Incordia - The Vastness Of Njordr

Review

Die sagenumwobene Welt der Wikinger wurde nicht nur etliche Male auf die Kino-Leinwände projiziert, sondern ist seit den 1980er-Jahren durch Bands wie BATHORY oder ENSLAVED auch als Viking Metal in die Gefilde der metallischen Musikkünste eingezogen. Die Faszination der legendären nordmannischen Kultur hat sich offenbar bis ins südhessische Darmstadt erstreckt, wo 2012 die Band INCORDIA ins Leben gerufen wurde. Unter dem Banner des Melodic Death Metals mit starken Viking-Einflüssen präsentiert die vierköpfige Truppe um Bandgründer und Mastermind Leander Fritsch nunmehr ihren dritten Longplayer „The Vastness Of Njordr“.

INCORDIA sind düster und melancholisch

Das mit zehn Tracks bewaffnete Werk besticht zwar nicht mit einem Eyecatcher-Artwork, aber musikalisch bietet es dem Hörer ein durchaus genretypisches Gemisch aus finsterer, nordischer Mythologie, gruseligen Growls, treibenden Rhythmen und eingängigen Gitarrenläufen. Mit „Dark Is Our Fate“ zeigt die Band zum Auftakt, wo Thors Hammer hängt: Der melodisch gesättigte Instrumentalpart wird erst nach zweieinhalb Minuten mit grubentief gestimmten Growls unterbrochen. Bis dahin dominiert zuckersüße Gitarrenmelodik, gepaart mit einem groovigen Drive: Feuertaufe bestanden. Das über fünf Minuten lange „With The First Winter Comes Silence“ ist der härteste Track des Albums – hier werden definitiv keine Gefangenen gemacht. Besonders die Drums versohlen einem das Trommelfell ordentlich.

Das rifflastige „In Odins Wald“ bietet deutschsprachige Lyrics („Darauf trinken wir dein Bier!“) und strapaziert die Nackenmuskulatur nicht unerheblich. Der finale Gag mit den ploppenden Bierflaschen ist ganz amüsant – hat etwas „Werner“-mäßiges an sich. „Lament Of The Wind“ bietet eine interessante Rhythmusstruktur, ragt aber sonst nicht nennenswert heraus.

Das flotte „Hybris“ überzeugt wiederum mit schneidigen Riffs und treibendem Rhythmus, während „Thornfort“ der melodischeren Abteilung angehört. Das Intro erinnert ein wenig an KREATORs „Hordes Of Chaos“, doch in der Folge entwickelt sich der Song zu einem mit ohrwurmverdächtigen Gitarrenläufen und druckvollen Drums ausgestatteten Wirkungstreffer: einer der Höhepunkte der Langrille. „Close To The Sun“ ist ein Ohrwürmchen mit vergleichsweise positiver Grundstimmung, forschem Drive und einem guten Chorus – hier gibt’s nicht viel zu meckern.

Der Titelsong gehört nicht zu den Highlights

Das triste „Vastness Of Njordr“ klingt in seiner düsteren Monotonie und der für Alarm sorgenden Doublebass recht Black-Metal-lastig. Handwerklich zwar solide gemacht, dennoch mangelt es an der Eingängigkeit, an einer Art Hookline, die man von einem Titeltrack durchaus erwarten kann. So rumpelt das Teil mehr oder weniger vor sich hin, ohne tiefe Spuren im nordischen Schnee zu hinterlassen. Mit dem fünfeinhalbminütigen „Shade Empire“ ertönt der Gong zur letzten Runde. Die Band stellt mit moderatem Tempo, sauberer Gitarrenarbeit und einer gehörigen Portion Melancholie noch mal ihr musikalisches Repertoire zur Schau. Als Finisher tauglich, doch zu den Sternstunden der Drehscheibe gehört „Shade Empire“ eher weniger.

Kein Meilenstein, aber ein solides Werk einer inspirierten Band

„The Vastness Of Njordr“ erfindet das Genre sicher nicht neu, aber die Fangemeinde sowie neugierige Interessenten dürften nicht enttäuscht sein – im Gegenteil. Das Songmaterial ist solide und überwiegend von zielführender Zugänglichkeit geprägt, die Jungs beherrschen ihre Instrumente und die Produktion ist fett und sauber. In puncto Rhythmik und Melodik wirken die Songs ausgereift und mit seinen Doublebass-Attacken überholt sich Drummer Joshua Biscan manchmal selbst. Ansonsten täten der Mucke des Quartetts ein paar quirlige Soli gut. Zudem benötigt das Ganze noch ein wenig Feinschliff, um den musikalischen Wiedererkennungswert zu manifestieren – da ist Luft nach oben. Aber das ist nichts, was nicht machbar wäre – beim Barte Odins!

31.01.2022

Redakteur | Schwerpunkte: Classic Metal, Female Fronted Metal, Hard Rock

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