Halls Of Oblivion - Endtime Poetry

Review

Back to the Roots, Retro-Welle, Nostalgie-Trend – nennt es wie Ihr wollt. Nach wie vor ist es in der Metal-Szene schwer angesagt, sich seiner eigenen Wurzeln zu erinnern oder, so diese noch nicht sonderlich tief reichen, sich an den Anfängen stilprägender Größen zu orientieren. Auch HALLS OF OBLIVION aus der Nähe von Stuttgart haben offenbar keinen Bock auf neumodischen Kram, sondern schielen auf ihrem Debütalbum Richtung Norden, mit Fokus auf Mitte der neunziger Jahre. Im Gegensatz zu ihren Vorbildern damals, können sie sich heute natürlich die Perlen des frühen Melodic Death Metal aus allen Szenen heraussuchen. Aber reicht das, um „Endtime Poetry“ zu einem eigenständigen Erlebnis werden zu lassen?

HALLS OF OBLIVION – Göteborg meets Finnland

Immerhin, die Synths und das Klavier im Intro von „Vanishing Woods“ verraten direkt, dass sich die Schwaben nicht allein auf die Göteborg-Urväter DARK TRANQUILLITY, AT THE GATES und IN FLAMES verlassen. Das melancholisch-verträumte Element erinnert vielmehr an das Land der tausend Seen, und hier ganz besonders an frühe INSOMNIUM. Der heiser-krächzende Gesang von Sebastian Ruf geht allerdings hier und da in Richtung Black Metal, gleiches gilt für einige Riffs, nur um kurz darauf zu typischem Schweden-Melo-Death zurückzukehren. Auch wenn die einzelnen Einflüsse deutlich heraushörbar sind, können HALLS OF OBLIVION also zumindest eine interessante, noch nicht all zu häufig gehörte Mischung derselben auf der Habenseite verbuchen.

Eines haben sie jedoch auch mit den zitierten Bands gemeinsam: Auch diese mussten, nachdem sie ihren Stil gefunden hatten, diesen zusammen mit ihren spielerischen Fähigkeiten über Jahre hinweg perfektionieren. Gute Ansätze sind hier en masse vorhanden, dennoch rumpelt es an einigen Stellen noch gewaltig. Sind kleine Unvollkommenheiten noch sympathisch, gerade für eine Underground-Band, gilt dies leider nicht für den Sound von „Endtime Poetry“.

Der Versuch einen natürlichen Retro-Sound zu erschaffen, geht komplett in die Hose und gipfelt in einem unfassbar flachen, staubtrockenen Mix, der jegliche Dynamik vermissen lässt. Das Gitarren-Gegniedel – man höre hier beispielhaft die Soli im Mittelteil von „Under The Weeping Willow“ – geht stellenweise gewaltig auf die Nerven. Eigenartigerweise gehen die Klampfen an anderen Stellen wiederum vollkommen in Ordnung. In Zeiten, in denen viele in Eigenregie entstandenen Demos besser klingen als diese, immerhin laut Booklet-Angaben in einem professionellen Studio entstandenen Aufnahmen, eigentlich nicht wirklich entschuldbar. Auch die Drums klingen alles andere als ausgewogen, die Bassdrum wummert dumpf vor sich hin, während die Becken nur in leiseren Parts gut zu hören sind. In Sachen Mastering ist hier noch eine Menge Luft nach oben.

Die Stärken der Band liegen vor allem im Schreiben toller Melodien, die von Leadgitarrist Marcel Welte größtenteils auch souverän umgesetzt werden. Gerade diese erinnern ganz besonders an INSOMNIUM zu Zeiten von „In The Halls Of Awaiting“ oder „Since The Day It All Came Down“. In ruhigeren Momenten lässt sich, auch dank der cleanen Gastvocals von Timo Fielker (MINDEAD), sogar der ein oder andere Verweis in Richtung KATATONIA entdecken. Die Textzeile „In denial you blame the discouraged ones“ aus „The Servant“ entstand vermutlich auch nicht ganz zufällig. Trotz aller gebotenen Abwechslung drehen sich aber viele Kompositionen im Kreis und unterscheiden sich auch nicht unbedingt stark voneinander. Längen sind daher bei einer Spielzeit von fast einer Stunde also vorprogrammiert.

„Endtime Poetry“ bleibt letztlich Mittelmaß

HALLS OF OBLIVION sind sicher eine sympathische Truppe, die auf ihrem ersten Longplayer genau die Musik spielen, die sie spielen wollen und vermutlich auch selber hören. Das geht oft gut, gerade in Bezug auf die Gitarrenarbeit kann „Endtime Poetry“ ordentlich punkten. Akustische Einschübe, cleane Gastvocals, sparsam aber effektiv eingesetzte Keyboards, all das könnte ein großartiges, atmosphärisches Melodic-Death-Album ergeben – ganz abgesehen von den großartigen, eingängigen Melodien (hört Euch mal den Beginn von „The Final Regret“ an).

Leider verspielt die Band die gesammelten Pluspunkte aber durch eine ziemlich üble Produktion wieder, die vor allem die düstere Atmosphäre, die man eigentlich erschaffen möchte, oftmals wieder auffrisst. Eine gewisse Beliebigkeit im Songwriting, gepaart mit einer letztlich zu langen Spielzeit reißen den Schnitt weiter herunter. „Endtime Poetry“ ist ein typisches Album, dem man eigentlich mehr Punkte geben möchte, einfach weil man merkt, dass die Künstler mit absolutem Herzblut dabei sind. Allerdings muss man auch fair gegenüber anderen Bands bleiben, die dieses Jahr schon wesentlich stärkere, besser produzierte Scheiben unters Volk gebracht haben. So bleibt unterm Strich nicht mehr als Mittelmaß. Schade, da die Ansätze durchaus vielversprechend klingen.

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22.07.2019

"Time doesn't heal - it only makes you forget." (Ghost Brigade)

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