Escape From - Opetani Okrucienstwem

Review

Manche selbst ernannten Freigeister mögen die Einordnung von Musik in Genres für überflüssige Haarspalterei halten, aber einen großen Vorteil muss man diesem System lassen: Es hilft potenziellen Konsumenten, die ihrem Geschmack entsprechend richtige Auswahl zu treffen und damit zu vermeiden, dass sie nachher etwas auf die Lauscher bekommen, was ihnen (zutiefst) zuwider ist. Das kann auch passieren, wenn ein falsches Etikett auf einen Tonträger gepappt wurde und solch eine Irrleitung führt dann mitunter zu Verärgerung.

Warum diese Ausführung? Richtig, weil hier ein solcher Etikettenschwindel vorliegt. Als Rezensent sollte man tunlichst keine Zitate aus dem Promo Sheet bringen, aber eines muss an dieser Stelle angeführt werden, da es so unverschämt weit an der Wahrheit vorbei schießt, wie ein nachtblinder Jäger mit krummer Flinte am Reh: Der polnische Fünfer ESCAPE FROM spiele auf “Opetani Okrucienstwem“ “Blackened Death Metal“ – nein, das tut er ganz sicher nicht. “Blackened“ ist an den vier Stücken dieser EP weniger als nichts, dazu sind die Metalcore-Einflüsse so überdeutlich, dass auch die Kategorisierung als Death Metal äußerst schief ist. Also muss einmal mehr der grausame, unsägliche Terminus Deathcore herhalten.

Der Klang auf “Opetani Okrucienstwem“ ist modern und klar, die Arrangements sind relativ komplex, ohne dass die Musik in Gefilde abdriften würde, wo sie nicht mehr nachvollziehbar wäre. Zwar bieten die Nummern untereinander wenig Abwechslung, schaffen es selten, richtig auf den Punkt zu kommen und wirken deswegen teilweise doch etwas hektisch. Aber das wäre zu verschmerzen und würde einem Platz im (unteren) Mittelfeld nicht entgegenstehen, wäre da nicht auch noch der Gesang. Wenn ESCAPE FROM-Fronter Ghoc zwischen Metalcore-typischem Shouting, (nicht wirksamen, da zu Core-lastigem) Gegrowle und selten eingestreutem Klargesang pendelt, klingt das weder brutal noch giftig, sondern ähnlich zahnlos und nervtötend wie ein sich in der zweiten Dentition befindender, hyperaktiver Siebenjähriger. Die Gesangsdarbietung potenziert den sowieso schon leicht nervösen Charakter der Scheibe und lässt Lieder wie “Krwawie“ oder “Sezon Koszmarow“ einfach zu zappelig, ja geradezu albern erscheinen.

Ein wenig charakteristisches Logo, leidenschaftsloses 08/15-Photoshop-Cover und Bandmitglieder mit Baseball-Kappen und zu weiten Hosen hatten es schon vermuten lassen: Wer hier (echten) Death Metal erwartet, wird bitter enttäuscht werden, wer auf derzeit angesagte Truppen wie ALL SHALL PERISH oder DESPISED ICON steht, findet in ESCAPE FROM eine nicht des Findens werte, sterile Kopie.
Ein paar Gnadenpunkte gibt es für die gute Produktion und die technisch saubere Darbietung auf “Opetani Okrucienstwem“. Wenn aber darauf aufbauend keinerlei Emotion erweckt wird, außer dass man – nach wiederholt fünfzehn Minuten Musik immer ein bißchen mehr genervt – als Kontrastprogramm “Like An Ever Flowing Stream“ in den CD-Schacht stecken möchte, ist nicht mehr möglich.

09.02.2010

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