Amon Amarth - With Oden On Our Side

Review

Die Frage, was man von einem AMON AMARTH-Album erwartet, dürfte leicht zu beantworten sein. Das Gleiche wie immer. Ob nun bratende Vikinger-Gitarrenwände, getränkt in episch-nordischen Melodien, Trommelfeuer aus der Doublebass wie sie schon seit den ersten Tagen von den Schweden gehegt und gepflegt werden, Johan Heggs tief gewitternde Stimme wie sie von heidnischen Ahnen erzählt oder die obligatorischen, in allen Farben lodernden Feuers explodierenden Batik-Artworks: AMON AMARTH halten seit jeher das Drachenboot auf stetigem Kurs in immergleichen Gewässern und umschiffen gekonnt jegliche aufbrausenden Sturmgebiete, wie sie etwa aus Variation oder gar Innovation entstehen könnten. Nicht ohne Dank, denn schließlich avancierten sie über die Jahre hinweg zu Metal Blades größtem, europäischen Seller. Kurskorrekturen dürfen daher wohl nicht zu befürchten (oder zu erhoffen) sein, somit stellt sich folgerichtig die eigentliche Frage: was darf man nach „Fate Of Norns“ erwarten? Damals schiffte man viel zu lange und ausgiebig in den seichten Gefilden des Midtempos, trug die wehenden Fahnen der Nordmänner größtenteils durch „The Pursuit Of Vikings“ sowie allerhöchstens noch „The Beheading Of A King“ in fremde, uneroberte Gebiete und hinterließ nach der für neues Material üblichen Inkubationszeit auf weiten Strecken lange Gesichter. Und das, wo doch schon der Vorgänger „Versus The World“ im Vergleich zu den Frühwerken eher gemächlicher dahin schritt. Blüht uns da eine weitere Tempo-Verschleppung, gar eine schwedische Entdeckung der Langsamkeit? Nein, denn 2006 ist Odin wieder an AMON AMARTHs Seite. Was Titel und das erfreulich simple und Augen schonende Artwork bereits proklamieren, setzt sich nahtlos in den neun neuen Songs der Wikingerschmiede fort. Das Aushängeschild des Viking Death setzt sich auf dem sechsten Studiorundling zwar noch immer die gleichen Maßstäbe wie eh und je, gibt sich aber frischer, spielfreudiger, vollmundiger, brachialer und vor allen Dingen um einiges schneller als noch vor zwei Jahren. Das Gaspedal klemmt beinahe fortwährend kurz vorm Anschlag, „Valhall Awaits Me“ prescht nach vorne mit erfrischenden, solierenden Twinguitars, bevor das hymnische „Runes To My Memory“ und der typische AMON AMARTH-Stampfer „Hermod’s Ride To Hel (Lokes Treachery Part 1)“ das Ruder an sich reißen. Nichts wirklich bahn brechend Neues, dafür aber sehr effektiv und überzeugender als zuvor. In diese Riege reiht sich auch der fast schon tanzbare Mosher „Gods Of War Arise“, der mit einem wunderbar elegischen und hochmelodiösen Hauptthema ausgestattete Nackenbrecher „Cry Of The Blackbirds“ und das gedehnte „Prediction Of Warfare“, das sich mit weit ausladendem Instrumentalteil breit macht und als würdiger Ausklang erweist. Und hätte man es kaum für möglich gehalten, greifen AMON AMARTH zwischendurch bei „Asator“ tief in die Trickkiste und servieren uns eine vollwertige Abrissbirne vor dem Herrn mit massivem Thrash-Riffing (!), einem Flitzefinger-Solo (!!) und einer so tief wie nie zuvor donnernden Stimme Johans. Überraschender, überrollender, überzeugendster Track des gesamten Albums und ein 110%iger Live-Knallbonbon! Würden AMON AMARTH auch in Zukunft mit solcher, die eigenen Regeln brechender Kraft zu Werke gehen, die immerwährenden Vorwürfe des stets lediglich neu eingespielten gleichen Albums würden sich selbst überleben. So bleibt zunächst alles etwas anders, das aber auf unerhofft hohem Qualitätsniveau!

19.09.2006
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