn man darüber nachdenkt, wie sich Menschen schon früher die Zukunft vorgestellt haben, dann sind sie oft mit verrücktem Quatsch dahergekommen und nichts davon wurde zur Realität. Ich habe heute Mittag ein Gespräch mit einem freien Grafikdesigner gehabt, der mir die Frage stellte, wie man sich die Arbeit wohl in zehn Jahren vorstellen könne. Checkst du dann nur einmal am Tag, ob AI alle Vorgaben nach deiner Zufriedenheit umgesetzt hat und den Rest hast du frei? Oder es kommt einfach ganz anders.

Laurens: Denk doch mal an „Zurück in die Zukunft“ und wie sich die Menschen dort unsere heutige Gegenwart vorgestellt haben. Nichts stimmt. Ich habe auch gerne Dinge wie Star Wars und Star Trek geschaut, das bleibt eben alles erstmal Fiktion.

Wohl wahr. Wir leben noch immer nicht irgendwo in der Galaxis abseits unserer Erde.

Laurens: Nein, wir leben immer noch in der Matrix. Vielleicht.

Galerie mit 22 Bildern: Cryptosis - The Focus Of A Valediction Tour 2024 in Berlin

Seiten in diesem Artikel

12
Quelle: Zoom-Interview mit Laurens und Frank
28.02.2025

Interessante Alben finden

Auf der Suche nach neuer Mucke? Durchsuche unser Review-Archiv mit aktuell 38104 Reviews und lass Dich inspirieren!

Nach Wertung filtern ▼︎
Punkten
Nach Genres filtern ►︎
  • Black Metal
  • Death Metal
  • Doom Metal
  • Gothic / Darkwave
  • Gothic Metal / Mittelalter
  • Hardcore / Grindcore
  • Heavy Metal
  • Industrial / Electronic
  • Modern Metal
  • Off Topic
  • Pagan / Viking Metal
  • Post-Rock/Metal
  • Progressive Rock/Metal
  • Punk
  • Rock
  • Sonstige
  • Thrash Metal

Kommentare