Svartidauði
"...Ich hätte niemals gedacht, dass der "Rock'n'Roll-Lifestyle" einen erwachsenen und verantwortungsbewussten Menschen aus mir macht..."

Interview

Ich habe euer Auge für Kunst bemerkt. Das hat sich in der Vergangenheit immer wieder speziell bei euren Artworks gezeigt (für das neueste zeichnet sich wieder der talentierte David Glomba verantwortlich). Auf was achtet ihr im Speziellen bei Kunst (egal ob für Cover Artwork, Merchandise oder vielleicht Bühnendeko) die eure Musik oder die Live-Performance bereichern soll?

Wenn wir uns mit einem Künstler in Verbindung setzen, um unsere visuellen Ideen auf zwei-dimensionale Flächen zu projizieren, habe ich immer einen Plan für das Konzept bzw. auch magische Formel mit der wir arbeiten zusammen mit den Lyrics geschickt. Wir haben bestimmte grobe Vorstellungen wie „eher simpel gehalten“ oder komplexer in Verbindung mit den Themen, geben aber sonst absoluten Freiraum für die künstlerische Expression. Dann halten wir einen Dialog über die ersten Entwürfe. Das kann man auch sehr schön mit der alchemistischen Doktrin „Solve et coagula“ („Löse und verbinde“ aus dem Lateinischen – Anm. d. Red.) ausdrücken. Die Künstler bekommen die Musik meist erst zu hören nachdem ihr Werk vollendet ist.

Was war die größte Lektion die ihr auf Tour, egal ob in musikalischer oder persönlicher Hinsicht, gelernt habt?

Auf Tour zu sein und in einem Nightliner für Wochen zu leben hat mich definitiv dazu ermuntert, heiße Duschen und Nächte wo ich mal durchschlafen kann mehr wertzuschätzen. Ich hätte niemals gedacht, dass der „Rock’n’Roll-Lifestyle“ aus mir eher einen verantwortungsbewussten Erwachsenen anstatt degeneriertem Stück Dreck machen würde, haha!

Wie fühlt ihr euch dabei, eine der ersten isländischen Black Metal Bands gewesen zu sein, die aus den kleinen Anfängen im Untergrund seit dem Release von „Flesh Cathedral“ zum heutigen Tage eine bekannte und respektierte Band geworden ist? Selbst andere isländische Bands wie SINMARA, und Misþyrming (die jeweils Bandmitglieder mit euch teilen) berufen sich auf euch als Inspiration. Denkt ihr, dass ihr den Erfolg des isländischen Black Metals „gestartet“ habt oder zumindest international bekannter und anerkannter?

Ja, unglücklicherweise haben wir es wirklich „gestartet“. Als wir erstmalig 2006 live gespielt und Musik veröffentlicht haben, war der isländische Black Metal so gut wie ausgestorben. Also ja, wir haben ihn irgendwie gestartet. Allerdings mag ich es nicht über uns so nachzudenken, da das bedeuten würde das wir zu dem Museum und zu der Tradition geworden sind, die wir eigentlich zerstören wollten. Wir müssen immer jung, hungrig und horny bleiben um das zu tun was wir tun. Ich möchte niemals jemand sein, der sich später selber in einer „Hall Of Fame“ betrachtet. Ich möchte immer diesen jugendlichen und delinquentischen Geist in mir haben, auch wenn ich 85 bin.

In Bezugnahme auf die Albentitel… denkt ihr wir sind momentan im sterbenden „Flesh Cathedral“-Äon oder können wir bereits die ersten Jahre von etwas neuem beobachten, also sind wir schon auf der „Revelation of the Red Sword“-Seite der Zeit?

Ein wenig von beidem, denke ich. Extreme Umstände erzeugen extreme Reaktionen. Die Welt stirbt und es liegt in eines/r jeden Hand, neue Welten zu erschaffen. Ich bin in Kontakt mit einer Handvoll Individuen, die Gemeinschaften außerhalb dem Nukleus der „modernen Welt“ erschaffen haben.

Das ist noch ein Ziel von mir, einen ähnlichen Weg zu gehen und sich nicht vom alltäglichen Bullshit der modernen Leistungsgesellschaft runterziehen zu lassen. Ich glaube, dass das was wir auf globaler Ebene sehen, einfach das Todesröcheln des Osiris-Äons ist. Die Geschichte hat uns gelehrt, dass alle großen Imperien und Ideologien letzten Endes gefallen sind und zu denken, dass unsere momentane Weltordnung die wir während unseres Aufwachsens kennen gelernt haben nicht denselben Prinzipien folgt und bleiben wird, ist ganz einfach ignorante Arroganz oder Wunschdenken.

Verglichen mit mehr „straighten“ Black-Metal-Bands die keine Gefangenen nehmen (denke an MARDUK oder ähnliche) kam mir euer Sound immer ein wenig hintergründiger vor… mehr schleichend und bedrückend, eine langsame, aber letzten Endes tödliche Krankheit (passt somit auch zu eurem Namen). Wenn ihr eure Musik mit einer Krankheit beschreiben müsstet, welche wäre das (Bitte jetzt nicht mit der Schwarzen Pest kommen 😉 )?

Das ist eine ziemlich coole Beschreibung, danke. Ironischerweise würde ich sagen, dass die Syphilis unsere Musik am besten beschreibt. In einem Akt voller Freude und Euphorie übertragen, nur um danach langsam aber sicher Geist und Körper aufzufressen, so dass irgendwann nur noch eine Hülle übrig bleibt.

Ihr habt letztens auch nach meinem Wissen euer erstes AMA (Ask me Anything – Anm. d. Redaktion) gehalten. Denkt ihr das ist in der heutigen Zeit ein notwendiges Übel, von Zeit zu Zeit sich auf Social Media zu „zeigen“ um im Gespräch zu bleiben? Oder würdet ihr lieber ganz darauf verzichten?

Um ehrlich zu sein hab ich die Idee anfangs auch gehasst, aber ich hab es als Herausforderung angesehen die wir angehen sollten, um aus unserer Komfortzone heraus zu kommen und ein wenig mit unseren Fans ins Gespräch zu kommen. Es war eine interessante Erfahrung, aber hat mir auch ein wenig Kopfschmerzen bereitet.

Von den Themengebieten eurer Musik und den Lyrics schließend gehe ich mal großzügig davon aus, dass ihr recht erfahren und engagiert in vielen spirituellen und okkulten Praktiken seid. Spielt das auch in euer persönliches Leben mit hinein und wenn ja, wie?

In der Tat. Ich möchte nicht zu tief einsteigen, auch weil es etwas zutiefst persönliches ist, so wie ich mein Sexleben oder Wehwehchen nicht in jedem Interview ausbreiten würde… nur um euch eine Idee zu geben, abgesehen von Meditation und Ritualen, ist das banalste Level des Einflusses auf mein alltägliches Leben, wie ich die Welt um mich herum wahrnehme, Informationen aufnehme und wie ich mich ausdrücke. Es fließt zu einem gewissen Teil durch alle Aspekte des Lebens.

Wenn – rein theoretisch gesprochen – ihr ein Musikvideo für eines eurer Lieder schießen könntet oder wolltet… welcher Regisseur wäre die perfekte Wahl?

Nun ja, da Stanley Kubrick tot ist würde ich sagen entweder Panos Cosmatos oder Gaspar Noe, beide unter den besten psychedelischen Perversen im heutigen Kino.

Könnt ihr schon Tourdates für 2019 mit uns teilen?

Nope, alles zu seiner Zeit.

Das wäre es von mir, danke fürs Interview… Platz für letzte Worte oder eine ohrenbetäubende Stille

Danke fürs Interview und die Aufmerksamkeit. Ich schließe mit Crowley:

I am the flame that burns in every heart of man, and in the core of every star. I am Life, and the giver of Life, yet therefore is the knowledge of me the knowledge of death.
-Liber Al vel Legis 2.6

 

 

Galerie mit 18 Bildern: Svartidauði – De Mortem Et Diabolum 2018

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Quelle: Band
25.11.2018

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1 Kommentar zu Svartidauði - "...Ich hätte niemals gedacht, dass der "Rock'n'Roll-Lifestyle" einen erwachsenen und verantwortungsbewussten Menschen aus mir macht..."

  1. nili68 sagt:

    Die machen ganz anständigen orthodoxen Black Metal, aber das lyrische Konzept.. naja, ist ja nicht verboten. Da muss man als rational denkender Mensch einfach drüber hinwegsehen. Gilt für Metal, Black Metal im Speziellen, generell.
    Ist halt die „Harte Männer-Variante“ von den Astrologie-Tussis in den Wechseljahren..