Shadowrun - Budenzauber

Review

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Die Bude um die Ecke gehört auch im Jahr 2083 zum Leben im Rhein-Ruhr-Gebiet dazu. In der fiktiven Cyberpunk-Fantasy-Zukunft von SHADOWRUN kann es zwar sein, dass eine Zwergin hinterm Verkaufstresen steht, ein gescheiterter Straßensamurai dort seine Sorgen in Alkohol ertränkt und eine Magierin sich ihre tägliche Dosis Soja-Kaffee abholt, aber unterm Strich ist es immer noch das kleine Büdchen von nebenan. „Budenzauber“ liefert drei Szenarien, bei denen diese kleinen aber wichtigen lokalen Anlaufpunkte eine mehr oder weniger wichtige Rolle spielen.

Ratten aus dem Keller scheuchen – aber anders

„Kleinwildjagd“ spielt am Rand von Gelsenkirchen und schickt die Runner*innen auf die Suche nach entlaufenen Crittern. Ausgangspunkt ist die „Bude am Loch“, wo der gemütliche Besitzer Björn Damm neben seiner Stammkundschaft auch etliche Schalke-Fans bedient. Denn während die Spielfiguren nach ihrer Beute suchen, ist Spieltach in Gelsenkirchen! Als wäre das nicht Lokalkolorit genug, geht es bei der Jagd auch noch durch eine Kleingartenanlage.

Was sich auf dem ersten Blick beschaulich anhört, ist ein kurzweiliger Run mit Critterkämpfen in heruntergekommenen Hinterhöfen, (Klein-)Konzernintrigen, abartigen Kochrezepten und schrägen aber sympathischen Charakteren. Überschaubare Herausforderungen machen „Budenzauber“ zu einem perfekten Einstiegsabenteuer, was sich aber natürlich auch in der Belohnung niederschlägt. Aber hey, in Gelsenkirchen werden nun einmal nur die wenigsten reich.

Ein junger Ork auf Abwegen

Anders verhält es sich da bei „Einmal Hauerbrache und zurück“. In diesem Szenario werden die Runner*innen standesgemäß von einer orkischen Saeder-Krupp-Managerin in Neu-Essen empfangen, begeben sich danach aber ins anarchistische Recklinghausen-Hauerbrache. Dort hat sich ein entlaufener Konzernbürger einer Ork-Miliz angeschlossen und soll heim in Lofwyrs Reich geholt werden.

Dass mehr dahintersteckt, wenn eine mittelalte Orkin nach einem jugendlichen Ork suchen lässt, der ihr auch noch ziemlich ähnlich sieht, mag von Anfang an offensichtlich sein. Aber natürlich kommt es im Laufe des Szenarios zu weiteren Verwicklungen und Schwierigkeiten, wenn die Spielfiguren sich in eine Gegend begeben, aus der sich der Staat und die großen Konzerne längst verabschiedet haben. Trost und Gemütlichkeit spendet abermals die Bude um die Ecke, die bei allen Turbulenzen immer wieder die Handlung erdet.

Freibier für alle! Sonst gibt’s Krawalle!

„Auf dem Trockenen“ spielt sich in Duisburg ab und handelt von genervten Schmugglern, denen regelmäßig mehrere Kästen Bier geklaut werden. Das in den Niederlanden billig gepanschte Zeug, das in Deutschland umettikiert und teuer verkauft wird, fehlt nicht nur den Kriminellen, sondern auch ihren Abnehmern in den zahlreichen Buden am Duisport. Eine trinkfreudige Biker-Gang bringt weitere Sprengkraft ins Szenario.

Dieses zünftige Abenteuer eskaliert mit jeder Szene und führt die Runner*innen, die das gestohlene Bier finden sollen, schnell in einen beginnenden Bandenkrieg auf den Straßen Duisburgs. Dennoch verliert es die ganze Zeit über nicht seinen rustikalen Charme und macht bereits beim Lesen Laune auf einen Run rund um Europas größten Binnenhafen.

Der „Budenzauber“ zeigt seine Wirkung

„Der Run nebenan“ wird auf dem Klappentext von „Budenzauber“ versprochen und das ist auch drin. Die drei Szenarien eignen sich sehr gut zum Einstieg in die Region und sind übersichtlich genug, dass auch Rollenspiel-Anfänger*innen sich zurechtfinden sollten. Abgerundet wird der Band von einigen Zufallstabellen, mit denen sich bei Bedarf schnell ein Büdchen generieren lässt.

„Budenzauber“ fängt die Stimmung des Rhein-Ruhr-Plexes gut ein und lässt auch gegenwärtige Leser*innen an vielen Stellen zustimmend schmunzeln. Auch wenn in den Szenarien natürlich viele Klischees bedient werden, sorgen diese Momente eindeutig für mehr Spielspaß und bescheren unterhaltsame Bang-Boom-Bang-Momente am Spieltisch. Zwar geht es auch immer wieder hart zur Sache – klar, wenn es um kriminelle Banden und autonome Milizen geht – aber die Gemütlichkeit, die von einer guten Ruhrpott-Bude ausgeht, bleibt dabei nicht auf der Strecke.

Dieser kleine Band vereint nicht die besten SHADOWRUN-Szenarien, aber die charmantesten. Je nach Vorliebe kann der Fokus auf Humor oder Action oder auch beides gelegt werden. Im Ruhrpott ist nun einmal neben Revolverhelden wie Kalle Grabowski und Horst Schimanski auch Platz für sympathische Alltagshelden wie Günni Dobrisnki und Benno Ewermann. Diese Mischung fängt „Budenzauber“ sehr gut ein und macht klar, dass die große weite Welt an der Bude um die Ecke beginnt.

Der Soundtrack für feucht-fröhliche Schießereien im Pott: ONKEL TOM – Bierernst / KREATOR – Violent Revolution / AXEL RUDI PELL – Knight’s Call

Würfeln und blättern, statt lauschen und headbangen – In der Rubrik „Dice ‚em All“ stellen wir euch ausnahmsweise keine Musik vor, sondern Rollen- und Brettspiele.

21.12.2021

Der metal.de Serviervorschlag

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