
Mit ihrem neuen Album „Mind Trap“ liefern INHUMAN CONDITION eine kompromisslose Portion OSDM. Wer den Code ohne Suchmaschine direkt entschlüsselt, weiß, was aus den Boxen bollert. Schon die ersten 30 Sekunden des im April als Video ausgekoppelten Openers „Severely Lifeless“ ließen diesbezüglich keine Zweifel aufkommen. Wer knochentrockenem Old School Death Metal bislang nichts abgewinnen konnte, wird auch diesmal nicht warm damit. Die anderen dürften ihre Freude an feiner Genre-Kost haben – und sich per Repeat einen Nachschlag um die Ohren hauen.
INHUMAN CONDITION mit bekannten Gesichtern und vertrautem Sound
Viele Köche sollen ja bekanntlich den Brei verderben, aber wenn Bassist Terry Butler, Schlagzeuger und Sänger Jeramie Kling sowie Gitarrist Taylor Nordberg zusammenkommen, ist eine deftige Schlachtplatte zu erwarten. Schließlich stehen in den musikalischen Biografien der drei unter anderem OBITUARY, DEATH, SIX FEET UNDER, DEICIDE und THE ABSENCE. Dazu besteht als verbindendes Element noch die Florida-Legende MASSACRE, die mit einer EP von 1992 auch Namenspate ist.
Beim ersten Album „Rat God“ von 2021 stammte das Gros der Songs noch aus der Zeit bei MASSACRE – inzwischen sieht sich das Duo Nordberg und Kling inhaltlich wie kompositorisch deutlich freier. „Wir haben das Gefühl, dass wir unsere Identität gefunden und die Verbindung zu Massacre endlich hinter uns gelassen haben“, so Nordberg. Das mag stimmen und dem mag man auch zustimmen, aber ein komplett neues Menü kredenzen INHUMAN CONDITION nicht. Jedes Stück atmet den Geist von Florida-Death-Metal der alten Schule.
„Mind Trap“ ist genretreu, mit Überraschungen
Während das nur geringfügig ausgeleuchtete erste Video auch visuell die finstere Atmosphäre unterstreicht, die das Trio mit „Severely Lifeless“ beschwört, kommt der zweite Song „Face For Later“ schon deutlich lebendiger daher. Das verdeutlicht der hierzu produzierte Clip, bei dem Skater rund um die Band ihr Können zeigen dürfen. Dazu kommen eingespielte Sound-Samples, die nach TV-Berichterstattung über eine Gewalttat klingen. Wer ganz feine Ohren hat, mag sich von Nordbergs DEAD-KENNEDYS-T-Shirt bemüßigt fühlen, eine dezente Hardcore-Note herauszuhören – auch wenn das kein Muss ist.
Später in „Betterment Plan“ entsteht der Eindruck noch einmal, am Grundgerüst rüttelt das indes nicht. Zudem hat der Auftakt des Tracks wenig mit der OSDM-Blaupause zu tun, da er kurz an die Tribal-Phase von Sepultura erinnert. Auffällig ist auch, dass „Godship“ beim Einstieg rifftechnisch wie ein Geschwisterkind des Openers klingt. Erfreulicherweise drückt die Band hier nach knapp zwei respektive drei Minuten jeweils kurz das Gaspedal durch. Der Variabilität tut das angezogene Tempo gut.
Grundsätzlich bewegt sich die Band aber innerhalb der Genrekonventionen, wie die weiteren Nummer zeigen: Die Gitarren sägen todesmetallisch, Kling growlt vor sich hin und der Bass legt ein stabiles Fundament. Das Schlagzeug treibt meistens im Midtempo-Bereich und manchmal mit etwas mehr Geschwindigkeit.
Modern, nicht überproduziert
Einflüsse von außen hat man bei der Entstehung nur bedingt zugelassen, denn Kling selbst hat das Album abgemischt und Nordberg hat es bei Smoke & Mirrors Productions in Spring Hill, Florida, gemastert. Damit trifft Old School Death Metal auf einen modernen, aber nicht überproduzierten Sound, der den gut zugänglichen Growls ebenso Raum lässt wie Butlers Bass und Nordbergs Gitarrenarbeit. Die Spielzeit beträgt gerade einmal 31 Minuten, was in anderen Genres als EP durchgehen würde. Hier trägt die Dauer dazu bei, unnötiges Füllmaterial zu vermeiden.
Das Cover hat Dan Goldsworthy (ACCEPT, ALESTORM) gestaltet und ein grafisches Zeugnis dafür ablegt, dass die Band sich selbst nicht schont. Ob nun aufgespießt, an Haken hängend oder fixiert für eine Folter mit Nagetieren: Es sind zweifelsfrei die Musiker selbst zu sehen.
„Mind Trap“: Schmackhaft für die Zielgruppe
Neuland betreten INHUMAN CONDITION mit „Mind Trap“ nicht. Stattdessen vermessen sie souverän das bekannte Terrain. Die Zielgruppe bekommt damit genau das, was ihr schmeckt. Die durchweg positiven Kommentare unter den YouTube-Videos sprechen für sich – acht Punkte sind aus dieser Perspektive nachvollziehbar. Für alle anderen ist’s ein schwer verdauliches Brett. Sechs Punkte sind aber eine faire Bewertung, die auch mit Distanz zum Genre der spieltechnischen Leistung gerecht wird. Im Schnitt ergibt das solide sieben Punkte.
Text: Torsten Paßmann
Erinnert sich noch wer an den Bröken Höpe – Ableger Lupara? Das hier atmet deren Geist, wenngleich weniger HC am Start ist. Will sagen, mir gefällt die Post-Massacre Ausrichtung doch recht gut.