Vipërwitch - Witch Hunt: Road To Vengeance

Review

VIPËRWITCH tingeln eigentlich schon seit 2014 durch den amerikanischen Heavy-Metal-Underground. Zwischenzeitlich hat sich die Band um Mastermind und Oberhexe Danica „Lynx the Huntress“ Minor allerdings komplett neuformiert, weshalb nach einigen Singles auch erst jetzt das Debüt „Witch Hunt: Road To Vengeance“ in den Startlöchern steht. Damit machen es einem die Roadwarrior aus Denver, Colorado allerdings wahrlich nicht ganz leicht.

VIPËRWITCH tragen (zu) dick auf

Das liegt weniger an der musikalischen Komplexität der offenbar als Konzeptalbum angelegten Scheibe, sondern vielmehr am Aufbau selbiger. Bei weniger als der Hälfte der 13 auf „Witch Hunt: Road To Vengeance“ enthaltenen Stücke handelt es sich nämlich um vollwertige Songs, wie man sie auf einem klassischen Heavy-Metal-Album erwarten würde. VIPËRWITCH hauen uns dafür sage und schreibe sieben Mal Füllmaterial in der Schnittmenge aus Intro, Interlude und Outro um die Ohren.

Zwar gehen das treibende aber unspektakuläre „Legend Of The Midnight Rider: Saxon Warrior“ und der relaxte Synthwave-Track „Vapor City: Blood & Steel Upon The Silver Tower“ noch grade so als „richtige“ Instrumentals durch, beim Rest der Zwischenspiele handelt es sich aber um eine krude Mischung aus Spoken-Word-Passagen, Ambient-Gewaber und 80er Electronica. Diese sollen wohl für Atmosphäre sorgen und eine konzeptionelle Brücke zwischen den Stücken schlagen, verleihen dem Album angesichts ihrer Überpräsenz allerdings eher den Charakter eines musikalischen Flickenteppichs.

Die eigentlichen Songs der Platte erinnern dann in all ihrer rumpeligen Glorie und mit dem bisweilen reichlich schiefen Gesang von Danica Minor nicht unwesentlich an die ersten Veröffentlichungen von SAVAGE MASTER. Mit der Unbeschwertheit früher W.A.S.P. liebäugeln VIPËRWITCH dabei genauso wie mit den rohen, wilden Punk-Wurzeln des Genres. Nummern wie „The Viperwitch“ und „The Huntress“ kommen zudem mit einer latenten Thrash-Schlagseite daher und werden um einige harsche Growls ergänzt, während „Bathory“, „She Wolves Of The Wasteland“ oder „No Gods, No Masters“ schlicht klassischen Heavy Metal in Rohform zelebrieren.

„Witch Hunt: Road To Vengeance” ist eine rumpelige Angelegenheit

Aufnahmetechnisch klingt das Ganze dabei im Übrigen eher nach muffigem Probekeller als nach professionellem Studio und lässt sich nur mit viel Liebe für den Underground noch als charmant bezeichnen. Denn zusätzlich zum grundsätzlichen Rumpelfaktor kommt auch noch eine Unausgewogenheit, die dazu führt, dass manche Songs entweder übersteuert oder arg dünn aus den Boxen scheppern. Trotz der rudimentären Produktion muss man VIPËRWITCH aber attestieren, dass sie im Kern recht schmissige Heavy-Metal-Songs mit eingängigen Mitgröl-Refrains schreiben und Danica Minor einige ihrer stimmlichen Unzulänglichkeiten, ähnlich wie Kollegin Stacey Savage, durch Intensität und Charisma wettmacht.

Die größte Stolperfalle für VIPËRWITCH liegt aber im Ausmaß der eigenen Ambitionen, mit denen die kompositorischen Fähigkeiten noch nicht ganz mithalten können. Over-The-Top-Image, sprudelndes Selbstbewusstsein und latente Fuck-You-Attitüde hin oder her; 15 von knapp 39 Minuten Spielzeit mit schmückendem Beiwerk zu füllen, schießt weit übers Ziel hinaus und macht es am Ende schwer, „Witch Hunt“ überhaupt als vollwertiges Album zu bezeichnen. Hier muss man in Zukunft noch einiges an Ballast abwerfen, weshalb die finale Punktzahl auch nur mit sehr viel Wohlwollen zu Stande kommt.

04.11.2024

"Musik hat heute keinen Tiefgang mehr." - H.P. Baxxter

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