Life Of Agony
"Du bist nicht allein!"

Interview

Vor 26 Jahren erschien mit „River Runs Red“ das grandiose, wegweisende Debütalbum von LIFE OF AGONY, die damit ihre Karriere fulminant begonnen hatten. Nun nimmt die Band den blutroten Faden von damals wieder auf und spinnt die Geschichte mit dem neuen Album „The Sound Of Scars“ weiter. Wir sprachen mit Bassist Alan Robert im Interview darüber, weshalb der rote Fluss wieder fließt.

LOA, 2019. Photos by Gino DePinto.

„The Sound Of Scars“ ist ein Konzeptalbum, das uns zu eurem Debütalbum „River Runs Red“ zurückführt, welches im Oktober 1993 veröffentlicht wurde. Bitte erzähle uns, wie die Idee entstand, die Geschichte dieses Albums fortzusetzen. Wann hattet ihr entschieden, dass „River Runs Red“ eine Fortsetzung braucht?

Die Idee ist ganz natürlich entstanden. Die Songs haben irgendwie zu uns gesprochen. In den Texten tauchte ein gemeinsames Thema auf, das sich mit der Vergangenheit befasste und versuchte, Dinge in diesem Leben zu überwinden, die dich gezeichnet hatten. Wir waren ungefähr am Schreiben von vier oder fünf Songs, als ich der Band die Idee brachte, „The Sound Of Scars“ zu einer Konzeptaufnahme zu machen, die die Erzählung von „River Runs Red“ fortsetzte.

Wenn ich richtig verstanden habe, überlebte der Junge doch, welcher noch auf „River Runs Red“ mit seinen inneren Kämpfen zu tun hatte und letztendlich Selbstmord begann. Wie geht es weiter?

„The Sound Of Scars“ setzt direkt nach den letzten Momenten von „River Runs Red“ ein. Und tatsächlich, wenn du die beiden Alben hintereinander anhörst, verbindet sie beide das Geräusch des Bluts, welches in die Badewanne tropft. Es gibt Audio-Szenen zwischen den Songs, genau wie bei „River Runs Red“, die die Geschichte erzählen. Wo „River Runs Red“ „Montag“, „Donnerstag“ und „Freitag“ hatte, hat „The Sound Of Scars“ „Dann“, „Jetzt“ und „Wann“. Ich werde nicht auf die Details der einzelnen Segmente eingehen, aber es gibt Untertitel in jedem von ihnen, die dem Hörer helfen zu verstehen, was genau passiert ist.

War es schwierig für euch, dorthin zurückzukehren, wo ihr als Band angefangen hattet, um mit dieser Geschichte und Musik fortzufahren? Welchen Herausforderungen musstet ihr euch stellen, als ihr zu euren eigenen Wurzeln zurückgekehrt seid?

Es hat alles sehr organisch geklappt. Wir hatten bereits unsere Haltung der frühen Tage wieder aufgegriffen, die Art und Weise, Songs zusammen zu schreiben und richtig Spaß zu haben. Wir haben auf Vintage-Equipment wie in den 90ern aufgenommen und das Album sogar analog statt digital gemastert. Jeder Schritt auf dem Weg war sehr durchdacht und präzise ausgeführt. Davon abgesehen hatten wir uns nie vorgenommen, eine Kopie von „River Runs Red“ zu machen. Wir betrachten „The Sound Of Scars“ als zweites Kapitel in der Geschichte.

Wie hattet ihr die Songs und die Lyrics für „The Sound Of Scars“ geschrieben? Wie entwickelten sich die Musik und die Texte? Und welchen Einfluss hatten die Produzenten?

Die Texte in dieser Band sind immer von Herzen gekommen und repräsentieren die Zeit und den Ort, an dem sie geschrieben wurden. Ich schreibe Texte, wenn ich von Gefühlen inspiriert bin… ich erzwinge nie einen Gedanken. Wenn ich emotional von einer Situation betroffen bin oder wenn meine Depression an die Oberfläche sprudelt, kommen normalerweise die besten Songs heraus. Die Produzenten Sylvia Massy (TOOL, SYSTEM OF A DOWN) und Joey Z hatten eine Vision für das Album, das von Anfang bis Ende aufgenommen wurde. Von den Tönen, Performances und Mixes, alles kam zusammen. Howie Weinberg, der geschätzte Mastering-Ingenieur, der „Nevermind“ von NIRVANA und „Master Of Puppets“ von METALLICA gemastert hat, gab dem Album den letzten Schliff.

Ihr habt zwei Songs als Singles veröffentlicht – „Scars“ und „Lay Down“. Was hat euch dazu inspiriert, diese als Singles zu veröffentlichen?

Eine dritte Single namens „Black Heart“ wurde veröffentlicht, kurz bevor die Platte rauskam. Alle drei Songs haben eine ganz besondere Qualität. Sehr einprägsame Melodien. Wir haben das „Scars“-Video tatsächlich in München gedreht! Was für eine lustige Zeit! Wir stellten die Band auf dem Boden des Veranstaltungsortes auf und die gesamte Menge rockte um uns herum. Wir waren im Grunde mitten im Auge des Sturms.

Nachdem ihr das Album gemacht habt, was hast du daraus gelernt?

Mit jedem Album lernt man definitiv neue Dinge, aber gerade durch dieses haben wir viel gelernt. Ich denke, die wichtigste Lektion war, dass wenn du wirklich das liebst, was du tust, diese Leidenschaft und Intention durch das Resultat gefühlt werden kann.

Was fällt dir ein, wenn du an die Zeit zurückdenkst, als LIFE OF AGONY „River Runs Red“ gemacht haben? Du warst Anfang 20, als das Album veröffentlicht wurde, das zu einem Klassiker der 90er Jahre wurde. Wie war die Band damals, was waren eure Visionen, Hoffnungen, Ziele? Was kannst du mir über die Bedeutung dieses Albums sagen und was bedeutet es für dich persönlich?

Zu der Zeit waren wir nur Kinder und wir wussten nicht, dass wir ein Album machen, das später ein Klassiker sein würde. Tatsächlich hatten wir keine Ahnung, dass wir über 25 Jahre später noch über dieses Album sprechen würden. Es ist eine erstaunliche Reise und wir schreiben immer noch unsere Geschichte durch alles, was wir tun. Wir sind sehr stolz auf das, was wir erreicht haben und was noch vor uns liegt.

Ihr hattet das Glück oder Pech, sehr früh sehr erfolgreich zu sein: Euer Debütalbum gilt immer noch als Meilenstein im Alternative Metal. Wie geht ihr mit einem solchen Erbe um?

Der Erfolg unseres Debüts war ein absoluter Segen. Dieses Album gab uns ein starkes Fundament, auf dem wir seit Jahrzehnten aufbauen. Diese Platte hat Fans auf einer tiefen emotionalen Ebene erreicht und bleibt immer noch emotional bei ihnen. Was das Erbe betrifft, haben wir immer gute Absichten vorwärts gerichtet und das Universum reagiert. Diese Band ist für uns alle so wichtig, deshalb behandeln wir sie und alles, was wir tun, mit größter Sorgfalt.

Ich vermute, ihr hattet einige persönliche Themen in „River Runs Red“ integriert? Ihr hattet gerade die Teenagerjahre verlassen, als ihr das Album gemacht habt, also waren einige Dinge zu diesem Zeitpunkt noch frisch, ihr wart in der Nähe dieses Teenagers. Wie sieht es bei „The Sound Of Scars“ aus? Wie viel LIFE OF AGONY steckt in „The Sound Of Scars“?

Jede einzelne Note und Textzeile kommt von unserer Seele. Dieses Album könnte die beste Darstellung dessen sein, wer wir sind. Es ist ein sehr ehrliches Album. Wie ich bereits erwähnte, ist „The Sound Of Scars“ keine Kopie von „River Runs Red“, sondern eine Fortsetzung. Wir haben nicht versucht, in den Geist des betrübten Teenagers zurückzukehren, sondern in den Geist eines Überlebenden. In gewisser Weise sind wir alle Überlebende. Wir haben alle gegen unsere eigenen Dämonen gekämpft und tun dies in vielerlei Hinsicht immer noch. Unsere Zuhörer können definitiv was davon erzählen… es gibt viele Fans, die mit dieser Band aufgewachsen sind und sich im Laufe der Zeit mit ihren eigenen emotionalen Problemen befasst haben. Wir haben durch diese Musik in den drei Jahrzehnten, in denen wir eine Band waren, viele Leben gerettet. Es ist eine erstaunliche Sache. Die Botschaft war schon immer: „Du bist nicht allein!“

Der Albumtitel „The Sound Of Scars“ deutet darauf hin, dass es viel Schmerz und Leid gibt, aber auch Heilung. Glaubst du, du könntest mit diesem Album etwas heilen?

Auf jeden Fall! Heilung ist immer das, wonach wir suchen. Mit dem Album und mit jeder Show, die wir aufführen. Du kannst es in der Luft fühlen.

LIFE OF AGONY haben eine turbulente Geschichte. Zweimal hat sich die Band getrennt, aber insgesamt könnt ihr auf eine 30-jährige Karriere zurückblicken, herzlichen Glückwunsch! Was waren die Höhepunkte, was die Tiefen in dieser Zeit? Wie hat sich die Band als Einheit verändert und entwickelt? Wie ist das Banfeeling heute?

Genau wie im Leben kann man keine guten Zeiten haben, ohne mit den schlechten fertig zu werden. Deshalb versuchen wir, beide anzunehmen und die Dinge im Blick zu behalten. So hart die schlechten Zeiten auch waren, wir sind dabei geblieben und haben die vielen Hindernisse auf unserem Weg überwunden. Unsere Bindungen zwischen uns sind deshalb stärker.

Was habt ihr für die nächste Zukunft geplant?

Wir haben gerade unseren UK-Abschnitt der Tour beendet und freuen uns darauf, alle unsere Freunde in Europa auf dieser Tour zu sehen! Wir haben unseren Bruder Doyle von THE MISFITS dabei und wir haben eine großartige Zeit zusammen!

Die Tourdaten:

01.11.: Torhout, BEL @ De Mast
02.11.: Düsseldorf, DE @ Zakk
03.11.: Hamburg, DE @ Gruenspan
04.11.: Copenhagen, Denmark @ Amager Bio
06.11.: Hannover, DE @ Musikzentrum
08.11.: Luxembourg @ Kulturfabrik
09.11.: Stuttgart, DE @ Juz Hallschlag
10.11.: Zurich, CH @ Dynamo
12.11.: Graz, AU @ PPC
13.11.: Wien, AU @ Flex
15.11.: Leuven, BEL @ Depot
16.11.: Hengelo, NL @ Metropool
17.11.: Münster, DE @ Sputnikhalle

Galerie mit 11 Bildern: Life Of Agony - Rockharz Open Air 2023
06.11.2019

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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Life Of Agony auf Tour

05.06. - 08.06.24Mystic Festival 2024 (Festival)Bring Me The Horizon, Megadeth, Machine Head, Bruce Dickinson, Accept, Kreator, Satyricon, Biohazard, Fear Factory, Chelsea Wolfe, Body Count, Sodom, Enter Shikari, Furia, Thy Art Is Murder, Life Of Agony, Leprous, Graveyard, Lord Of The Lost, High On Fire, Orange Goblin, Suffocation, Vio-lence, Ithaca, Asphyx, Mysticum, Dool, 1000mods, Cage Fight, Hanabie., Blackgold, Crystal Lake, Endseeker, Humanity's Last Breath, Lamp Of Murmuur, Wayfarer, Lik, Sanguisugabogg, Skálmöld, Villagers Of Ioannina City, Massive Wagons, Evil Invaders, Dödsrit, Gutalax, Textures und GaupaGdańsk Shipyard, Danzig

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