Amon Amarth - Jomsviking

Review

Eines muss man AMON AMARTH ja lassen: Sie sind völlig zurecht eine der großen Bands der Szene, ihre Liveauftritte sind grandios und verblüffend routiniert erschafft das Quintett um Frontmann Johan Hegg seit knapp zwanzig Jahren eingängige Melodic Death-Hymnen mit Viking-Einschlag. Aktuell steht das Studioalbum Nummer Zehn in den Startlöchern: „Jomsviking“.

Nun waren gerade die unmittelbaren Vorgänger zu „Jomsviking“, insbesondere „Surtur Rising“ und „Deceiver Of The Gods“, nicht frei von Kritik, zu durchsichtig, zu glattgebügelt und zu vorhersehbar gaben sich AMON AMARTH in den letzten Jahren. Jetzt also ein Neuanfang mit „Jomsviking“? Vielleicht kein Befreiungsschlag, aber sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung. Denn mit ihrem aktuellen Studioalbum wollen es die Schweden selbst noch einmal wissen. Man hat sich erstmalig ein Konzeptalbum vorgenommen, thematisch angesiedelt rund um die legendären Jomswikinger: Heidnische Söldner, die der altnordischen Jómsvíkinga Saga zufolge in der südlichen Ostsee beheimatet waren. Dabei ist es ein kluger Schachzug von AMON AMARTH auf eine solches Konzept zurückzugreifen, eröffnet man sich selbst doch die Möglichkeit vom angestammten Weg abzuweichen, neue Dinge auszuprobieren und plausibel miteinander zu verbinden: Epische Balladen, eine Liebesgeschichte, kraftvolle Schlachtgesänge. Damit geben AMON AMARTH den musikalischen Ballbesitzfußball, den Status Quo der letzten drei Alben, ein wenig auf und wagen mal wieder den einen oder anderen Ausbruch. Das beginnt bereits beim Sound: Die cleane, beinahe klinische Produktion von „Deceiver Of The Gods“ ist Vergangenheit, „Jomsviking“ klingt organischer als der Vorgänger. Auch wenn der Gesang von Johan Hegg ein wenig zu sehr in den Vordergrund gerückt wurde, ist besonders das Schlagzeugspiel erfrischend authentisch.

Auch das Songmaterial macht einiges her: „First Kill“ ist aus der Perspektive des Gesamtwerks eine gute Wahl als Vorabsingle gewesen, fasst es doch „Jomsviking“ treffend zusammen. Und auch als Opener zu „Jomsviking“ macht sich der Titel gut, bereits nach den ersten Takten ist man im Universum der Jomswikinger angekommen. Über eher typische AMON AMARTH-Nummern, wie „Wanderer“ und „One Against All“ geht es zum ersten „echten“ Highlight: Mit „Raise Your Horns“ hat man einen Mitmach-Metalparty- und Konzertkracher im Gepäck, der vielleicht dem allgegenwärtigen und überspielten „Death In Fire“ (endlich, könnte man sagen…) Konkurrenz macht. Mit „The Way Of Vikings“ folgt dann direkt der nächste Brocken mit hämmernden Riffing: So energiegeladen und frei heraus Klangen die Schweden lange nicht mehr. Aber auch in der weiteren Folge gelingt es, sich noch zu steigern, und dabei ist Titel Nummer Acht, „One Thousand Burning Arrows“, aus zweierlei Gründen besonders bemerkenswert: Erstens ist er nicht typisch AMON AMARTH strukturiert, sondern eher zurückgenommen und mit Keyboardeinsatz und balladenhafter Epik ausgestattet. Hinzu kommt eine wunderbare Leadgitarre zur Vorbereitung des Songausklangs, der getragen und ungewohnt traurig daher kommt. Und gerade aus diesen Gründen ist „One Thousand Burning Arrows“, zweitens, das stärkste Stück auf „Jomsviking“: Er ist stimmungsvoll und dicht – nicht auf Grund der bekannten, wuchtigen Instrumentierung, sondern allein aufgrund des guten Songwritings und der bewegenden Atmosphäre. Ob es allerdings das später folgende Duett mit DORO – „A Dream That Cannot Be“ – kurz vor Ende gebraucht hätte, sei einmal dahingestellt – leider zündet bei diesem Titel nichts, die Nummer wirkt eher als Fremdkörper. Mit „Back On Northern Shores“ haben sich die fünf Herren aber abschließend auch gleich noch einen ordentlichen Rausschmeißer für ihre Konzerte geschrieben: Ein netter Cool-Down, leicht und gefällig, der entspannt ausläuft. Fade-Out, Licht an.

Seien wir also ehrlich: Ein zweites „Versus The World“ ist auch „Jomsviking“ nicht geworden, weder in Intensität, noch in Durchschlagskraft. Aber das aktuelle Album zeigt, dass man Schwedens Melodic Death-Flaggschiff noch längst nicht aufgeben sollte, denn AMON AMARTH haben sich nicht selbstgerecht zurückgehlehnt und ihren Stil einfach stumpf weiterverfolgt, sondern sie beweisen, dass sie noch kreatives Feuer in sich tragen. „Jomsviking“ ist somit ein Album, das sicherlich alle Fans zufriedenstellt und in welches all diejenigen ein Ohr riskieren sollten, die die Band bereits aufgegeben hatten. Ein gelungener Spagat zwischen neuen Ideen und gewohnten Stärken – ein starker Auftritt von AMON AMARTH!

25.03.2016

Iä! Iä! Cthulhu fhtagn!

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