Sinner
Sinner

Interview

Sinner zählen mittlerweile zu den Urgesteinen der Szene. Bereits 1984 erblickte mit "Danger Zone" deren erstes Album das Licht der Welt. Jetzt haben die Mannen um Reibeisenstimme Mat Sinner mit "There Will Be Execution" ihr neues und bis dato vielleicht härtestes Werk auf die Menschheit losgelassen. Natürlich ließ ich es mir da nicht nehmen, mit Gitarrero Tom Naumann ein äußerst entspanntes Gespräch über Musik, Fußball und anderes zu führen.

SinnerIhr seid jetzt schon 20 Jahre im Geschäft. Hat sich nach einer solch langen Zeit die Herangehensweise an ein neues Album irgendwie geändert? Es gibt wohl niemanden, dem ihr noch etwas beweisen müsst.

Nein, eigentlich ist die Herangehensweise immer dieselbe geblieben. Wir schreiben einfach Songs in einem bestimmten Zeitraum, sammeln unsere Ideen zusammen, bevor wir ins Studio gehen, und dann werden die besten Songs genommen. Dabei versuchen wir immer, uns nicht zu kopieren, damit die neueste Platte nicht so klingt wie die letzte oder vorletzte.

Und auf diesem Wege motiviert ihr euch dann, immer wieder eine neue Platte zu machen?

Na klar. Wir wollen immer bessere Songs schreiben, andere Songs schreiben und uns im Studio bei der Umsetzung derselben verbessern.

Steht ihr dabei in irgendeiner Weise unter Druck? Ich finde, euer neues Album klingt verdammt frisch und einfach frei von der Leber runtergezockt. Ist es vielleicht deswegen auch härter ausgefallen?

Das liegt vielleicht daran, dass wir einfach sehr viel Spass im Studio hatten. Wir haben viel Blödsinn gemacht, viel geredet. Druck haben wir eigentlich keinen gespürt. Das habe ich eigentlich noch nie verspürt, wenn ich ins Studio gegangen bin, weil ich nie das Gefühl hatte, den Leuten etwas beweisen zu müssen. Das heißt aber nicht, dass wir bei den anderen Platten, die vielleicht nicht ganz so frisch klingen, nicht unseren Spass hatten. Nur diesmal war das irgendwie eine Steigerung.

Und der kleine Hidden Track am Ende des Albums ist das Spiegelbild dieses Spasses?

Ja genau! (lacht) Da haben wir gerade die Ballade „Crown Of Thorns“ aufgenommen und wir waren eigentlich schon fertig mit der Aufnahme, ich habe aber noch diesen Blödsinn gespielt. Das Tape lief aber noch, weswegen ich erstmal angemacht worden bin, warum ich denn nicht mal meine Fresse halten kann. Tja, und jetzt ist es auf der Platte drauf.

Wie gesagt, eure Platte macht einen wesentlich härteren Eindruck als noch die letzten. Aber mit „The River“ ist ein sehr relaxter Rocksong vertreten und das von dir schon erwähnte „Crown Of Thorns“ stellt eine schöne Akustikballade dar. Wie kam es dazu?

Wir versuchen immer gerne auch mal etwas, was nichts mit den anderen Songs auf der Platte zu tun hat. Das war z.B. bei „The Fugitive“ von der „Judgement Day“-CD genauso. Wir nehmen uns immer gerne mal die Frechheit raus und machen einen oder zwei Songs, die nicht so direkt vor den Latz knallen.

Von was wurdet ihr bei der Findung des Albumtitels inspiriert?

Der ist eigentlich relativ einfach entstanden. Mat und ich haben zusammen gesessen, die Songs geschrieben und uns dabei immer überlegt, wie wir denn nun im Endeffekt die Platte nennen sollen. Wir hatten aber nie eine Idee. Als dann die Platte fertig war, haben wir erst gemerkt, dass sie wirklich ziemlich heavy ist und einigen garantiert die Mütze vom Kopf fegen wird. Also haben dann diesen Songtitel genommen, weil er einfach passt wie die Faust aufs Auge.

Du bist jetzt seit 1988 bei Sinner dabei. Hat sich in dieser Zeit irgendetwas im Business verändert?

Es verändert sich immer etwas im Business. Die Musik entwickelt sich immer weiter, was man aber nicht immer gut finden muss. Trends kommen und gehen. Die alten Trends sind auf einmal wieder da. Die Verkaufszahlen haben sich verändert. Das Internet ist dazugekommen, wodurch man ganz andere Möglichkeiten hat, sich zu präsentieren, es aber auch das Problem der Downloads gibt. Konzerte werden nicht mehr so gut besucht wie früher, weil inzwischen die Preise horrend gestiegen sind. Ich wohne hier in Stuttgart in der Nähe vom LKA, weswegen ich das Programm dort immer mal betrachte. Es kam schon mal vor, dass innerhalb von drei Wochen Doro, Stratovarius und Iced Earth hier gespielt haben. Der normale Fan hat doch gar nicht genügend Kohle, auf alle drei Konzerte zu gehen, sich ein Shirt zu kaufen und ein paar Bierchen zu trinken.

Das stimmt allerdings. Aber so etwas ist auch immer ein bisschen regionbedingt. Ich komme aus der Nähe von Frankfurt und, seitdem in Offenbach die Hafenbahn zugemacht hat, geht hier an Konzerten so gut wie gar nichts mehr. Leider.

Wieso? Es gibt doch noch in Langen und Offenbach jeweils die Stadthalle und in Frankfurt selbst die Batschkapp.

Ja, aber nach Langen und Offenbach kommen nur „größere“ Bands wie Hammerfall, In Flames oder Motörhead. Und die Batschkapp ist eher neumetallisch ausgerichtet, weswegen dort gute Metal-Packages wie z.B. X-Mass oder No Mercy-Festivals keinen Halt machen.

Stimmt, in Tourdaten taucht Frankfurt immer seltener auf. Dafür sieht man andere Städte immer. Hamburg, Köln, Bochum, Stuttgart, München. Und im Osten sieht es auch nicht allzu rosig aus. Berlin bekommt als Hauptstadt auch verdammt wenige Gigs ab. Das mag aber auch mit den Preisen zusammen hängen, weil eine Tour heutzutage auch nicht mehr allzu billig ist. Es muss ja irgendwie alles finanziert werden, weswegen im Prinzip der Musiker für die gestiegenen Preise gar nicht so viel kann, weil er seine Dienstleistung gar nicht verteuert hat.

Wohl wahr. Aber erklär das mal dem, der keine Kohle für ein Ticket hat. Dem ist, glaube ich, wurscht, wer für die Erhöhungen verantwortlich ist. Ihn kotzt es einfach nur an. Aber lass uns mal wieder über erfreulichere Dinge reden. Was waren denn die bisherigen Highlights in deiner Karriere?

Mit Sicherheit meine allererste Tour, das erste Konzert auf der Loreley, die Tour zusammen mit Mr. Big, dann natürlich die Tour mit Deep Purple und Möglichkeit diese Band einmal kennen zu lernen. Mit Primal Fear waren es sicher die Auftritte auf den größeren Festivals wie Wacken, With Full Force, Dynamo, Graspop, Monsters Of Rock in Turin. Früher bist du z.B. immer als Fan zu Monsters Of Rock hingepilgert und jetzt spielst du da auf einmal selbst mit. Das ist schon ein verdammt geiles Gefühl und man macht immer wieder einen kleinen Schritt nach vorne, was aber nicht heißt, dass es keine Wünsche und Träume mehr gibt, die man sich gerne erfüllen möchte.

Ein weiterer Traum dürfte auch in Kürze in Erfüllung gehen, da ihr bald euren ersten Auftritt in Amerika spielen werdet. Wie seht ihr dem entgegen?

Dieses Metal Meltdown Festival wird mit Sicherheit sehr witzig werden. Da spielen Bands, bei denen ich völlig durchdrehen könnte. Nuclear Assault, Budgie, Sleez Beez und Status Quo. Da freu ich mich riesig drauf. Das einzige, vor dem ich Angst habe, ist das Fliegen.

Aber ihr seid auch hier in Kürze live präsent, wenn ihr einige Gigs mit Hammerfall zusammen spielt. Warum seid ihr aber nicht die ganze Tour als Support mit dabei?

Die haben ja schon mit Masterplan und Dream Evil zwei Support Bands dabei. Jetzt gibt es halt einige Veranstalter, die sagen, dass sie unter der Woche keine vierte Band spielen lassen wollen. Deswegen haut das mit uns als vierter Band nicht immer hin. In Langen wollten wir eigentlich auch spielen, aber dort kann zum ersten Mal eine etwas größere Produktion gefahren werden, was einige technische Probleme mit sich bringt. Da wollten wir dann auch nicht rumstressen, weil wir die Jungs von Hammerfall durch die gemeinsame Tour mit Primal Fear gut kennen. Deswegen spielen wir jetzt nur die Gigs in Kaufbeuren, Stuttgart und Lichtenfels.

Du hast eben wieder den Namen Primal Fear erwähnt. Wie stehst du zu den ewigen Vergleichen zwischen Sinner und dieser Band, die ja eigentlich durch deine und Mats und Hennys ehemalige Beteiligung auf der Hand liegen?

Also von der Musik her sehe ich da jetzt nicht so viele Parallelen. Du?

Nein, ich eben auch nicht.

Ich meine, die Platte ist zwar ziemlich hart geworden. Das ist aber dann auch das einzige, was uns mit Primal Fear verbindet, da Sinner noch mehr diesen Heavy Rock in ihre Musik mit einfließen lassen. Durch Mats Stimme kommt vielleicht noch ein bißchen Blues hinzu. Bei Primal Fear ist die Musik aber meiner Meinung nach schon richtig traditioneller Metal. Wir unterscheiden uns ja schon im Sound. Deswegen halte ich diese Vergleiche für völligen Quatsch. Wir haben unsere Songs so geschrieben, wie wir Bock drauf hatten. Oder sollen wir jetzt etwa anfangen zu scratchen, Hosen anzuziehen, bei denen der Arsch zwischen den Knien hängt, und auf der Bühne wie blöde rumzuhüpfen?

Sinner meets Korn feat. Limp Bizkit. Das wäre eine gewöhnungsbedürftige Mischung! 😉

Definitiv! (lacht) Aber mal im Ernst, wir machen diese Musik, weil wir Bock drauf haben und gute Freunde sind. Deswegen gammeln wir ja auch schon seit 20 Jahren in unserer Freizeit zusammen rum und haben Spass daran. Wir versuchen gar nicht, uns irgendwelchen Trends anzubiedern. Das würde uns doch eh‘ keiner abnehmen. Wir machen wirklich nur das, worauf wir Lust haben. Und das akzeptieren und honorieren die Leute.

Was ja auch richtig so ist. Ihr habt für ein kürzlich erschienenes Metallica-Tribute Album den Song „Wherever I May Roam“ aufgenommen. Warum diesen?

Wir hatten mehrere Stücke zur Auswahl, von denen uns dieser am Ende aber persönlich am besten gefiel. Es ist einer unserer Lieblingssongs von Metallica. Außerdem war es ziemliche Herausforderung für uns, weil das Black Album soundmäßig ja schon eine ziemliche Granate ist. An diesen Sound heranzukommen ist verdammt schwer. Also haben wir unser bestes versucht. Wir haben den Song aber nicht 100%ig übernommen, sondern ihn in der Mitte etwas abgeändert. Ich glaube auch nicht, dass die Leute „Whiplash“ oder „Motorbreath“ von uns hätten hören wollen. Da passt „Wherever I May Roam“ schon besser zu Sinner als z.B. „Fight Fire With Fire“. Das wäre besser für Bands wie Destruction. Denen würde man das auch eher abkaufen als uns.

Wie stehst du zu Tribute Alben generell? Gerade für Bands wie Metallica oder Maiden gibt es diese ja wie Sand am Meer.

Ich denke für den Fan ist es schon recht interessant, wenn seine Lieblingsstücke auch mal von anderen Bands gespielt werden. Ob es natürlich Sinn macht, Tributes wie Sand am Meer herauszubringen, weiß ich nicht. Ich persönlich würde mir keine kaufen. In nächster Zeit sind wir aber wieder einige Male im Studio, um Songs für Tribute-CDs aufzunehmen, u.a. für eine Maiden, eine Motörhead, eine Deep Purple und eine Black Sabbath. Anscheinend liegen diese Tributes wohl gerade im Trend. Und als Musiker macht es natürlich auch einen Riesenspass, diese Songs zu zocken, und es ist gleichzeitig eine Herausforderung.

Kommen wir mal auf ein anderes Thema: Ich habe auf eurer Homepage einen Link zu Schalke 04 gefunden. Seit ihr in der Band alle Schalke-Fans und fasst das so richtig als Religion auf?

Der Mat und ich auf jeden Fall. Der Frank (Rössler, Keyboarder – Anm. d. Verf.) weiß, glaube ich, gar nicht, dass der Ball rund ist.

Beim Henny (Wolter, Gitarre – Anm. d. Verf.) und beim Fritz (Randow, Drums – Anm. d. Verf.) bin ich mir da nicht so sicher, ob sie fußballinteressiert sind. Bei Mat ist es aber am extremsten. Er ist da auch fanclubmäßig unterwegs, fiebert immer richtig mit und ist in dieser Szene drin.

Aber du scheinst auch ein Fachkundiger zu sein. Wer wird Deutscher Meister dieses Jahr?

Leider Bayern München. Das lässt sich halt nicht verhindern. Die haben den größten Tresor mit dem größten Geldsack drin und könne sich somit auch die dementsprechenden Spieler leisten. Und andere, wie z.B. unser Erzfeind Dortmund, schwächeln gerade. Aber da muss ich als Schalke-Fan sagen, dass dann doch lieber die Bayern als Dortmund Meister werden sollen.

Naja, das sieht man als Eintracht Frankfurt-Fan doch etwas anders. Da gönnt man es zwar beiden Vereinen nicht wirklich, aber im Endeffekt immer noch lieber Dortmund als Bayern.

Jaja, die Frankfurter! Die hatten auch mal gute Zeiten, gell? Besonders in der Saison ’92, in der dann Stuttgart doch noch Meister geworden ist.

Unverdientermaßen, denn uns wurde ein ganz klarer Elfmeter aberkannt.

Ich habe mich auch nicht gefreut, denn ich bin auch noch Fan der Stuttgarter Kickers, die jetzt in der Regionalliga, glaube ich, gegen die Amateure der Eintracht kicken. (lacht) Dieser Tag damals war für Eintracht Frankfurt und Stuttgarter Kickers-Fans wohl gleich schlimm, denn der VFB Stuttgart ist Deutscher Meister geworden und die Stuttgarter Kickers sind aus der Bundesliga abgestiegen.

Ach du meine Güte, das wäre dann ja ungefähr dasselbe, wie wenn die Offenbacher Kickers Meister würden und die Frankfurter Eintracht würde absteigen. Naja, aber das passiert eh‘ nie!

Ungefähr so wäre das, ja! Und deswegen war es für mich ein Grund, mich zu betrinken.

Das würde ich wohl auch tun, wenn dieses Szenario jetzt so eintreten würde. Aber jetzt haben wir die Fußballhasser hier genug gernervt! 😉 Wie geht es weiter mit Sinner?

Wir lösen uns auf! (hält kurz inne, um danach loszulachen) Wir werden jetzt erstmal, wie gesagt, die Gigs mit Hammerfall spielen. Im März geht es dann in die USA. Für April ist dann eine Tour hier im Gespräch, aber noch nichts bestätigt. Im Sommer geht es dann auf die Open Air Festivals. Wacken und das Summer Breeze sind sicher und Sweden Rock und Rock Machina in Spanien sind im Gespräch.

Dann viel Glück dafür! Ich bedanke mich für das unterhaltsame Gespräch. Hast du noch ein paar letzte Worte an eure Fans?

Hey, Metalheads! Wie heißt es so schön: Bangen sie das fucking Kopf, Mann! (lacht) Ein so genialer Spruch vom Candlemass-Fronter Marcolin. Unterstützt eure lokalen Metalbands und den Metal sowieso. Be excellent to each other and party on!

Galerie mit 22 Bildern: Sinner - The Santa Muerte Release Shows 2019 in Mannheim
28.01.2003

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