Árstíðir
Árstíðir live in Esslingen

Konzertbericht

Billing: Árstíðir, Myrra Rós
Konzert vom 2013-09-14 | Kulturzentrum Dieselstraße, Esslingen

Dass ÁRSTÍÐIR ausgerechnet bei der erwähnten PAIN OF SALVATION-Tour eine so gute Figur machten, liegt vor allem daran, dass es sich dabei um eine Akustik-Tour handelte. Die Band verzichtet von Haus aus komplett auf elektrische Verzerrung und setzt dabei auf gleichermaßen ruhige wie anspruchsvolle Stücke, die zum aufmerksamen Zuhören und Genießen einladen. So erwartet den geneigten Zuhörer am heutigen Abend im Kulturzentrum in der Esslinger Dieselstraße keine ausgelassene Party, obwohl der bestuhlte Saal bestens gefüllt ist. Stärker als der begeisterte Applaus zwischen den Stücken zeigt das ansonsten herrschende gebannte Schweigen die Begeisterung des Publikums und da die Band auf eine ausgeprägte laut/leise-Dynamik setzt, bräuchte man oftmals nur eine Stecknadel fallenlassen, um sich der verärgerten Blicke des gesamten Auditoriums sicher zu sein.

Galerie mit 20 Bildern: Árstíðir - Árstíðir - Europatour 2013

Nicht nur instrumental sind die Stücke äußerst durchdacht, auch die Gesangsarrangements sind schlichtweg brillant. Jeder der ÁRSTÍÐIR-Musiker ist zugleich auch ein guter Sänger, so das die immer wieder eingestreuten, bis zu sechsstimmigen Chorpassagen, bei denen die Einzelstimmen stets unterscheidbar bleiben, mächtig Eindruck schinden. Doch die Band geht noch einen Schritt weiter und legt in der Mitte ihres ersten Sets die Instrumente komplett beiseite, um mit „Þér Ég Unni“ ein noch auf keinem ihrer beiden bisherigen Alben veröffentlichtes A-Cappella-Stück anzustimmen, das alle Kinnladen nach unten klappen lässt. Was das Sextett hier abliefert, ist nicht von dieser Welt und so darf man darauf hoffen, dass die Andeutung, in Zukunft möglicherweise ein komplettes Album nur mit Chorgesängen veröffentlichen zu wollen, nicht nur ein launiger Spaß am Rande gewesen ist. Überhaupt wirken die Jungs in ihren Ansagen angenehm bodenständig und kommunizieren in lockerem Plauderton völlig unaffektiert mit dem Publikum, das gar nicht anders kann, als sie von Grund auf sympathisch zu finden.

Auch ÁRSTÍÐIR wechseln zwischen Englisch und ihrer isländischen Muttersprache hin und her, während sie stilistisch schwer zu greifen sind. Ruhige Akustik-Klänge, teils progressiv anmutende Songstrukturen, eingängige Pop-Melodien und eine deutliche Folk-Schlagseite sind die Hauptzutaten in einem einzigartigen Klangbild, das heute von einem perfekt abgemischten Sound in Szene gesetzt wird. Zugegeben, gelegentlich kann man leichte Rückkopplungseffekte bemerken und die Basslinie von „Næturylur“ wummert fast schon unangenehm heftig in der Magengrube herum, macht den Song dadurch aber nur noch eindringlicher. Überhaupt ist es faszinierend, welche Durchschlagskraft man mit rein akustischen Instrumenten erreichen kann. Stücke wie „Lost In You“ oder „You Just Have To Know Of Me“ beginnen relativ unscheinbar und zurückhaltend, um sich dann zum Refrain hin mit voller Wucht zu entfalten und dadurch unvermeidbare Gänsehaut zu verursachen. Das den ersten Teil des Konzerts beschließende „Nú Gleymist Ég“ zeigt dann, dass selbst ein einfacher „Lalala“-Part sich tief in Herz und Hirn des Zuhörers einbrennen kann, wenn er so gekonnt sechsstimmig in Szene gesetzt wird, und klingt in der folgenden viertelstündigen Unterbrechung noch lange in allen Köpfen nach.

Árstíðir

Nach der Pause findet sich auf der insgesamt rund anderthalb Stunden umfassenden Setlist wieder ein reines A-Cappella-Stück. „Land Mins Föður“ ist jedoch keine Eigenkomposition, sondern ein Stück aus der Feder des isländischen Dichters Jóhannes úr Kötlum, das anno 1944 beinahe zur Nationalhymne des gerade frisch gegründeten Nordatlantikstaats auserkoren worden wäre. Den Höhepunkt markiert dann das fulminante „Shades“, das als einziges Stück auf dezente elektronische Effekte und Percussion-Sounds zurückgreift, die in dieser Form eine echte Bereicherung darstellen. Wie auf dem „Svefns Of Vöku Skil“-Album schließt sich daran das tieftraurige „Tárin“ nahtlos an und setzt einen eher nachdenklichen Schlußpunkt.

Doch natürlich gibt es noch einen kleinen Zugabenblock, den ÁRSTÍÐIR komplett ohne Instrumente bestreiten. Mit einem Chor-Arrangement von „And So It Goes“ zollt man dem großen Billy Joel Tribut bevor die sechs Jungs überraschend die Bühne verlassen und um das Publikum herum ausschwärmen. So gibt es das färöische Trinklied „Góða Veislu Gjöra Skal“ ganz ohne Mikrofon, dafür aber in echtem Surround-Sound zu hören. Und weil die Menge restlos begeistert ist und mit dem Klatschen partout nicht aufzuhören gedenkt, kehren ÁRSTÍÐIR ein weiteres Mal zurück, um direkt vor der Bühne ihre allerletzte Zugabe zu singen. Mit Metal mag dieser Abend zwar wirklich nichts zu tun gehabt haben, nichtsdestotrotz zählt dieser Abend sicherlich zu den absoluten Konzerthighlights des Jahres. Bleibt zu hoffen, dass sich die Gerüchte von einer Fortsetzung der PAIN-OF-SALVATION-Akustik-Tour bestätigen werden und diese dann auch ein paar mehr Deutschland-Termine umfassen wird.

 

Setlist ÁRSTÍÐIR:

 

  • Sunday Morning
  • Heiðin
  • Á Meðan Jörðin Sefur
  • Ages
  • Orð Að Eigin Vali
  • Brestir
  • Þér Ég Unni
  • Days & Nights
  • Lost In You
  • Næturylur
  • Nú Gleymist Ég
  • Ljóð Í Sand
  • You Just Have To Know Of Me
  • Land Míns Föður
  • Við Dagsins Hnig
  • Síðasta Kveðjan
  • Til Hennar
  • Shades
  • Tárin
  • And So It Goes
  • Góða Veislu Gjöra Skal

 

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21.09.2013

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1 Kommentar zu Árstíðir - Árstíðir live in Esslingen

  1. Pascal sagt:

    Árstíðir sind klasse 🙂