Brutal Truth - For The Ugly And Unwanted – This Is Grindcore

Review

Nun, dies ist also die erste Live-DVD von BRUTAL TRUTH, den Vordenkern eines Musikstils, den viele völlig zu Unrecht als stumpfe Katharsis für speckscheitelige Weltenmüde abtun. Was BT seit rund zwanzig Jahren zelebrieren, ist vielmehr das Zen der Ungemütlichkeit – ein Rausch der Hektik und zermürbender Dissonanz, weit entfernt von dem Hermetischen des Genres, ungewöhnlich facettenreich in den Songstrukturen.

Dieser Live-Mitschnitt – aufgenommen im Sommer 2007 im Grind-Mekka Obscene Extreme zu Trutnov, Tschechien – stellt zwei Eigenschaften von BT ganz besonders heraus, die Grindcore während ihrer Abstinenz vermissen ließ: ein Gefühl für schwierige, Jazz-gesättigte, abstrakte Rhythmen (im Herzen des Chaos) und ein unübliches Herausstellen von Einzelleistungen im Zentrum des kollektiven Durchdrehens, des Sich-Verlierens an den Rausch der Geschwindigkeit, der vielen Sounds, die von überall her in den Song zischen: Erik Burkes gelenke Fingerfertigkeit, Kevin Sharps raues, unverkennbares Organ, ein hyperaktiver, unkontrolliert-kontrollierter, individualistischer Drummer. Hier wird nicht mit Pose gehackt, sondern mit Enthusiasmus und Showmanship musiziert. Und dat is jeil anzuschauen: Sie bemühen sich, so viel wie möglich in Einheiten von ein bis zweieinhalb Minuten ass kicken und explodieren zu lassen, und explodieren dabei förmlich selbst. Die Auswahl dieser so explodierenden Einheiten ist ganz okay kompiliert, vielleicht etwas konservativ: „Dementia“, „K.A.P.“, „Godplayer“, „Fucktoy“, „Birth Of Ignorance“, „Jemenez Cricket“, „Fisting“, „Ill-Neglect“, „I See Red“, „Soft Mind“.

Dieses Konzert nun zu besitzen, das hat man hiermit sicher. Für schlechte Zeiten und für seine Adoptivkinder aus exotischen Ländern, denen man damit irgendwann von dieser reflektierten und pulsierenden Band der Neunziger Jahre besser wird erzählen können. Unbedingt sein muss davon aber auch nichts. Jede ihrer Studio-Platten ist diesem Mitschnitt vorzuziehen, und das, was den Reiz ihrer Live-Auftritte ausmacht, die Vibration des ganzen Raums zu einem einzigen Feedback-Drone, funktioniert eben nur, wenn man sich in dem Raum aufhält, in dem der Sound exekutiert wird. Das gleiche Ergebnis über die vielen Stationen der Vermittlung zu retten, ist nur bedingt gelungen. Mehr als kantenreicher Wohlklang ist nicht drin. Und überhaupt, wer die 2007er Tour von BRUTAL TRUTH tatsächlich verpasst hat, dem kann man letztlich auch nicht mehr helfen. Alles in allem ein ordentlich zusammengestelltes Package mit viel Livematerial, darunter auch vier Liveauftritte aus den Heydays von 1997/98 (Sydney, Adelaide, Berkeley und Houston). Leider keine Intimitäten, keine Kommentare, keine Interviews.

28.06.2009

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