
Nach längerer Abstinenz haben die Trierer Black Metaller DER ROTE MILAN sich ziemlich genau vor einem Jahr mit der EP „Schlund“ zurückgemeldet. Statt wieder fünf Jahre ins Land ziehen zu lassen, setzen die Raubvögel nun wie seinerzeit angekündigt mit „Verlust“ zum nächsten Streich an. Bevor es aber um den musikalischen Inhalt der neuen Scheibe geht, müssen wir mal kurz über die Einordnung des Veröffentlichungsformates reden.
DER ROTE MILAN fliegt im Windschatten der Genre-Konkurrenz
Oftmals sind Diskussionen über die Spielzeit einer Platte relativ müßig, solange die Qualität stimmt. Im vorliegenden Fall muss man aber schon fragen, warum „Schlund“ als EP veröffentlicht wurde, „Verlust“ mit derselben Anzahl an Songs und fast exakt der gleichen Spielzeit von nicht mal 23 Minuten aber nun als vollwertiges Album durchgehen soll? Der Unterschied will sich nicht wirklich erschließen. Aber sei’s drum, eigentlich soll es hier ja um die Musik gehen.
Sowohl inhaltlich als auch musikalisch knüpfen DER ROTE MILAN ziemlich direkt an die „Schlund“-EP an. Vom ziemlich klassischen, wenngleich zeitgemäß interpretierten Melo Black Metal des Debüts hat man sich inzwischen ein Stück weit entfernt, denn auf „Verlust“ kredenzen die Rheinland-Pfälzer wie schon auf dem Vorgänger modern produzierten, dezent postig angehauchten Black Metal, der sich grob in der Schnittmenge von AGRYPNIE, HARAKIRI FOR THE SKY und DER WEG EINER FREIHEIT einordnen lässt.
Der Einstieg gerät mit „Aus der Finsternis“ ziemlich energiegeladen; mit treibenden Riffs und leicht Hardcore-lastigen Shouts geht die Nummer ordentlich ins Genick und erinnert deutlich an die Schlafstörungen des Torsten Hirsch. „Où Allez-Vous“ wiederum vermittelt eine verzweifelte Grundstimmung, baut sich unheilvoll auf und nimmt das Tempo dann für einen shoegazigen Zwischenpart raus, um einen schließlich erneut unter sich auftürmenden Gitarren in den Abgrund zu reißen.
Das rasende, mit reichlich Tremolo gespickte „Skepsis Der Existenz“ steht dann eher für klassische Melodic-Black-Metal-Tugenden in modernem Gewand, während das melancholische, sehnsüchtige „Verlust“ wohl am deutlichsten auf post-schwarzmetallische Töne à la HARAKIRI FOR THE SKY setzt. „Der Letzte Rubin“ ist zum Abschluss wieder deutlich wuchtiger, dabei aber trotzdem überaus melodisch und gemeinsam mit „Aus der Finsternis“ das stärkste Stück der Platte.
„Verlust“ ist solide aber ausbaufähig und definitiv zu kurz
Sehr solide gemacht ist das alles, an die oben genannten Kollegen kommen DER ROTE MILAN allerdings noch nicht ganz ran. Denn die Atmosphäre stimmt zwar, bekommt aber zu wenig Spielraum um sich zu entfalten und einigen der dargebotenen Songs fehlt es an den nötigen Widerhaken, um sich auch nach mehrmaligem Hören langfristig im Oberstübchen einzunisten. Außerdem lässt sich „Verlust“ ob der kurzen Spielzeit wie gesagt nur schwer als vollwertiges Album bezeichnen.
Hier wäre es ob der thematischen und musikalischen Überschneidungen vermutlich sinnvoller gewesen, die Songs von „Schlund“ und „Verlust“ zusammenzulegen und als Album zu veröffentlichen. So bleibt es erstmal beim Häppchenformat, welches einen unweigerlich ein wenig unbefriedigt zurücklässt und bei dem es DER ROTE MILAN leider nicht ganz schaffen, das zweifellos vorhandene Potential voll auszuschöpfen.

Hans Völkel































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