Stonegard
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Interview

Die Norweger STONEGARD haben mit ihrem zweiten Album "From Dusk Till Doom" einen originellen Stilmix aus Death Metal, akternativer Rockmusik, eingängigen Melodien und Hardcore-Shouts abgeliefert. In ihrer Heimat sind sie bereits weit mehr als ein hochkarätiger Geheimtipp und auch der Rest Europas beginnt damit, die Lauscher in Richtung des Quartetts aufzustellen. Grund genug für ein Interview mit Bassist Håvard Gjerde, der es kaum noch erwarten kann, Anfang November im Vorprogramm von ENSLAVED den Kontinent zu erobern.

StonegardHallo Håvard. Alles klar bei dir?

Moment, ich hole noch kurz etwas zu trinken. Man braucht etwas Wasser, wenn man viel reden muss. (lacht)

Ich habe euer zweites Album „From Dusk Till Doom“ gehört, weiß sonst aber noch nicht viel über euch als Band. Kannst du mir und unseren Lesern einen kurzen Einblick in eure Bandgeschichte geben?

Das Ganze hat damit angefangen, dass die drei anderen Bandmitglieder (Torgrim Torve, Ronny Flissundet und Erlend Gjerde – Anm. d. Red.) zusammen auf eine Art Musik-High-School gingen, die damals die einzige Rock’n’Roll-Ausbildungsstätte in Norwegen war. Dort spielten sie gemeinsam in einer Band namens ENDORPHIN. Obwohl das sehr vielversprechend klang, ging nach dem gemeinsamen Jahr an der Schule jeder seinen Weg und die Band löste sich auf. Einige Jahre später startete der Sänger (Torgrim Torve – Anm. d. Red.) sein Projekt STONEGARD mit einigen Freunden, das vielleicht ein oder zwei Monate Bestand hatte. Ein halbes Jahr später, im Jahr 2000, haben dann ich und mein Bruder, der Drummer (Erlend Gjerde – Anm. d. Red.), mit dem Sänger und einem anderen Gitarristen die neuen STONEGARD gegründet.
Wir haben im Grunde als Stoner-Rock-Band angefangen, wie man auf den Demos von der Bonus-Disk unseres neuen Albums hören kann. Inspiriert haben uns dabei vor allem KYUSS, ENTOMBED und ähnliche Bands. Wir spielten ein Jahr lang mit diesem Gitarristen zusammen, bevor wir uns trennten, weil wir in eine andere musikalische Richtung gehen wollten als er. Also haben wir uns einen neuen Leadgitarristen gesucht, der mehr Blues-orientiert und großartig an der Slide-Gitarre war. Mit ihm spielten wir einige Jahre lang zusammen, aber er wollte eher bluesige Sachen spielen, während wir mehr in die Metal-Richtung gehen wollten. Also haben wir uns auch von ihm getrennt.
Wir haben dann mit einigen anderen Gitarristen gearbeitet, bevor wir wieder auf Ronny (Flissundet – Anm. d. Red.) kamen, der ja damals auch in dieser High-School-Band mit den anderen zusammenspielte. Nachdem er zu uns gestoßen war, fanden wir endlich die richtige musikalische Kombination, die für uns funktionierte. Etwa ein halbes Jahr später bekamen wir dann einen Plattenvertrag. Das war eine Woche bevor wir ins Studio gingen, denn wir hatten bereits ein Studio gebucht und waren darauf eingestellt, einen Kredit aufzunehmen, nur um unsere CD aufzunehmen. Wir hatten ein Angebot von Daniel Bergstrand, der ja bekanntermaßen ein verdammt guter Produzent ist, und diese Chance wollten wir uns nicht entgehen lassen.
Das erste Album bekam großartige Reviews in Norwegen. Wir wurden für den „Spellemannprisen“ nominiert, quasi den norwegischen Grammy. Über Nacht wurden wir so ziemlich bekannt in Norwegen. Seitdem haben wir uns eine Fanbasis in Norwegen aufgebaut, aber wir haben die anderen europäischen Länder ein wenig vernachlässigt. Jetzt sind wir zu Indie Recordings gewechselt, die einen stärkeren Fokus auf Metal legen als unser altes Label, das insgesamt eine deutlich kommerziellere Einstellung an den Tag legte. So haben wir jetzt die Chance, auch im Ausland aktiv zu sein. Wir waren viel auf Tour, haben um die dreihundert Konzerte in Norwegen alleine gespielt, dazu noch einige Shows in Schweden und Finnland, die auch gut liefen. Jetzt ist es Zeit, dass wir uns mehr dem restlichen Kontinent widmen.

Du hast vorhin KYUSS erwähnt, die man aus eurem Sound aber nicht mehr stark heraushört. Welche Bands zählen heute zu euren wichtigsten Einflüssen?

Es gibt einige Bands, die alle Bandmitglieder mögen. Wir sind alle beispielsweise große Fans von TOOL und ENTOMBED. Die anderen Jungs stehen auch tierisch auf OPETH. Letztendlich hören wir aber alles von den BEATLES bis hin zu IMMORTAL. Wir versuchen, Einflüsse von allen diesen großartigen Bands zuzulassen. In einigen Songs wollen wir viele melodischen und leichten Parts haben, aber wir wollen an anderen Stellen auch richtige Death-Metal-Parts haben. All das wollen wir auf eine neue Weise verbinden. Zumindest klingt es in unseren Ohren neu. (lacht)

Ihr klingt definitiv frisch und unverbraucht. Euer Sound hat eine einzigartige Note, die hoffen lässt, dass ihr in Zukunft Erfolg damit haben könnt.

Dankeschön. Das ist genau das, was wir stets versuchen. Wir haben auch das Gefühl, dass wir eine eigene Ausdrucksweise entwickelt und nicht wie irgendeine andere Band klingen. Einige Leute sagen, dass zumindest unser erstes Album ein wenig nach METALLICA klingt.

…was ja auch nicht die schlechteste Referenz ist.

Ja, so lange es sich auf die alten Sache bezieht. (lacht) Ich weiß es aber nicht. Wir nehmen uns nicht vor, eine bestimmte Art von Musik zu machen, sondern kommen im Probenraum zusammen, jammen und schauen, was dabei herauskommt. Und wenn das Ergebnis allen gefällt, dann übernehmen wir das, egal welchem Genre das entspricht. Deswegen haben wir einige richtig harte Passagen, während andere eher sanft sind. Wir wollen einfach das spielen, was sich für uns richtig anfühlt und andere Leute können sich dann ihre eigene Meinung darüber bilden. Wir machen diese Musik für uns selbst und hoffen zwar, dass sie den Leuten gefällt, aber wir wollen keine Kompromisse eingehen, um mehr Fans anzusprechen. So denken wir einfach nicht.

Angesichts eures Albumtitels dachte ich zunächst, eure Musik würde stärker in Richtung Doom gehen. Aber unterm Strich spielt ihr doch eine ganze Ecke zu schnell, um als Doom durchzugehen…

„From Dusk Till Doom“ ist einfach nur ein Wortspiel, es klang einfach spaßig. Da steckt keine tiefere Bedeutung dahinter, wir fanden nur, es wäre ein guter Titel.

In eurer Heimat ist das Album ja bereits um einiges früher erschienen.

Das Album haben wir schon vor einiger Zeit gemacht, aber uns hat die Produktion nicht so richtig zufriedengestellt. Deswegen wollten wir dem Album eine Art „Facelifting“ verpassen, bevor wir es in ganz Europa veröffentlichen. Am Ende klang das Album ganz anders als in der alten Version. Aber im Internet kann man die andere Version noch finden, wo die Gitarren und die Drums noch ganz anders klingen.

Arbeitet ihr auch schon an neuem Material?

Ja, ich war gestern erst im Studio, um Sachen für das neue Album aufzunehmen. Wir haben einen Veröffentlichungstermin für Mai nächsten Jahres ins Auge gefasst, aber man weiß natürlich nie so genau, wie lange es wirklich dauert.

In Norwegen seid ihr ja offensichtlich schon recht berühmt.

Aber nur in der Metal-Szene. Da sind wir einigermaßen „berühmt“ – aber ich hasse dieses Wort eigentlich.

Wie groß ist die Metal-Szene in Norwegen überhaupt? Man hört zwar hierzulande immer viel vom „True Norwegian Black Metal“, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die Anhänger dieser Szene sich für eure Musik begeistern können. Gibt es daneben auch noch so etwas wie eine „Mainstream-Metal-Szene“?

Naja, der „Mainstream-Metal“ in Norwegen ist sehr klein. Da gibt es AUDREY HORNE, uns und eine Band namens EL CACO – und dann hört es praktisch schon auf. Es gibt da noch eine Menge Bands, die noch nicht so viel Aufmerksamkeit erregen konnten wie wir. Da sind auch richtig gute Bands dabei, aber von Seiten der internationalen Presse scheint nur ein Interesse an Norwegen wegen der Black-Metal-Bands zu bestehen. Wir wollen aber auf diesen Zug nicht aufspringen. Und du hast schon recht, die Black-Metal-Fans scheinen nicht sonderlich viel Interesse an uns zu haben.

Du hast bereits erwähnt, dass ihr schon viel in Norwegen gespielt habt. Nun schickt ihr euch an, mit ENSLAVED den Rest des Kontinents zu erobern.

Hoffentlich! (lacht) Ein paar von den AUDREY-HORNE-Jungs spielen auch bei ENSLAVED, so sind wir mit ihnen in Kontakt gekommen und haben sie recht gut kennengelernt. Wir haben sie dann gefragt, ob wir mit ihnen auf Tour gehen können, und sie haben zugesagt. Auf den ersten Blick mag die Kombination vielleicht ungewöhnlich erscheinen. Wenn man sich aber ihr letztes Album anhört, klingt das für mich nicht mehr sehr nach Black Metal. Aber die Leute denken wohl beim Namen ENSLAVED immer an eine Black-Metal-Band, auch wenn ich sie für nicht ganz so „Black“ halte. Ich bin nicht derjenige in der Band, der sich um die ganzen Deals und alles kümmert, also kenne ich die ganzen Formalitäten nicht so genau. Offensichtlich wollen sie uns aber mit auf ihrer Tour dabeihaben und das freut uns natürlich sehr.

Wie schaut die Situation für Newcomer-Bands in Norwegen aus? Ist der Einstieg in die Musik-Szene bei euch eher leicht oder schwer?

Wir haben hier eine Menge verschiedener Einrichtungen, die einem helfen. Da gibt es ein online-Projekt namens „Urørt“, was soviel wie „unberührt“ bedeutet, wo alle möglichen Underground-Bands ihre Musik verbreiten können. Das ist ein wenig wie „MySpace“ für norwegische Garagen-Bands ohne Plattenvertrag. Die Bands, die dort die meiste Aufmerksamkeit bekommen, dürfen auf einem der größten Festivals Norwegens auftreten. Da es schon einige Jahre her ist, dass ich selbst an einer Bandgründung beteiligt war, weiß ich nicht so genau, wie die Situation heute ist. Probenräume sind eigentlich immer knapp. Unterm Strich glaube ich, dass die Startchancen für junge Bands hier nicht schlecht sind, aber natürlich könnten sie immer besser sein.

Mit den Möglichkeiten des Internets, insbesondere „MySpace“ dürftet ihr aber recht gute Erfahrungen gemacht haben, oder?

Ich selbst nutze das nicht so sehr, ich verbringe nicht viel Zeit mit diesem ganzen Internet-Zeugs. Aber vor allem unser Drummer und unser Gitarrist sind da sehr aktiv und entdecken ständig neue Sachen. Aber „MySpace“ ist vermutlich eines der besten Dinge, die der Musik seit langem passiert sind. Es ist so einfach, neue Bands anzuchecken. Man bekommt eine Mail von einem Kumpel, sich das mal anzuhören und kann sich sofort eine Meinung darüber bilden, ohne erst alle Plattenladen Europas zu durchforsten, um das zu finden, was man sucht.

Siehst du auf der anderen Seite auch die Gefahr, dass in der Musikszene durch die neuen technologischen Möglichkeiten etwas von dem besonderen Spirit verlorengeht?

Das ist schwer zu sagen. Auf der einen Seite ist es für eine Band schwieriger, groß zu werden, weil so viele Hunde denselben Knochen jagen. Es ist heutzutage leichter, in dem großen Angebot zu ertrinken. Die Leute bekommen so viele musikalische Eindrücke, dass keiner davon lange anhalten kann. Es gibt immer etwas Neues und die Medien sind auf der Jagd nach dem „Next Big Thing“. Sie kümmern sich nicht sonderlich darum, eine Band am Leben zu halten. Wenn sie etwas interessantes gefunden haben, wird es einige Monate lang völlig übertrieben gehypt. Wenn eine Band dann nichts Herausragendes liefert, dann versinkt sie langsam wieder in der Vergessenheit. Und da die Medien schon wieder auf der Suche nach dem nächsten Hype sind, scheint es manchmal, als müsse man etwas im negativen Sinne absolut Herausragendes tun, um die Aufmerksamkeit zu bekommen, die man verdient.

Wollen wir hoffen, dass euch nicht dasselbe Schicksal blüht. Ich nehme an, du freust du dich schon auf die Europa-Torunee mit ENSLAVED. Gibt es Sachen, die du auf Tour vermissen wirst, wie beispielsweise deine Familie und Freunde?

Ich habe keine Freunde. (lacht) Nein, das war nur ein Scherz. Natürlich wird irgendwann der Punkt kommen, wo man Heimweh bekommt. Es ist bei weitem die längste Tour, die wir je gemacht haben. Ich weiß noch nicht so recht, was da auf uns zukommt. Aber sieben Wochen lang mit denselben Leuten im selben Bus unterwegs zu sein – das wird definitiv interessant werden.

Garantiert. Gibt es noch irgendetwas, was du deinen Fans – oder zukünftigen Fans – hier in Deutschland sagen möchtest?

Kommt einfach zu unseren Shows! Ich bin mir sicher, dass wir eine Höllen-Live-Performance abliefern werden. Wir haben das schon oft gemacht und lieben es einfach. Ich denke, unsere Live-Performance ist unsere stärkste Seite, deswegen glaube ich nicht, dass jemand von unseren Shows enttäuscht sein wird. Und wer uns noch nicht gehört hat, sollte definitiv die Chance nutzen und uns mal anchecken.

Alles klar, dann bedanke ich mich für das Gespräch und wünsche dir und deinen Bandkollegen noch alles Gute für die Zukunft!

Live erleben könnt ihr STONEGARD übrigens auch im Rahmen der Berliner „Popkomm“ auf der „Indie-Recordings-Label-Night“ am 09. Oktober im Berliner Club K17. Weitere Informationen dazu findet ihr unter diesem Link.

22.09.2008

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