Jimmy Page ist nie großartig nach der Auflösung von LED ZEPPELIN in Erscheinung getreten. Er veröffentlichte 1988 sein bislang einziges Soloalbum „Outrider“, machte in den neunziger Jahren verschiedene Projekte mit anderen Künstlern (u.a. PAGE & PLANT) und hat in letzter Zeit von sich Reden gemacht (abgesehen von den Gerüchten um eine Reunion) mit den Neuauflagen der ZEPPELIN-Scheiben sowie Plänen für Soloauftritte, die aber immer weiter nach hinten verschoben wurden.
Die Studioalben hat er bereits alle remastert, weswegen er sich nun um ein Livealbum kümmert („The Song Remains The Same“ wurde bereits 2007 neu aufgelegt, „How The West Was Won“ und „Celebration Day“ wurden erst in diesem Jahrhundert veröffentlicht): da bleibt nur noch „The BBC Sessions“ übrig. Die BBC-Sessions besitzen Kult-Status, ähnlich wie MTV Unplugged. Schließlich haben auch schon Metal-Legenden, wie SAXON, MOTÖRHEAD oder IRON MAIDEN ähnliche Kompilationen herausgebracht. Und eben LED ZEPPELIN. Auf der Originalversion sind nur die ersten beiden CDs enthalten. Der Neuausgabe liegt noch eine dritte CD mit bisher unveröffentlichten Aufnahmen bei.
Interessantes Booklet und guter Sound
Wenn ich noch ein paar Worte zum Package verlieren darf: Bei der Gestaltung setzt man auf altbewährte Schwarz-Weiß-Fotos. Das Booklet ist leider etwas versteckt hinter CD 2, dafür aber ziemlich gut aufgemacht. Neben dem lesenswerten Vorwort von Bootleg-Sammler Luis Rey, der sich darin um eine zeitliche Einordnung bemüht, werden uns dann jeweils auf einer Doppelseite Informationen zu den einzelnen Sessions präsentiert. Aber widmen wir uns nun der Musik. Wie es zu erwarten war, hat Jimmy Page gute Arbeit geleistet. Der Sound ist klar und wirkt natürlich. Er hält die Qualität der Neuauflagen, die bereits in den letzten Jahren erschienen.
Und was soll man erst zu den Performances sagen: LED ZEPPELIN lieferten in ihrer Glanzzeit überragende Auftritte ab und auf „The Complete BBC Sessions“ machen sie da keine Ausnahmen: Egal ob die erste Session im Playhouse Theatre oder das legendäre Konzert im Londoner Paris Cinema. Jeder Auftritt steigert den Wehmut darüber, dass man die Rock-Legenden nie live gesehen hat und es auch nie wird. Aber gerade das macht wohl auch einen großen Teil des Mythos aus: Die Briten spielen eben keine Reunion-Tour nach der Anderen, sondern haben sich aufgelöst. Für immer. Das verdient einen gewissen Respekt, insbesondere wenn man sich mal anschaut, wer sich aufgrund akuter Geldprobleme momentan alles zusammenrauft.
Kaufanreiz für die Besitzer der Original-Version
Höchstwahrscheinlich gibt es auch schon einige unter euch, die bereits die Originalversion von „The BBC Sessions“ besitzen. Für diese Leute gibt es als Kaufanreiz die dritte CD, auf der Jimmy Page in ‚White Summer‘ brilliert, Robert Plant den Hörer in ‚What Is And What Should Never Be‘ in seinen Bann zieht oder man den tollen unveröffentlichten Song ‚Sunshine Woman‘ hören kann. Dieser ist Teil der Session aus den Maida Vale Studios, deren Tapes bislang als verschollen galten. Dazu gibt es noch weitere hörenswerte Versionen von Songs, wie ‚Dazed And Confused‘.
Über die Notwendigkeit dieser Veröffentlichung lässt sich natürlich streiten. Aber Fakt ist, dass LED ZEPPELIN zu ihrer aktiven Zeit zu den besten Livebands der Rockmusik gehörten. Das macht diese Veröffentlichung noch mal klar: Egal, ob mit den rohen, energischen Versionen von ‚Communication Breakdown‘, noch mit den intensiven Aufnahmen von ‚I Can’t Quit You Baby‘. Es macht ziemlichen Spaß, den Songs bei ihrer Entwicklung zuzuhören. Jeder Fan von Konzertmitschnitten, und wohl von Rockmusik generell, sollte mindestens einen von den Briten besitzen. „The Complete BBC Sessions“ eignet sich in meinen Augen dafür ziemlich gut. Durch das (weitestgehend) nicht vorhandene Publikum kommt die Musik der Mannen um Jimmy Page, die bestens aufgelegt sind, besser zur Geltung. Doch nun der kurze Sinn der langen Rede: Mit diesem Album könnt ihr nichts falsch machen.
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