Hatebreed
Hatebreed

Interview

Eigentlich war ein Interview mit Slipknot vor dem Auftritt der Unholy Alliance Tour in der Düsseldorfer Philipshalle geplant. Da das Management der Band immer für Überraschungen gut ist, wurde die Gesprächsrunde zwei Tage vorher ohne Grund abgesagt. In letzter Minute habe ich mich dann noch mit Hatebreed, der Hardcore Vorzeigeband der heutigen Zeit, treffen können. Aber auch hier eine Überraschung: Als ich in den Umkleideraum der Band eintrat, war da nicht Shouter Jamey Jasta anzutreffen, sondern Gitarrist Sean Martin. Jamey hatte bis 16 Uhr gepennt und wurde von seinem Tourmanager in die Altstadt zum Frischluft schnappen geschickt…

HatebreedWie geht’s dir Sean?

Großartig! Und dir?

Danke, wunderbar! Direkt mal die erste Frage: Was ist eigentlich beim Gig in München am Montag passiert?

Mit Slayer? Ich glaube, Tom hat seine Stimme verloren. Das ist alles. Er ist zurück, ihm geht’s gut soweit. Gestern Abend war eine gute Show für ihn.

Gerade Jamey belastet seine Stimme doch stark während der Konzerte. Ist ihm so was schon mal passiert?

Gott sei Dank, nein (klopft auf den Holztisch).

Das ist doch eigentlich ziemlich erstaunlich…

Und ob, der schreit verdammt viel rum (lacht).

Vielen Leute haben sich beschwert, dass eine Band wie Slayer, mit der Erfahrung, die Situation hätte souveräner meistern können, anstatt einfach von der Bühne zu gehen…

Ich denke schon, aber ich bin’s ja nicht, ich bin nicht Slayer.

Aber du bist ein großer Fan von Slayer.

Ja, ganz bestimmt.

Und, wenn du als Fan in der Menschenmenge stehen würdest und sähst, dass deine Band nach sieben, acht Liedern verschwindet…

Das waren schon mehr (lacht). Wir sollten den Auftritt nicht zu sehr kürzen. Aber wie auch immer, er hat seine Stimme verloren, er konnte nicht singen. Deshalb wüsste ich nicht, wie ich es handhaben würde.

Ursprünglich war auch ein Interview mit Slipknot geplant. Ich musste ein Einverständnis abgeben, dass ich sie dabei auf keinen Fall fotografieren darf – da ohne Masken (Sean lacht). Kann Musik ohne Image existieren?

Ja schon, natürlich kann sie das.

Und was denkst du über diese Masken Geschichte?

Es ist cool. Ich würde keine tragen wollen, aber es ist cool.

Teile der Metalmusikwelt behaupten, sie würden auf Image etc. scheißen. Ist das nicht auch eine Art Image, was sie sich angelegt haben?

Ich denke, äh, ja Mann, ja (lacht). Aber offensichtlich sind wir keine „Imageband“, daher betrifft die Frage uns nicht. Ich mein, wir tragen schon T-Shirts (lacht).

Auf der aktuellen US Tour von Soulfly und Ill Nino gab es eine Schlägerei zwischen Bandmitgliedern. Seit ihr schon mal in eine ähnlich angespannte Situation auf Tour gekommen?

Nein, nie… (Corey Taylor, der Sänger von Slipknot, schreit sich gerade auf dem Flur die Lunge aus dem Leib, wir verstehen unser eigenes Wort nicht mehr). Hatebreed kommt mit anderen Bands, mit allen aus. Aber ich krieg über andere Sachen nicht soviel mit. Ich meine, wir sind immer auf Tour.

Bist du Müde?

Nein, geht schon, Ich meine nur, dass ich nicht soviel Mitkriege außerhalb meiner Welt, der Tour und alles drum herum.

Wieso glaubst du, ist Metalcore so populär im Moment? Wo wäre es ohne Bands wie Hatebreed?

Oh, das weiß ich nicht (Corey Taylor lässt endgültig die Scheiben im Flur zerplatzen). Ich glaube es war schon vorher populär, Leute habe es sich gerne angehört. Es gab schon Bands vor uns, die so was gemacht haben. Wenn man über Metalcore spricht, also Hardcore, Metal, Crossover, die ganzen Sachen, da gab es z.B. D.R.I. oder Crumsuckers, also immer schon Bands, die die Genres gekreuzt haben. Wir haben uns die Sachen aufgepickt und ein wenig weiterentwickelt. (überlegt) Ich glaube, die Leute sind hungrig nach etwas härterer Musik. Sogar die Musik im Radio und allgemein ist härter geworden. Die Kinder wachsen damit auf und in der nächsten Generation wird es dann noch mehr akzeptiert.

Glaubst du, dass es mit jeder Generation härter wird?

Ja, sogar Evanescence sind heavy und die haben richtige Nummer Eins Hits. Sie sind Metal beeinflusst und trotzdem deutlich mehr akzeptiert. Mal sehen, was die Zeit so mitbringt, aber in 10 Jahren könnte es sogar noch härter werden. Auf der anderen Seite ist Metalcore eine gute Sache für Kids Musik zu hören, die heavy und brutal ist und sie damit ihre Wut und Sorgen ausdrücken und auf die Kacken hauen können.

Gibt’s Tage, wo du denkst: Wieso ich, wieso Hatebreed?

Wir arbeiten hart und touren andauernd. Das Leben ist schön, weißt du. Ich meine, ich bin kein Millionär, ich spiele nur meine Gitarre, wir haben jede Nacht unseres Lebens gespielt. Die Scheiße läuft echt gut, wir arbeiten halt hart dran.

Wem dankst du dafür?

Uns (lacht). Und natürlich auch den Fans und so. Wir touren halt konstant durch. Den Leute, die uns unterstützt haben und immer noch unterstützen und uns immer zur Seite gestanden haben während wir wuchsen und hoffentlich noch weiter wachsen. Und, dass sie uns schätzen, ob wir nun in Arenen oder Kellergeschossen von irgendwem spielen, weil wir es einfach lieben und machen müssen.

Metalcore ist ein ziemlich weitgefasster Begriff, von – sagen wir mal – Killswitch Engage bis zu Hatebreed. Findest du es nervig, dass im Moment so viele Bands in diese Richtung stoßen, wie es speziell in den Neunzigern beim New Metal Trend der Fall war?

Ich weiß es nicht, ich habe es bis jetzt noch nicht von dieser Seite betrachtet, aber ja. Ich mein, ich kann es nicht aufhalten, wenn es so passiert, ist cool.

Ist es sogar besser für den Metal?

Keine Ahnung. Ich weiß nicht, was gut oder schlecht für Metal ist, weißt du (lacht). Ich bin kein Richter was das angeht.

Ich bin der Meinung, dass die Live Qualität einer Band ihr ungefiltertes Können offen legt. Auf was achtet ihr besonders, wenn ihr für Konzerte probt oder auf der Bühne steht, um daraus einen richtig guten Auftritt werden zu lassen?

Ich achte auf nichts. Ich gehe einfach raus und drehe durch. Wir gehen sicher, dass wir tight sind, wir gehen sicher, dass wir voll da sind und richtig gut spielen. Wir touren so viel, dass wir gar nicht proben brauchen. Wir spielen jeden Abend, kommen nie nach Hause. Wir spielen sieben Tage die Woche. Wir gehen raus, geben 100 Prozent und jeden Funken an Energie, den wir haben, um den Leuten die Show zu bieten, die es wirklich wert ist. Das ist es. Was das Proben und Musizieren angeht: Wir spielen einfach. Wir geben den Leuten die Power, die sie uns vermitteln. Wir haben eine richtig tolle Zeit auf der Bühne, das ist wichtig.

Beobachtest du die Leute von der Bühne aus oder bist du eher auf das Spielen konzentriert?

Ich beobachte, definitiv.

Siehst du Unterschiede in den verschiedenen Ländern?

Äh, nein, nicht wirklich. Eigentlich drehen alle am Rad (lacht).

Wir haben diese Diskussionen in Deutschland über Hardcore Moves wie Violent Dance etc. Ist es normal ein Konzert mit gebrochener Nase oder blutunterlaufenem Auge zu verlassen?

Das ist Hardcore, das ist Tanzen, so wie es immer war und immer sein wird. Es gibt keinen Grund das zu diskutieren. Man geht einfach auf die Show und stellt fest, dass es brutal und gefährlich ist. Genau das ist Hardcore: Es drückt Aggressionen und Hass aus, lässt die Leute ihre Anspannungen loswerden, wie es eben immer schon war. Ich beschwere mich da nicht. Ich habe mir schon mehrere Male die Nase gebrochen bei Hunderten von Shows als Kind, aber es ist alles OK. Ich bin schon der Meinung, dass jeder das Recht darauf hat die Show zu genießen, aber einem muss klar sein, dass, wenn er nach vorne geht auch getroffen wird. So simple ist es.

Anderes Thema: Gibt’s irgendwelche Pläne für ein neues Album?

Jaja, immer. Ungefähr im Sommer wird wohl mit einem neuen Album zu rechnen sein. Im Moment hat die Tour zu „The Rise Of Brutality“ die Hauptpriorität. Wir müssen das Album noch ein bisschen mehr an den Mann bringen, Spaß damit haben und noch einen Haufen an Shows machen. Danach machen wir eine Pause und nehmen das neue Album auf.

Habt ihr die Gelegenheit auf der Tour Lieder zu schreiben?

Wir kommen immer irgendwie zusammen. Jeder hat was in der Hinterhand, wir jammen, ich spiele immer Gitarre und probiere Riffe aus.

Das Motto für eure Alben könnte lauten: Never change a winning team. Was ist, wenn das Team eines Tages alt wird oder verbraucht wirkt?

Das ist unsere Formel. Wir versuchen nicht… wir sind Hatebreed, eine Hardcore Band aus Connecticut. Wir machen das, was wir machen, und das so gut, wie wir können. Die Riffs werden härter, die Alben werden auf jeden Fall härter. Wir halten es gerne simple und kurz (lacht). Also, man sieht schon einen progressiven Anstieg bei jedem Album, aber wir versuchen uns nicht jedes Mal neu zu erfinden. Wir wissen, was wir mögen, wissen, was die Leute wollen. Wir legen es nicht drauf an, irgendwen zu enttäuschen. Wir möchten nur kontinuierlich gute, brutale und harte Alben schreiben.

Das ist gut zu hören!

Ja, hoffentlich, wenn die Leute es wollen, werden wir eine gute Carriere haben, in der sie uns wegen unserer Brutalität in Erinnerung halten und nicht sagen: Ja, aber dann haben die dieses Album gemacht. Sie sollen zumindest sagen: Die sind alle sau heavy! Wir werden uns nicht in irgendeine andere Richtung entwickeln.

Würde also keiner eine Ballade von Hatebreed erwarten müssen?

Ich glaube nicht! Es wäre, glaube ich, auch keiner fähig eine zu singen (lacht).

Hast du manchmal Angst, dass dir die Ideen ausgehen würden?

Nein, darüber kann ich mich nicht beklagen. Ich mach es einfach. Wenn man darüber nachdenkt, dann kommt auch was.

Habt ihr jemanden in der Band, der besonders kreativ ist?

Jamey (Sänger der Band, Anm. d. Verf.) ist es wohl, wenn es um die Ideen zu den Songs geht. Er hat gute Ideen zu Riffs und schreibt alle Texte. Er ist dafür verantwortlich, wie die Lieder im Kopf sich dann auch wirklich auf der Platte anhören. Wir alle helfen mit, aber Jamey gibt uns seine Vision vor.

„Perseverance” war härter als „Satisfaction Is The Death Of Desire“ und „The Rise Of Brutality“ ist härter als „Perseverance“. Wie wird das nächste Album?

Aber Hallo. Wie ich schon sagte, die Hauptsache ist, es wird immer härter.

Diese Frage war ursprünglich für Jamey gedacht, aber vielleicht kannst du sie auch beantworten: Eure Lyrics sind immer straight to your face. Gibt es irgendwelche Themen in den Texten, die für euch tabu sind?

Ich bin mir nicht sicher. Das wäre wohl wirklich eine Frage für ihn, da er ja die Texte schreibt. Es gibt bestimmt Sachen, über die er nicht singen würde, aber das ist eine Frage für ihn.

Die Band sagt, dass es immer positive und negative Dinge im Leben gibt. Würde Hatebreed mit hauptsächlich positiven Songs auch funktionieren?

Eigentlich denke ich, dass die meisten unserer Songs positiv sind. Wir sagen nichts negatives, wir greifen Themen auf und schlagen vor, wie man damit umgehen könnte. Wir sind eher ein positiver Ausblick in einer negativen Welt. Die Musik kommt eben so hart rüber, dass man denken könnte, wir wären negativ aber das sind wir nicht. Die Band ist positiv.

Wärst du aggressiver ohne deine Musik?

Ja, bestimmt. Es ist ein gutes Ablassventil. Jeder in der Band ist… (eine ganze Meute an Musikern stürmt in den Raum)… was geht? Ich mache gerade ein Interview! (Auf Knopfdruck rennt die Meute wieder raus)

Äh, OK, ich mach einfach mal weiter: Wirst du im November wählen gehen?

Ich weiß nicht, mal sehen. Persönlich… keine Ahnung. Ich hab es nicht so mit Politik.

Du bist so oft im Ausland. Berührt dich die Politik deines Landes überhaupt?

Natürlich betrifft sie mich, ich bin amerikanischer Staatsbürger. Ich bin nur der Meinung, dass es keinen gibt, für den es sich Lohnt, die Stimme abzugeben. Und, wenn ich jemanden wählen würde, käme der eh nicht an die Macht. Ich existiere einfach, für meine Freunde und meine Familie, für meine Musik. Ich gebe einen Scheißdreck auf Politik oder Wählen und die scheißen auf mich, wie auch immer (lacht).

Was können wir für heute Abend erwarten?

Eine brutale Show! Slipknot und Slayer werden heavy wie die Hölle! Wir werden ca. eine halbe Stunde spielen, Slipknot für eine Stunde und Slayer wird dann den tödlichen Stoß ansetzen. Es ist wie eine Schlagkombination, links, rechts, Aufwärtshacken. Das wird eine gute Show.

Letzte Frage: Glaubst du, dass du irgendwann so beschäftig sein wirst, dass du nicht mehr die Zeit hast, dich um deine Fans so zu kümmern, wie du gerne würdest?

Nein, das denke ich nicht, wir sind zugänglich, immer in der Gegend, physisch anfassbar. Ich persönlich werde immer da sein, Autogramme verteilen, mich zeigen und mit den Leuten quatschen. Wir kommen aus einer Hardcore Welt, da gibt es keine besseren oder schlechteren. Und das versuche ich mitzunehmen in das, was wir machen. Aber es ist schwieriger geworden, da wir auch in größeren Arenen spielen, und du kannst bei 10.000 Menschen nur 150 Leuten nahe sein. Aber wir sind umgänglich: Wann immer du einen von uns siehst und du uns sprechen willst, komm und sag einfach Hi! Wir hängen auch immer im Publikum ab und schauen uns die restliche Show an. Es ist egal, wie groß wir werden, wenn wir es denn werden, wir werden immer da sein.

Fühlst du dich also nicht so wohl in großen Arenen?

Es ist schon ein wenig komisch. Ich freue mich über jeden Ort, wo wir eine gute Show liefern können und fühle mich auch wohl. Wir gehen einfach raus und killen! Aber es stimmt schon, dass ich mich vom Hardcore Standpunkt aus betrachtet in kleineren Clubs wohler fühle, mit Freunden und ähnlichen Bands, wie zu Hause eben. Aber dieses hier (Philipshalle in Düsseldorf, Anm. d. Verf.) ist auch toll, ich würde es nicht ablehnen (lacht).

Wunderbar! Hast du letzte Worte an die Fans in Deutschland?

Danke für alles, für eure Unterstützung und checkt „The Rise Of Brutality“ aus, wenn ihr es nicht schon habt oder andere Alben, wenn ihr neu dabei. Vielen Dank!

Galerie mit 21 Bildern: Hatebreed - Summer Breeze Open Air 2023
04.10.2004

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