Dark Funeral - The Secrets Of The Black Arts

Review

Enorm, einfach enorm. Sogar dem Black Metal eröffnet digitale Studiotechnik neue Dimensionen, sofern man es darauf abgesehen hat, neue Dimensionen zu betreten. Es steht wohl außer Frage, dass „The Secrets Of The Black Arts“ 1995 eines der schnellsten Black-Metal-Alben aller Zeiten war, und dass DARK FUNERAL mit ihrem in den nächsten Jahren typisch gewordenen schwedischen Black Metal wirklich für Aufruhr gesorgt haben. Heute spielt jede zweite Band schneller, jede dritte versucht, SETHERIAL, BLOT MINE oder eben DARK FUNERAL zu kopieren, aber „The Secrets…“ macht mehr aus als das.

Diese Neuauflage ist optisch und in der Songauswahl unverändert, offenbart aber eine geradezu höllische Produktion, die im direkten Vergleich mit der 1995er Abyss-Studioversion gnadenlos brutal kommt, dem Schlagzeug mehr Gewicht und den Gitarren mehr Tiefe verleiht und – um einen DIMMU-BORGIR-Kommentar zum neuen Mastering von „For All Tid“ zu zitieren – wirkt, als hätte man das Kopfkissen vor den Lautsprechern weggenommen. De facto klingt „The Secrets… “ in seiner überarbeiteten Version wie ein 2006 aufgenommenes Album, frisch, bösartig, schwarz durch und durch. Natürlich ist das Ding bis zur Boxenexplosion komprimiert (an einigen Stellen hört man das leider recht deutlich), weil moderne Anlagen offenbar keinen Volumeregler mehr haben, aber das ist eben dem Zeitgeist geschuldet und durchaus erträglich.

Jedenfalls ist fast jedes Stück auf diesem Album in den folgenden Jahren ein Klassiker geworden, und das nicht zu Unrecht. Die elf Stücke umweht eine wirklich martialische Aura, die heute nicht minder einzigartig wirkt als vor zwölf Jahren. Das Titelstück, „My Dark Desires“, „Satan’s Mayhem“, „Shadows Over Transylvania“, „Bloodfrozen“, „Dark Are The Path To Eternity“ oder das wirklich unfassbare „The Dawn No More Rises“ sind Songs, an deren Intensität und Authentizität DARK FUNERAL selbst nie mehr herangekommen sind. Ein Klassiker durch und durch, der sich würdevoll in eine Reihe mit „The Somberlain“, SETHERIALs „Nord“, MARDUKs „Opus Nocturne“, VINTERLANDs „Welcome My Last Chapter“ oder DAWNs „Slaughtersun“ stellen darf.

Kann’s noch besser kommen? Oh ja, kann es. Die Bonus-CD dieser Wiederveröffentlichung enthält die nie veröffentlichte erste Aufnahme des Albums, die im damals noch aktiven Unisound-Studio eingespielt wurde, mit der die Band aber unzufrieden war und deshalb ins Abyss umzog. Die wenigen Menschen, mit denen ich je darüber gesprochen habe und die die Unisound-Produktion kannten, haben diese Entscheidung nie verstanden, und jetzt weiß ich auch, warum. Die Aufnahme, übrigens neu gemischt und ebenfalls neu gemastert, hat eine eindeutige Dan-Swanö-Färbung, erinnert im Gitarrensound an viele legendäre Black-Metal-Produktionen dieses Studios, die in den Mittneunziger Maß aller Dinge waren, und zeigt auch eine ganz andere Herangehensweise an das DARK-FUNERAL-Material. Geschwindigkeit spielte zwar schon damals eine große Rolle, die Gitarren sind allerdings sehr viel natürlicher, das Schlagzeug homogener, der Bass hörbarer, die Klangfärbung der ganzen Aufnahme ironischerweise analoger, apokalyptischer und abgründiger als die des Abyss-Studios. Außerdem hört man den stimmlichen Unterschied zwischen Themgoroth und Caligula deutlich heraus. Ein absoluter Geheimtipp, sehr schade, dass erst fast 13 Jahre ins Land ziehen mussten, bis man diese Aufnahme offiziell zu Ohren bekommt.

Insgesamt erinnern DARK FUNERAL mit der Wiederveröffentlichung an ihre eigene, ziemlich magische Vergangenheit und daran, dass es Zeiten gab, als noch Feeling und Atmosphäre in ihrer Musik steckte. Beides ist heutzutage im digitalen Hyperspeedwahn leider verloren gegangen. Kauft dieses Album.

27.08.2007
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