Shadowrun - Grundregelwerk

Review

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Es ist das Jahr 2080. Holografische Versionen von BLACK SABBATH und IRON MAIDEN spielen inzwischen in jedem zweitklassigen Club, Keith Richards bekommt zum 137. Geburtstag ein neues künstliches Herz eingepflanzt und raffgierige Megakonzerne ziehen durch unkündbare Streaming-Abos den Metalheads die letzten Kröten aus der Tasche. Willkommen in der Welt von SHADOWRUN.

Technologische und magische Wunder

SHADOWRUN ist ein Pen-and-Paper-Rollenspiel, das in einer dystopischen Zukunft spielt. Wer mit dem Genre-Begriff „Cyberpunk“ vertraut ist, hat bereits eine Vorstellung von der Beschaffenheit der Spielwelt. Megakonzerne dominieren die Wirtschaft, die Regierungen der Welt sind weitestgehend korrupt und machtlos. Implantate optimieren den menschlichen Körper ins Übermenschliche und eine virtuelle Welt, die Matrix, dient als unerschöpfliche Quelle für Informationen und zerstreuende Unterhaltung.

Doch diese Version des Jahres 2080 ist auch voller übernatürlicher Wunder. Elfen, Zwerge, Orks und Trolle treiben sich in den Mega-Städten rum und verstärken die bereits vorhandenen gesellschaftlichen Spannungen, sind teil des Spiels zwischen Faszination und Rassismus. Wie ein unsichtbares Netz liegt eine Astralwelt voller Geister über allem und magisch begabte Personen können mächtige Zaubersprüche erlernen. Bestien aus alten Sagen treiben sich in den Schatten rum und erwachte Drachen drängen nach Macht und Einfluss.

Schmutzige Aufträge und knallharte Action

Die Spieler*innen übernehmen in SHADOWRUN klassischerweise die Rolle von sogenannten „Shadowrunnern“. Söldner, die in dieser turbulenten Welt Aufträge erledigen, und dabei die Grenze zur Illegalität überschreiten. Dabei kann es sich um Industriespionage zwischen zwei Konzernen handeln oder die Bewachung heißer Ware.

Wer moralisch flexibel ist, kann sich in den Dienst der organisierten Kriminalität oder inoffizieller Sicherheitsdienste stellen und Aufgaben erledigen, für die sich andere zu schade sind. Irgendwie muss der industriell gefertigte Sojabrei ja auf den Tisch kommen. Die Spielfiguren können aber auch höheren Idealen folgen und, ein bisschen so wie das A-Team, unschuldige Leute unterstützen, denen auf legalem Wege nicht mehr geholfen werden kann. Die Möglichkeiten sind nicht unbegrenzt, aber äußerst vielfältig.

Vielfältige Welt = komplexe Regeln?

Wie jedes Pen-and-Paper-Rollenspiel verfügt auch SHADOWRUN über Regeln, nach denen die Aktionen in der Spielwelt abgehandelt werden. Eine Person übernimmt die Spielleitung, führt also durch die Geschichte, reagiert auf die Handlungen der Spieler*innen und hat die grundlegenden Regeln im Blick, um zu überprüfen, welche Auswirkungen eine Aktion hat.

Dass die Regeln von SHADOWRUN komplex sind, kann man bereits erahnen, wenn man die vielfältigen Möglichkeiten der Spielwelt betrachtet: Kampfzauber treffen auf künstlich verstärkte Muskeln und Knochen. Der Einsatzort kann auf der astralen Ebene ausgespäht werden, aber auch mithilfe einer Drohne. Informationen können über die Matrix beschafft, aber auch aus Leuten rausgeprügelt werden.

Der Kern der Regeln ist simpel. Jede Spielfigur verfügt über die Attribute Konstitution, Geschicklichkeit, Reaktion, Stärke, Willenskraft, Logik, Intuition und Charisma. Hinzu kommen Fertigkeiten wie zum Beispiel Feuerwaffen, Heimlichkeit oder Athletik, die jeweils einem Attribut zugeordnet werden. Sowohl Attribute wie auch Fertigkeiten haben bestimmte Werte, die zusammengezählt werden, um einen entsprechenden Würfelpool zu errechnen.

Beispiel gefällig?

Wer schleichen möchte, zählt also die Werte aus Heimlichkeit und dem dazugehörigen Attribut Geschicklichkeit zusammen. Daraus ergibt sich die Anzahl an sechsseitigen Würfeln, die geworfen werden. Jede 5 oder 6 zählt als Erfolg. Je mehr Erfolge man hat, desto besser ist die Aktion gelungen. Liegt kein Erfolg auf dem Tisch, ist die Aktion misslungen und kann möglicherweise schlimme Konsequenzen nach sich ziehen.

Doch so simpel bleibt es nicht. Modifikationsmöglichkeiten erlauben an vielen Stellen Feintuning und je nach Geschmack und Aufgabengebiet können sich die Spieler*innen in bestimmte Regelbereiche reinfuchsen. Für Einsteiger*innen bietet es sich an, einen der im Buch enthaltenen Archetypen zu verwenden. Was genau sich bei SHAODWRUN hinter Bezeichnungen wie „Adept“, „Deckerin“, „Riggerin“, „Straßensamurai“ oder „Technomancer“ verbirgt, wird dadurch verständlicher. Die vorgegebenen Fertigkeiten und Inventarlisten laden, sozusagen als Wegweiser, dazu ein, das Buch zu entdecken.

„Living on a razor’s edge, balancing on a ledge“.

Eine Besonderheit stellt das sogenannte „Edge“ dar, mit dem die eigenen Würfe, besser gesagt: deren Auswirkungen, beeinflusst werden können. Vereinfacht gesagt handelt es sich dabei um Bonuspunkte, die man erhält, wenn die Situation günstig für einen selbst ist. Wenn zum Beispiel ein unaufmerksamer Gangster vor die Flinte der Waffenspezialistin läuft, ist diese klar im Vorteil und kann Edge einsetzen, um ihren Schaden zu erhöhen.

Das Edge wird von der Spielleitung zugewiesen. Zwar gibt es einige Beispiele, die aber nicht allumfassend sind. Wann wie viel Edge in einer Situation generiert wird, kann also zu Diskussionen einladen, die den Spielfluss unterbrechen. Wenn sich dies eingespielt hat, mag es aber weniger stören. Ein Vorteil: die oben erwähnten Modifikationsmöglichkeiten waren in früheren Regeleditionen noch zahlreicher, in der aktuellen Version werden sie informell über den Einsatz von Edge abgehandelt.

SHADOWRUN belohnt das Regelstudium mit einer einzigartigen Spielwelt

Trotz aller Beispiele, Erläuterungen und sinnvollen Vereinfachungen – im Vergleich zu früheren Regeleditionen -, bleibt SHADOWRUN ein komplexes Rollenspielsystem, das viele Möglichkeiten bietet, aber auch viel Vorbereitung erfordert. Kenner früherer Editionen werden sich schnell zurechtfinden, doch völlige Einsteiger*innen werden sich viele Regeln nicht intuitiv erschließen können, sondern erst in vielen Spielstunden verinnerlichen müssen. Belohnt wird dieser Aufwand mit Abenteuern in einer einzigartigen Spielwelt, die Fantasy und Cyberpunk vereint.

Ein orkischer Hacking-Spezialist, eine elfische Sprengstoffexpertin und ein zwergischer Schamane sollen gemeinsam die Lagerhalle eines skrupellosen Konzerns demolieren? SHADOWRUN macht es möglich. Vorsicht ist jedoch geboten, denn die Konzerne vergessen nicht, wer ihre Feinde sind und können mit Implantaten aufgemotzte Assassinen aus der Portokasse bezahlen.

Wer Freude an solchen Szenarien hat, sollte einen Blick in das Grundregelwerk – oder die kostenlosen Schnellstartregeln – werfen. Eine große Portion Geduld sollte man allerdings auch mitbringen. Die grundlegenden Regeln von SHADOWRUN erschließen sich zwar nach wenigen Augenblicken, für ihre umfassende Kenntnis sind jedoch mehrere Spielstunden nötig. Insbesondere die Spielleitung sollte sich deswegen vorab intensiv mit dem Band auseinandersetzen. Dann heißt es aber: Willkommen in den Schatten.

Der Soundtrack für deinen ersten Run: LORD VIGO – Danse De Noir / SURGICAL STRIKE – Part Of A Sick World / CARPENTER BRUT – Blood Machines / VREDEHAMMER – Viperous / SWEVEN – The Eternal Resonance

Würfeln und blättern, statt lauschen und headbangen – In der Rubrik „Dice ‚em All“ stellen wir euch ausnahmsweise keine Musik vor, sondern Rollen- und Brettspiele.

16.03.2021

Der metal.de Serviervorschlag

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1 Kommentar zu Shadowrun - Grundregelwerk

  1. Fahul sagt:

    Uff echt schwer zu bewerten, erstens ist einfach SR5 durch und sie wollen ja Geld verdienen, also neue reihe. Es spielt sich ein wenig flüssiger als SR5, ist aber immer noch im vergleich zu vielen Rollenspielen ein „Regelmonster“- wie immer Megawelt, mega Setting – schwere Regeln – 10 punkte für das setting und Sory, 6 Punkte für die Regeln – ein umstieg von 5 auf 6 lohnt nur wenn man „den Offiziellen content“ spielen möchte

    8/10