Omnium Gatherum
"Ich würde das niemals ändern. Auch, wenn es manchmal schwierig ist."

Interview

Mal ein anderes Thema. Das Video zu „Refining Fire“ ist ein wenig, äh, merkwürdig…

Markus (lacht): Als ich es das erste Mal gesehen habe, hatte ich den gleichen Eindruck.

Es nimmt aber die Thematik des Albumcovers wieder auf. Das zeigt Schädel in einem Flusslauf. Im Video liegst du (Jukka) scheinbar tot in einem Flusslauf. Also, was habt ihr euch dabei gedacht?

Markus: Ich habe dem Regisseur des Videos sogar gesagt, dass es eine Art Liebeslied ist.

Jukka: Das ist seine Vision. Wir haben ihm da freie Hand gegeben, damit er sich vom Song inspirieren lassen konnte. Die Art und Weise, wie es gedreht ist, erinnert mich ziemlich an Lars von Trier. Das war wirklich sein Ding. Also haben wir gesagt, OK, machen wir doch einen Death-Metal-Song aus einem neuen Blickwinkel. Der ganze Feuer-und-Wasser-Kontrast macht schon Sinn, wenn man darüber nachdenkt.

Die Person – denn das bin ja nicht ich, sondern es ist eine Figur – symbolisiert das Feuer, das im unendlich fließenden Strom des Wassers ist. Deshalb ist er auch immer wieder anders positioniert. Er genießt die Immensität des Lebens und der Existenz an sich, was auch ein Hauptgedanke des Songs ist. Und es ist ein Liebeslied, weil es um die Liebe zum Leben geht, mit der Liebe, dem Hass und all den anderen Dingen, an die man sich erinnert, wenn man im hohen Alter auf sein Leben zurückblickt.

Markus: Wir wollten auch unbedingt Natur im Video haben. Das Video wurde ein paar Kilometer von da, wo ich wohne, gedreht. Da bin ich als Kind immer hingegangen und habe alles ausgekundschaftet. Das ist also ein wichtiger Ort für mich, und es ist auch eine für Finnland sehr typische Landschaft.

Omnium Gatherum – The Arctic Circle Alliance Tour – Köln 2017

Jukka: Es wäre auch sehr klischeebeladen gewesen, einfach Flammen und so weiter im Video zu haben. Ich finde, es ist viel origineller, eine andere Richtung einzuschlagen.

Markus: Aber die Szenen mit dem bewegungslosen Jukka sind ein wenig merkwürdig.

Jukka: Als hätte ich was fallen lassen, zum Beispiel meine Autoschlüssel. Aber ich bin mit dem Video sehr zufrieden. Ich bin stolz darauf, dass wir uns getraut haben, etwas anderes zu machen.

Markus: Der Regisseur ist übrigens der gleiche Typ, der auch das Coverartwork gemacht hat. Er kennt sich also mit dem Konzept aus.

Jukka: Unsere Hörer sollen auch nicht zu leicht davonkommen, sondern sich so ihre Gedanken machen. Dafür gibt das Video auf jeden Fall einiges her. Das erste Video, „Gods Go First“ ist ein normales Performancevideo. Das „Frontiers“-Video von „Grey Heavens“ ebenfalls, also wollten wir mal was anderes machen.

Markus: Eine Inspiration für mich war bei „The Burning Cold“ auch die Serie „Twin Peaks“, denn die dritte Staffel kam gerade raus, als ich das Album geschrieben habe. Das Video ist auch ein kleines bisschen wie „Twin Peaks“. Man muss den Leuten erklären, was passiert, weil kein Mensch weiß, was eigentlich abgeht. Wir hätten auch einfach in einer Fabrikhalle mit ein paar Pyros spielen können.

Und genau das hätten vielleicht alle bei diesem OMNIUM GATHERUM-Song erwartet.

Markus: Genau, aber das ist nicht unser Ding.

Jukka: Das haben wir alles schon gemacht und werden es auch wieder tun, aber man muss auch mal Abwechslung haben. Das gilt auch für die Musik. Die Musik und auch die Texte von OMNIUM GATHERUM sind immer breit gefächert. Ich finde auch, die Leute verdienen es, diese Tiefe zu haben.

Markus: Ich weiß, dass wir kommerziell viel erfolgreicher sein könnten, wenn wir über finnische Mythologie, finnische Dunkelheit, den finnischen Winter, Wölfe und so was alles singen würden, aber das wäre zu einfach. Es geht nicht nur darum, erfolgreich zu sein. Es geht darum, etwas auf seine eigene Weise zu machen.

Galerie mit 22 Bildern: Omnium Gatherum - The Arctic Circle Alliance - Chapter One in Berlin

Mit der Albumpromo kam auch folgendes Zitat von dir, Markus, das mir sehr gefallen hat. „OMNIUM GATHERUM is my first love and greatest passion.“ Wie groß ist der Teil, den OMNIUM GATHERUM in eurem Leben einnimmt? Gibt es manchmal Konflikte mit anderen Dingen des Lebens?

Markus: Der Weg, den wir uns da ausgesucht haben, ist natürlich kein einfacher. Es gibt viele Konflikte mit dem täglichen Leben. Wenn man in einer Band spielt, die viel tourt – und vor allem wenn man in zwei Bands spielt, die viel touren – dann verliert man den Kontakt zu vielen Bereichen des normalen Lebens. Normale Freunde zum Beispiel. Plötzlich merkst du, dass all deine Freunde deine Bandkollegen sind, und Leute aus dem Business.

Jukka: Dafür reicht bei mir eine Band.

Markus: Trotzdem haben wir noch Ehefrauen, das ist schon komisch.

Jukka: Ja, das ist echt komisch. Aber das ist auch etwas, das man respektieren muss. Wenn man 100 Tage im Jahr weg ist, verlangt das dem Partner einiges ab. Es ist sehr respektvoll von ihnen, dass sie unterstützen, was wir tun. Und wir respektieren sie wiederum dafür. Wir wertschätzen natürlich auch das, was sie tun. Jede Tätigkeit, egal ob in der Musikbranche oder nicht, hat ihren Stellenwert. Hätten wir hier keine Reinigungskräfte, oder Merchverkäufer oder Leute wie dich, die Fragen stellen, würde es nichts von dem hier geben. Das gilt auch in Beziehungen. Mit deinen Bandkollegen oder mit deiner Partnerin.

Markus: Ich hatte gerade meinen ersten Sommerurlaub in ungefähr zehn Jahren. Ich hatte fast einen Monat Konzertpause. Was habe ich also gemacht? Musik geschrieben. Und viele Interviews für das neue OMNIUM GATHERUM-Album gegeben.

Jukka: Ja, ich habe auch ein paar neue Lyrics geschrieben. Das war ganz lustig, wir haben vor einer Weile mal auf WhatsApp geschrieben und ich habe gefragt, was er so macht. Er sagte, „ich schreibe Musik, weil ich bescheuert bin.“ Ich sagte: „Lustig, ich schreibe gerade an neuen Lyrics. Wir sind beide bescheuert.“

Markus: Das ist schon ein riesiger Teil unseres Lebens.

Jukka: Und ich würde daran nichts ändern.

Markus: Ja, ich würde das niemals ändern. Auch, wenn es manchmal schwierig ist.

Eine Frage habe ich noch, doch Jukka holt erst mal ein paar Biere. Wir warten geduldig und Markus unterhält sich derweil mit den KORPIKLAANI-Jungs, die ihre Kabine nebenan haben. Ich verstehe nur „paska“. Markus, der deutsche Wurzeln hat, ist ebenfalls gut mit dem Wort „Scheiße“ vertraut.

Eigentlich hatte ich nur noch eine Frage übrig, und zwar, ob ihr von eurer Seite noch was hinzuzufügen habt. Zum Beispiel, was euer Lieblingsessen ist.

Markus: Also mein Lieblingsbier ist IPA [sprichts, und macht sich eins auf]. Ich bin ein Bier-Nerd und probiere immer neue Biere aus. Wenn man auf Tour ist, entdeckt man immer überall welche. Dieses hier habe ich vorher noch nie probiert.

Bevor wir jetzt weiter über Bier fachsimpeln, habt ihr noch was zum Album zu sagen, oder eine Message an die OMNIUM GATHERUM-Fans?

Jukka: Ihr wisst schon, besorgt euch „The Burning Cold“, das am 31.08.2018 rauskommt. Wir touren bald in Amerika und dann ist Europa dran, mit WOLFHEART und NOTHGARD. Wir sehen uns also auf Tour!

Markus: Es gibt viele deutsche Termine auf dieser Tour. Das wird die Melodic-Death-Metal-Party des Jahres! Vielleicht. Für uns jedenfalls. Heute spielen wir übrigens die einzige Festivalshow des Sommers. Wir haben uns den Sommer freigenommen, aber das Summer Breeze ist mein Lieblingsfestival. Und es ist so nah am Releasedate. Als uns das also angeboten wurde, wäre es doof gewesen, es nicht zu spielen.

Jukka: Gute Atmosphäre, gute Leute, coole Location.

Danke euch für das Interview!

Danke!

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Quelle: Markus Vanhala, Jukka Pelkonen
23.09.2018

headbanging herbivore with a camera

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