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Interview

Ihre Songs sind musikalisch nur schwer einzuordnen. Sie sind dramatisch, hoffnungsvoll und traurig zugleich. Ihre Musik vermittelt Feuer, Leidenschaft, das Gefühl gebrochener Herzen und verzweifeltes Verlangen. Mit ihrem dritten Werk "Where Heaven ends" sollten die Finnen von Lab um Sängerin Ana endlich mehr Aufmerksamkeit hierzulande erlangen, zumal sie musikalisch ihre ganz eigene Kategorie kreieren. Moderner Psycho-Pop-Electro-Punk-Rock mit der melancholischen Seite des Gothic Rock und einem guten Schuss Sex-Appeal wäre eine passende Beschreibung.

LabDie Songs vermitteln eine bestimmte Art von Traurigkeit, in ihnen ist Dramatik, aber auch Hoffnung? einverstanden? Und was würdest Du ergänzen?

?gebrochene und zerrissene Herzen, die Vermischung der Worte Hoffnung und Leidenschaft in dem Sinne, dass Du Dich ganz stark nach etwas sehnst, etwas brauchst, was aber nur in Deiner Hoffnung existiert. Und manchmal hast Du das Gefühl, dass nicht einmal diese Hoffnung da ist.

Verzweifelte Sehnsucht vielleicht…

Ja, Verzweiflung passt. Verzweifelt etwas wünschen, etwas wollen und verzweifelt Hoffen.

Der Anfang des Liedes „Torture for Two“ ist schwierig zu beschreiben, aber unglaublich intensiv. Schön und grausam gleichermaßen. Hat der Song einen speziellen Hintergrund für Dich?

Ja, es geht um die Beendigung einer Beziehung, die verheerend und schmerzhaft ist. Ein schmerzhaftes Glück.

Wirklich geschehen oder nur in Deinem Kopf?

Wirklich geschehen. Die Dinge, die sich in meinem Kopf abspielen, sind meist wirklich geschehen oder es ist das, was ich wirklich fühle. Alle Lyrics entstehen dort in meinem Kopf. Manchmal ist es aber auch so etwas wie „wahre Fantasie“ ? hmmm, wie kann man das ausdrücken? Es sind so halb-wach-halb-schlafend stattfindende Träume, die in Sequenzen kommen. Man sieht etwas und dann sieht man mehr… und mehr. Das kommt einfach so. Wenn ich mit dem Wort Himmel und den ‚himmlischen Elementen‘ spiele musst Du wissen, dass das Wort ‚Himmel‘ in den meisten Fällen der Name einer Person ist. Das klingt verrückt, aber diese Person ist jemand, die irgendwie in diesen ganzen Träumen, die immer wieder auftauchen und sich fortführen, lebt. Es ist eine ganz bestimmte Traumwelt, in die ich mich zurückziehe und wo eine bestimmte Person ist.

Du bist also jemand, der viel träumt?

Ja. Ich liebe es zu schlafen ? das ist definitiv mein Hobby. Und wenn ich aufwache, kann ich mich oft daran erinnern, was ich geträumt habe. Manchmal kann ich den Traum auch am Leben halten, wenn ich wach und halbwegs bei klarem Bewusstsein bin, so dass ich ihn in meinem Kopf speichern kann. Ich träume auch von Songs und ähnlichem. Ich kann kein einziges Instrument spielen ? es ist also so eine Art Orchester, welches in meinem Kopf spielt und das ich dann versuche zu lernen, zu verstehen und irgendwie zum Beispiel mit Nummern aufzuschreiben. Noten kann ich nicht wirklich schreiben…

Zum Träumen: Ich glaube, die Menschen könnten ohne Fantasie in schlimmen Zeiten nicht überleben. Einige Menschen sind zu beschäftigt, um zu träumen ? deshalb brauchen wir ebenso Kunst und Entertainment. Um für eine Weile abzuschalten, zu fliehen. Entweder Träumen, Entertainment oder Kunst rettet Leben, wenn man durch schwierige Zeiten geht. Das hoffe ich jedenfalls.

Wenn ich „Torture for Two“ höre, habe ich ein bestimmtes Bild im Kopf: Eine riesige Bühne? in der Mitte ein Mädchen, welches diesen Song singt? die Bühne ist viel zu groß für sie, scheint sie zu erdrücken und ihr Angst zu machen…

Weißt Du, warum bei Dir dieses Bild entsteht? Du SIEHST Musik, ist es nicht so? Wenn Du Musik hörst, spielt sich ein Video in Deinem Kopf ab. Ich schaue mir auch die Musik an, wenn ich sie höre und fühle sie. Nicht aus dem Blickwinkel eines Musikers, wie ich dies oder jenes spielen würde? sondern mental. Bei „Torture for Two“ geht es um totale Leere und Einsamkeit. Wenn Du realisierst, dass Du plötzlich alleine bist. Zerbrechlich, klein, hilflos, verletzbar, Du kannst Dich nicht beschützen, nackt? das ist genau das, worum es in dem Lied geht. Es ist wie ein Gebet? bitte, bleib dennoch mein Freund, auch wenn dies sehr weh tun würde und es ein Ende haben muss. Dir ist kalt.

„Goodness I?m a Goddess“ klingt irgendwie leicht verrückt.

Ja, der Song ist auf eine positive Art verrückt. Als ich eines Morgens aufwachte, kam mir die Idee zu der Geschichte dieses Liedes. Einer dieser vielen Vormittage, wenn Du aufwachst, wie so ein kleiner Seehund aussiehst, Dir wünschst, Du würdest immer noch schlafen? Du blickst aus irgendeinem Grund in den Spiegel und denkst ‚oh fuck‘. Dann versuchst Du anders an die Sache heran zu gehen: ‚Ja, vielleicht sehe ich ein wenig elend aus, aber ist es nicht so, dass mein Job es verlangt, in irgendeiner Weise eine Art Idol zu sein? Das würde man jetzt in diesem Moment nicht wirklich glauben, ABER eigentlich ist es dein Job, so etwas wie ein kleines Idol zu sein, von dir wird erwartet irgendwie ein hübsches oder cooles Wesen zu sein…‘ Und dann mache ich daraus in meinem Kopf eine Karikatur, übertreibe, überziehe… goodness I’m a goddess. Ich fing an, diese Geschichte über ein Mädchen zu schreiben, welches in nichts gut ist. Was also kann sie tun? Wenn du dich auf nichts konzentrieren kannst, kreativ bist, aber nichts auf die Reihe bekommst. Total von deiner Stimmung geleitet, irgendwie außer Kontrolle. Was ist also der Job, den so jemand tun kann? Das einzig mögliche ist eine Göttin zu sein, denn dann darfst Du so sein. Alles, was du tust, ist richtig. Der Song entstand also aus so einer Art Selbstironie.



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Würdest Du Dich nicht selbst auch als ein wenig verrückt bezeichnen? Wenn man Dich auf der Bühne oder Backstage erlebt, kommt dieser Eindruck ein bisschen auf.

Weißt Du, was das verrückteste ist? Ich trinke niemals vor einem Auftritt… das schlimme ist, dass ich all diese Dinge tue, wenn ich komplett nüchtern bin. Vielleicht bin ich also verrückt ? dann aber auf eine natürliche Weise.

Auf der Bühne hattest Du einmal ? wie auch in dem Video-Clip zur Single „When heaven gets dirty“ ? weiße Flügel aufgesetzt. Deine langen blonden Locken dazu ? irgendwie wie ein Engel. Dann explodierst Du auf der Bühne, als ob da irgendwo der Teufel in Dir steckt.

Ich bin ein etwas anderer Engel…

Ist da also eher der Engel oder der Teufel in Dir?

Nicht der Teufel, aber eine Kreatur. Ein Engel mit schmutzigen Flügeln, also einer, der menschliche Eigenschaften wie Gier kennt, der ein kleines bisschen fies und böshaft sein kann und ein wenig schmutzig ist.

Im Oktober ward Ihr mit Xandria und Entwine auf Tour und musstet jeden Abend als erstes auf die Bühne. Es gibt schöneres, oder?

Mir bringt das irgendwie einen Kick. Wir waren ein komplettes Fragezeichen für die Zuschauer. Sie wussten so gut wie nichts über uns. Das verursacht auf jeden Fall ordentliches Magenkribbeln, weil man nicht weiß, was die Leute über einen denken. Wenn die Zuschauer etwas Neues sehen, betrachten sie es erstmal und fragen sich dann: Was in aller Welt ist das? Mag ich es oder hasse ich es? Es ist spannend, die ersten Reaktionen zu sehen. Ich kann eigentlich nur gewinnen, daher ist es auf eine gewisse Art und Weise einfach. Es ist natürlich auch schön, in einer komplett gefüllten Location vor deinem eigenen Publikum zu spielen, dass die Songs mitsingen kann. Du kannst richtig Spaß zusammen mit ihnen haben, so dass die Arbeit für mich auf der Bühne nicht so einsam ist. Ich mag es aber auch, die erste Runde zu übernehmen.

Kommt Euer Bandname von dem Wort „laboratory“? Also ein Labor, welches aus verschiedenen Einflüssen Musik und damit seinen völlig eigenen Stil kreiert?

Ja, genau! Es ist alles wirklich selbst gemacht und selbst entstanden ? und zwar in dem Sinne, dass Pekka (guit.) alles, was er übers Recorden und Produzieren weiß, mit und an der Band gelernt hat. Angefangen damit, was passiert, wenn man diesen und jenen Knopf dreht…

Eure Musik ist schwer zu beschreiben. In einem Review stand Psycho-Pop. Wie wäre es mit moderner Psycho-Pop-Electro-Punk-Rock mit der melancholischen Seite des Gothic Rock und einer guten Prise Sex Appeal?

Das hört sich gut an! Wenn es darum geht, ob es eher Pop oder Rock ist, würde ich sagen, dass die Songs auch eher in die Poprichtung gemacht werden könnten, sie aber eher rockig klingen. Oder auch melancholisch. Ich mag Rock um einiges lieber als Pop, aber es muss immer irgendwo eine Drehung, Wendung in allem sein. Ein bisschen verdreht? wie Schönheit und Terror gleichzeitig, wie böse und nett. Ich mag Musik, die sexy ist. Lass es mich so sagen: Ich habe einen gesunden Appetit und das hört man den Liedern auch an. Es hat etwas von gefährlichem Flirten.

07.04.2005

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