
Soundcheck November 2025# 9
Zwei wichtige Personalien sind bei VOIDCEREMONY nicht mehr an Bord. Phillipe Allaire-Tougas, der als Multi-Instrumentalist und Songwriter in jedem Fall maßgeblich an dem vertonten Wahnsinn der US-Amerikaner beteiligt war, sowie der ebenfalls kaum weniger erfahrene Charles Koryn hinter den Kesseln sind nicht mehr. Stattdessen haben sich die Kalifornier die Dienste von Jayson McGehee an den Gitarren und Dylan Marks für die Drums gesichert – zwei Personalien, deren Vita sich nicht ganz so überschwänglich liest, wie die ihrer Vorgänger. Eins kann man allerdings eingangs direkt versprechen: Das dritte Album „Abditum“ steht den ersten beiden Outputs in außerweltlicher Instrumentalkunst in Nichts nach.
Außerweltliche Instrumentalkunst
Im Wesentlichen knüpfen VOIDCEREMONY auch wieder dort an, wo sie mit „Threads Of Unknowing“ aufgehört haben, und doch haben sich in den Feinheiten einige Dinge geändert. Der Bass hat zwar, neben Original-Tieftöner Damon Good, mit Ben Ricci erneut zusätzliche Unterstützung erhalten, erklingt aber nicht mehr ganz so prominent wie auf dem 23er-Output. Dazu fallen mit dem Ausscheiden von Allaire-Tougas die hohen Screams weg, doch angesichts der erneut massiv gefüllten Instrumentalpalette fällt das nicht wirklich negativ ins Gewicht.
Insgesamt wirkt „Abditum“ trotzdem rein chronologisch wieder wie ein kleiner Schritt zurück. Trotz jazzigem Bassspiel, vertrackten Strukturen und langen, umschlungenen Wegen, die nach Rom führen, war das zweite Album des Quartetts die zugänglichere Platte. Mit „Veracious Duality“ legen VOIDCEREMONY direkt einen undurchdringlichen Brocken an den Anfang, der sich vor Sperrigkeit, Breaks und Richtungswechseln förmlich überschlägt. Dennoch versteht es auch „Abditum“, die Zuhörer:innen mit seiner unendliche nihilistischen Atmosphäre einzufangen und in den Weiten unbekannter Galaxien treiben zu lassen.
Nihilistische Atmosphäre und unbekannte Galaxien
Dazu hätte es gar keine expliziten Intros oder Zwischenspiele gebraucht. Ähnlich wie DECREPIT BIRTH, welche diesen Stil zwischenzeitlich nahe an die Perfektion getrieben hatten, ist das Songwriting von VOIDCEREMONY abseits entrückter Griffbrettabfahrten und zwiebelartiger Vielschichtigkeit schlichtweg packend und lädt zur Wiederauflage der Nadel ein. Auch wenn „Threads Of Unknowing“ das vollkommenere Album war, so tänzeln die verschachtelten Riffkaskaden auf „Abditum“ erneut auf extrem hohem Niveau.
Technical Death Metal ohne Anbiederung an moderne Spielarten aus dem Randbereich fluten den Markt momentan ohnehin nicht gerade in entsprechender Qualität, sodass die neue VOIDCEREMONY ihre Positionierung finden wird.

Voidceremony - Abditum
Patrick Olbrich


















Wieder mal eine absolute Granate von VoidCeremony. Und irgendwie sehr ähnlich zum direkten Vorgänger, aber auch irgendwie komplett anders, was vermutlich auch mit dem Line-Up-Wechsel zusammenhängt. Während Phil Tougas quasi nicht zu ersetzen ist, ist er doch neben Münzner der einzige Extreme Metal Gitarrist, bei dem ich einen unverkennbaren Signature Sound heraushör, quasi der Mark Knopfler des Extreme Metals, und man sich hier relativ einfach beholfen hat, indem man einfach die Anzahl der Soli runtergefahren hat und sie schlicht nicht mehr als Stilmittel verwendet, hat man mit Dylan Marks sogar einen perfect Fit hingelegt. Sein Steve Flynn-artiger Approach passt ideal zum dem viel stärker Atheist und Death (Human/ITP) geprägten Ansatz als noch beim direkten Vorgänger. Und damit sind eig auch schon die großen Hauptunterschiede definiert. Gab’s beim Vorgänger immer mal wieder auch reduzierte, straighte old school Passagen, in Form eines kleinen Suffo-Breaks oder ne stampfende Immolation-Tremolo Strophe, die nur vom Bass konterkariert wurde, und sowas wie kleine Verschnaufpausen ermöglicht haben, haben VoidCeremony auf dem aktuellen Langspieler da überhaupt keinen Bock mehr drauf. Kurzum, es ist rhythmisch noch vertrackter, es ist gehetzter, es ist „anstrengender“, es ist irgendwie die Essenz von „Retroprogressiv“, es lebt, es atmet, und klingt am Ende sogar irgendwie vertrauter. Es ist ein absolut würdiger Nachfolger. Was für mich am Ende immer fehlt zum absoluten modernen Klassiker, wären klarer abgregrenzte Songs, die in sich klarer sind vom Build-up, und eine Rush’sche Tightness, mit der der Stil auf die absolute Endstufe gehoben wird. Man vergebe mir den Fanboy Moment.