Victimizer
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Interview

Wer denkt, dass GOD DETHRONED den Inbegriff der Tulpenschlächterei darstellen, sollte sich erstmal VICTIMZER zu Gemüte führen, die seit Mitte der Neunziger sämtlichen Goudas die Löcher aus den Laiben bolzen. Und beim Thema Bolzen hat ein Holländer naturgemäß eine ganz bestimmte Vorstellung, wer als Sieger ein Bolzturnier zu verlassen hat… aber lesen Sie selbst, was uns Andrew, der Klampfer des Todesblei-Wohnwagen-Kommandos, über Fußball, deutsche Metal-Fans, die Band selbst, diverse Besetzungswechsel und die niederländische Szene zu berichten weiß!

VictimizerHerzliche Grüße aus Deutschland! Zunächst mal darf ich euch als ein Vertreter der aufgeschlossenen Death-Metal-Fraktion großen Dank für euren neuesten Output aussprechen. Dieser stellt fürwahr einen Lichtblick in der schieren Masse der Todesblei-Veröffentlichungen dar.
Tatsächlich ist es so, dass VICTIMIZER einen eindeutigen Beweis abliefern, dass nicht nur GOD DETHRONED in den Niederlanden in der Lage sind, echten First-Class-Death abzuliefern. Um ganz ehrlich zu sein – aber bildet euch bitte nicht allzu viel darauf ein – habt ihr euren Mitbewerber mit “Tales Of Loss And New Found Serenity“ zermalmt. Unzweifelhaft ist “Under The Sign Of The Iron Cross“ ein starkes Album geworden, aber ihr Jungs kommt mit etwas deutlich Feingliedrigerem und Frischerem daher. Und obwohl ihr zu keiner Sekunde eure Todesmetall-Wurzeln verleugnet, zeugt das neue Album von Bedachtsamkeit und beweist, dass ihr ein großes Talent darin besitzt, gleichermaßen interessante wie nachhaltige Songs zu schreiben.
Wie siehst du das neue Album? Inwieweit bist du zufrieden?

Hallo! Vielen Dank für das Riesenkompliment.
Mit GOD DETHRONED verglichen zu werden ist in der Tat eine Ehre; ich persönlich denke, dass “Under The Sign Of The Iron Cross“ der beste holländische Output zur Zeit ist.
“Tales Of Loss…“ ist ein starker Release und wir hören uns damit wie keine andere holländische Band an. Wir haben an uns selbst hohe Anforderungen gestellt und dabei erreicht, was wir wollten. Wenn man von den bisherigen Rückmeldungen ausgeht, denken anscheinend auch andere Leute, dass wir einen guten Job gemacht haben.

Denkst du, dass es eure stärkste Platte bis jetzt ist?

Es ist allerdings unsere beste Platte. Ich denke, es liegt schon ein großer Unterschied zwischen “Tales“, dem letzten Longplayer und der EP. Wir sind sowohl als Musiker als auch als Songwriter gereift und natürlich ist es auch nicht verkehrt, den Mix und das Mastering von einem Dan Swanö erledigen zu lassen.

In meinem Review habe ich Niels als talentierten und beeindruckenden Death-Metal-Shouter beschrieben. Er ist wirklich in nem Keller groß geworden, oder? Scherz beiseite: euer Frontmann ist zumindest für meine Ohren u.a. neben euren Thrash-basierten Riffs eine eurer Stärken; ihr müsst stolz auf ihn sein:…

Ja, die Anmerkung im Review war in der Tat sehr lustig. Hahaha. Niels hat sich in den letzten zwei Jahren als Sänger eben sehr entwickelt und seine Stimme verfügt über eine Menge Kraft und Ausdruck. Auf der Bühne ist er zudem höchst aktiv, so dass wir ihn ständig bremsen müssen.

Verbunden mit der letzten Frage: Euer Schlagwerker Romeo ist eindeutig einer dieser Typen, die einfach zu oft zu scharf essen. Er ist zweifelsohne eine Bestie, aber für mein Dafürhalten übertreibt er es ein wenig mit den Blasts. Könnt ihr ihn für den nächsten Output anketten oder dreht der immer so ab wie Animal von der Muppet Show?

Dass Romeo so viele Blasts spielt, liegt einfach daran, wie wir diese Songs ausgearbeitet haben. Wir wollten ein schnelles und wütendes Album aufnehmen; es hat während des Songwriting-Prozesses eine Menge persönlicher Rückschläge und viele Emotionen gegeben, so dass es die beste Abhilfe war, ein wirklich intensives Album zu machen.
Romeo ist aber nicht nur ein Master Blaster, sondern ein variantenreicher Musiker, der problemlos die verschiedensten Genres spielen kann. Er ist extrem talentiert und gehört zu den besten Drummern in den Niederlanden.

Erzähle uns doch ein wenig über eure Einflüsse im Allgemeinen und im Speziellen etwas darüber, wie ihr eure Riffs ausarbeitet.

Unsere Haupteinflüsse sind einmal klar beim brutalen Ami-Sound zu suchen und dazu bei den melodischen Black/Death-Bands aus Skandinavien.
Richard schreibt gewöhnlich alle Basis-Riffs und die grundlegenden Akkordabfolgen der Melodien. Wenn er damit fertig ist, haben wir schon eine grobe Struktur des Songs vorliegen. Dann mache ich mich daran, mir Arrangements und das ein oder andere Detail dazu zu überlegen. Danach hocken wir mit diesem Material im Proberaum, damit Romeo sich inspirieren lassen kann. Viele der Melodie-Parts bekommt Chris, damit er mit seinem Bass eine dritte Harmonie ausarbeiten kann, anstatt einfach der ersten Gitarre zu folgen. Das wäre zu uninteressant. Richard und Niels arbeiten dann zusammen die Gesangslinien aus – und dann haben wir einen Song!

Nächster Punkt – und der ist ein recht wichtiger – sind noch mal die Melodien, die ihr Jungs in eure heftigen Attacken einzubetten versteht. Für mich hört sich das ganze eben eher nach Black-Metal-Raserei denn nach den üblichen Todesblei-Mustern aus Skandinavien an. Wie sieht’s damit aus?

Das ist tatsächlich ein sehr guter Punkt; hast ja wirklich aufgepasst! Manche Rezensenten haben uns mit Bands wie CANNIBAL CORPSE und DEICIDE verglichen; das ist natürlich ein großes Kompliment, aber ich denke, dass gerade die Melodien als wichtigster Aspekt unserer Musik oftmals schlichtweg übersehen werden. Es stimmt – unsere Melodiebögen sind von der skandinavischen Schwarzkittel-Szene inspiriert; diese Bands verstehen es, wie man Atmosphäre durch den Gebrauch von Melodien erzeugt.

Magst du skandinavischen Death Metal? Welche Bands sind in deinen Augen/Ohren die wichtigsten?

Ich LIEBE skandinavischen Todesblei (und die Frauen von dort auch, aber das ist wirklich ne andere Geschichte…). Für die Entwicklung von VICTIMIZER sind Bands wie DISSECTION und DAWN immer eine große Inspiration gewesen. Daher kommen unsere Melodien. Aber auch solche Kapellen wie HYPOCRISY, ENTOMBED und AT THE GATES sind für uns sehr wichtig und hatten natürlich eine Riesenwirkung auf die weltweite Metal-Gemeinschaft.

Bitte gebt der Leserschaft einen Einblick in das textliche Konzept, auf welchem das Album aufbaut:…

Die Texte drehen sich um persönliche Tragödien und Gefühle. Aber es gibt immer Licht und Hoffnung, das deutet auch das Cover an.
Jeder kann was mit den Lyrics anfangen, weil wir alle unsere Erfahrungen mit Tod, Tragödien, Traurigkeit aber auch Hoffnung, Stärke und Heiterkeit machen.
Wir haben großartiges Feedback von unseren Fans bekommen, welche die Texte gelesen haben und sie mit ihren eigenen Erfahrungen abgleichen konnten.

Welche sind deine persönlichen Einflüsse mit Blick auf musikalisches Können als Gitarrist?

Als Gitarrist bin ich großer Fan von Eddie van Halen und Yngwie Malmsteen. Ihre Herangehensweise ans Instrument ist immer noch sehr wichtig und einflussreich.
Als ich aufgewachsen bin und mit dem Gitarrespielen angefangen habe, war der Bay Area-Thrash mein Liebstes. Als dann Bands wie DEATH und MORBID ANGEL ihre ersten Alben rausbrachten, wurde ich von deren Brutalität einfach weggeblasen.
Ich möchte zudem KING DIAMOND als Lieblingsband anführen; Andy La Rocque ist ein sträflich unterbewerteter Gitarrist!

Gibt es Entwicklungen im Death Metal, die du als weniger gut erachtest?

Ich stehe nicht gerade auf diese ganzen “Technical Death Metal”-Bands, die ein Bündel Riffs zusammenschmeißen und das dann nen Song nennen. Für mich hört sich das meistens so an, als ob ein Riff in unterschiedlich definierten Zeitabfolgen gespielt wird, dann wird ein wenig auf die Tube gedrückt oder gebremst, um die Sache interessanter zu machen. Das soll nicht heißen, dass ich so genannte technische Bands nicht mag; Bands wie OBSCURA und NECROPHAGIST sind wahrhaft talentierte Musiker und großartige Songschreiber, die daneben immenses technisches Können zeigen.

Wie ist es um die niederländische Death Metal-Szene bestellt?

Death Metal ist schon immer ein wichtiger Bestandteil der niederländischen Metal-Szene gewesen. Seit den frühen Neunzigern kann unser Land mit einigen großartigen Bands aufwarten. Es gibt ein wahres Vermächtnis von PESTILENCE, GOREFEST und ASPHYX (unter vielen anderen). Für so ein kleines Land haben wir ne verdammt mächtige Death Metal-Community.

Welche Szene ist die international beste?

Ich mag die deutsche und die schwedische gleichermaßen. In beiden Ländern werden sämtliche Subgenres geschätzt und eben nicht nur die Band des Monats, wie man es in anderen Ländern beobachten kann.

Eine ganze Bandbreite des modernen Death Metals ist mit “Core“ infiziert. Kannst du dir das gut reinziehen oder weigerst du dich gar, dir so was anzuhören?

Diese ganze ”Core”-Sache ist nicht meins… Meiner Meinung stellt diese ganze Bewegung lediglich den Versuch dar, extreme Musik marktfähiger zu gestalten.

Welche Death Metal-Bands magst du am liebsten? Welche nicht ganz so bekannten sollte man sich mal anhören?

Ich stehe hauptsächlich auf die ”älteren“ Bands wie MORBID ANGEL, ENTOMBED und SUFFOCATION. Als die damals groß wurden, hörte sich eine jede noch unverwechselbar an und heute ist es für mich schon schwieriger, die Unterschiede zwischen verschiedenen Bands auszumachen.
Wenn ihr mal ein paar coole Kapellen anchecken wollt, gebt den extremen Underground-Bands von “Deity Down Records“ ne Chance. Andere Bands, die ich euch vorschlage: COLDWORKER, BIBLEBLACK (Hallo Mike!) und holländische Bands wie etwa CAEDRE und MASSIVE ASSAULT.

Und in welchem Land tourt ihr am liebsten?

Definitiv Deutschland! Deutsche Metal-Fans bringen Musikern und den Bands großen Respekt entgegen. Aber das ist nicht nur meine Meinung; eine ganze Menge holländischer Bands denken genauso! Ihr Deutschen seid die besten!

Jetzt mal zu was Anderem (aber es geht wieder um verschiedene Länder):
Deutschland und die Niederlande haben sich als Gruppensieger direkt für die EM 2012 in Polen/Ukraine qualifiziert. Freust du dich schon auf das Turnier? Wer wird Europa-Meister?

Die Niederlande, natürlich! Hahaha!
Die Weltmeisterschaft war dazu da, neue Taktiken zu versuchen und wir sind auf Platz zwei gelandet. Wenn das holländische Team mehr Bruce Lee-Moves einbaut und eine stärkere Abwehr aufstellt, werden wir gewinnen!
Aber ernsthaft: Ich mochte schon immer die großen Fußballturniere und ich glaube, wir haben eine gute Chance zu gewinnen. Ich hoffe, dass unsere Mannschaft dieses mal aber unterhaltsamer anzusehen sein wird.

Zurück zum Thema: VICTIMIZER haben verschiedene Line-Up-Wechsel durchmachen müssen, sogar eines der Gründungsmitglieder musste die Band aus ernsten Gründen verlassen. Gib uns doch einen kurzen Überblick über das Geschehene und sag an, ob du die neue Besetzung als stabil erachtest. Wie stark sind VICTIMIZER heutzutage?

In den Anfangstagen hatten wir eine ganze Menge Besetzungswechsel. Die Band hat mal als Horde Jungspunde angefangen, die einfach Death Metal spielen wollten. Wir waren immer bestrebt, besser zu werden, also auch deswegen mussten manchmal Leute gehen.
Sacha, der mein Vorgänger als Gitarrist und gleichzeitig Gründungsmitglied war, konnte wegen eines beinahe tödlichen Unfalls nicht mehr spielen und so habe ich ihn zunächst übergangsweise ersetzt. Aber zuletzt hat er sich entschieden auszusteigen und somit wurde ich ein permanentes Mitglied. Sacha geht es heute wieder gut; er spielt in einer Bands namens “BULLHAMMERS“ und hat die Spoken Words auf “Reunited For Eternity“ eingesprochen. Die Band steht heute sehr gut da, haben wir doch dieses neue Album am Start und ein Label im Rücken, welches uns gut unterstützt.

Nebenbei: Wofür steht der Bandname VICTIMIZER genau?

Aus irgendnem Grund fragen das in letzter Zeit alle… 1996 haben zwei Typen eben gedacht, das sei ein guter Bandname – und das war’s auch schon; einfach nur ein gut klingender Name, der zudem einprägsam ist.

Kommen wir noch einmal auf das Album zurück: Es wurde – wie bereits oben erwähnt – von Dan Swanö abgemischt und gemastert. Wie war es, mit dem Altmeister zu arbeiten und wie ging die Produktion vonstatten?

Es war einfach großartig, mit Dan zusammen zu arbeiten!
Aufgrund der skandinavischen Einflüsse in unserer Musik dachen wir, es sein nur angemessen, jemanden aus Schweden für den Mix und das Mastering zu engagieren. Dan war aufgrund seines Rufs unsere erste Wahl und zu unserer Freude hat er gleich eingewilligt!
Wir haben die Aufnahmen mit dem Schlagzeug im Split Second Sound in Amsterdam begonnen, haben dann die Klampfen und den Bass in meinem Heimstudio aufgenommen und dann wieder im Split Second mit dem Gesang abgeschlossen. Die Aufnahmen hat dann Dan bekommen, um damit zu zaubern.

Nachdem der geneigte Hörer sich ”Tales“ reingepfiffen hat, könnte er sogleich auf die Frage kommen, wann uns denn der nächste Longplayer ins Haus steht. Habt ihr schon was geplant oder hat der Support des aktuellen Albums erstmal Vorrang?

Das Songwriting zum Nachfolger sind wir schon angegangen; Richard hat immer Ideen und Riffs parat. Es ist noch zu früh, um was über die Richtung zu sagen, in die es gehen wird. Im Augenblick promoten wir erstmal “Tales“.

Könnte es möglich sein, dass man sich euch Jungs nächstes Jahr mal in Deutschland angucken darf?

Absolut! In der Tat planen wir ein paar Gigs nächstes Jahr und wir wollen uns dabei auf Deutschland konzentrieren. Wie ich schon erwähnte, ist Deutschland für Bands wie uns einfach DAS Land zum Touren.

An welchen Orten und auf welchen Festivals würdet ihr dabei am liebsten zocken?

Auf dem Partysan und Barther Open Air! Wenn uns jemand buchen will, wären wir aber über jeden Ort in Deutschland glücklich. Also ruft uns an und wir werden eure Stadt rocken!

Mit welchen Bands würdet ihr am liebsten touren?

Ich würde verdammt gerne mit MORBID ANGEL spielen, diese Kerle sind einfach legendär. DEICIDE wären auch nicht schlecht, aber deren letzte Tour wurde gecancelt und unsere Chance, für die zu eröffnen ist den Bach runtergegangen.
Wir haben schon mit ENTOMBED gespielt und das war fantastisch! Man wächst mit deren Mucke auf und sieht sie als Vorbilder an… Dann erhält man die Gelegenheit, mit ihnen zu touren und somit wird eine Art Traum wahr.

Abschließend hast du die Gelegenheit, ein paar Worte an die Leserschaft von metal.de zu richten:…

Als Erstes möchte ich dir für dieses Interview danken.
Leute, die mehr über VICTIMIZER erfahren wollen, besuchen uns unter http://www.myspace.com/victimizernl.

“Tales Of Loss And New Found Serenity“ wird in Deutschland ab dem vierzehnten Januar 2011 erhältlich sein und zwei Songs könnt ihr euch schon mal vorab auf unserer Myspace-Seite reinziehen.

Wir hoffen natürlich, möglichst viele von euch deutschen Metal-Fans auf Tour zu sehen, so dass wir uns zusammensetzen und ne Menge deutsches Bier zischen können!

03.12.2010

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