
DECEASED… blicken auf vier Jahrzehnte Death Metal aus der Gruft zurück und feiern ihr 40-jähriges Bestehen mit „March Of The Cadavers (40 Years Of Death Metal From The Grave)“. Statt nur Staub von alten Knochen zu pusten, gibt es bei der Werkschau sechs frische Stücke obendrauf. In der Form sollte das neue wie alte Fans ansprechen. Schon 2015 präsentierte die Band um das einzig verbliebene Originalmitglied King Fowley mit „Cadaver Traditions“ eine Jubiläumsscheibe – seinerzeit als Compilation von Coversongs.
„March Of The Cadavers“ ist ein vollständiger Querschnitt
Die aktuelle Zusammenstellung geht einen anderen Weg und deckt alle Phasen der Bandgeschichte ab. Zuerst läuft alles strikt in chronologischer Reihenfolge, am Ende erklingen noch „Sick Thrash“ und das namensgebende „March Of The Cadavers“ vom 1986er-Demo „The Evil Side Of Religion“. Die beiden Oldies sind Neueinspielungen, die anderen Lieder erklingen im ursprünglichen Soundgewand – roh und charmant, aber nicht audiophil.
Die 1990er-Jahre decken DECEASED… mit zehn Beiträgen ab. Neben je zwei Songs der Alben „Luck Of The Corpse“ (1991), „The Blueprints For Madness“ (1995), „Fearless Undead Machines“ (1997) und „Supernatural Addiction“ (1999) ist auch die EP „The 13 Frightened Souls“ (1993) doppelt vertreten – darunter mit dem thrashigen Titelstück. Seinen Abschluss findet der erste Silberling mit jeweils zwei Tracks von der EP „Behind The Mourner’s Veil“ (2001) und von „As The Weird Travel On“ (2005).
Die erste Hälfte von CD 2 folgt dem gleichen Konzept. Dass die sechs Songs von „Surreal Overdose“ (2011), „Ghostly White“ (2018) und „Children Of The Morgue“ (2024) einen Zeitraum von 14 Jahren abdecken, zeigt, dass sich DECEASED… mit späteren Releases deutlich mehr Zeit gelassen haben. Erfreulicherweise ist auch der sicherlich ungewöhnlichste Song der Amerikaner enthalten, und zwar „The Germ Of Distorted Lore“. Mit einer Spieldauer von 13:20 Minuten ist die epische Nummer der längste Track der Bandgeschichte.
DECEASED… bringen frisches Futter im vierten Viertel
Während die ersten 20 Lieder altgedienten Fans ebenso altbekannt sind, folgt im Endspurt ab Nummer 21 ein auch für sie spannender Teil. Los geht es mit dem komplett neuen Track „Dusted“, bei dem sich die Band durch viereinhalb Minuten Death Metal alter Schule mit einer Spur Thrash Metal knüppelt. Noch schneller auf den Punkt kommen King Fowley und Co. bei dem ähnlich gelagerten „Cure For The Grieving Widow“. Hier überrascht der melodische Mittelteil.
Danach geht es für zwei eher selten ausgewählte Cover in die Ursuppe des (extremen) Heavy Metal. „Lady Lust“ stammt von VENOMs 1984er-Single „Warhead / Lady Lust“ und ist nah am Spirit des Originals. Eine vergleichsweise mutige Wahl ist „Die Young“ – 1980 von BLACK SABBATH auf „Heaven And Hell“ veröffentlicht und von Ronnie James Dio eingesungen. Der Song erweist sich aber auch in dieser Interpretation als unkaputtbar und der Gesang sucht den Mittelweg zwischen Dio und Death Metal, was ihm einen rauen Charme verleiht. Den Abschluss bildet wie beschrieben der Sprung ins Jahr 1986 zu den beiden Demo-Stücken.
Zwischen Pflichtkauf und Einstiegshilfe
Eine Wertung nach Punkten erübrigt sich bei einem Best-of-Album. Die-Hard-Fans und Komplettist:innen finden hier mit den sechs Nummern zum Abschluss einen Kaufgrund. „Spätergeborene“ können hingegen nachempfinden, wie sich amerikanischer Death Metal jenseits der großen Namen anhört und über die Zeit entwickelt hat.

Torsten Meierhöfer


















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