"Der Fluch des Drachen"
Ein Abend für die ganze (Metal-)Familie

Konzertbericht

Billing: Corvus Corax
Konzert vom 7.12.2017 | , Hannover, Erfurt und Dresden

„Perfekte Laien“ und ein unvergesslicher Abend

Wenn man etwas völlig Neues ausprobiert, birgt das immer die Gefahr, dass es nach hinten losgeht. Oder es wird eben ein großer Erfolg. So wie beim “Fluch des Drachen“, der von MARKUS HEITZ erdachten Fantasy-Geschichte, die CORVUS CORAX nun auf die Bühnen dieser Welt bringen. Na gut, vielleicht nicht gleich auf die Bühnen dieser Welt. Aber die Bühnen und insbesondere auch die Besucher in Hannover, Erfurt und Dresden kamen bereits in den Genuss, das weltweit erste Fantastical live zu erleben. Und es werden auf jeden Fall noch so einige Bühnen in Deutschland sowie mindestens auch in Österreich folgen. So weit so gut. Hilft aber denjenigen unter Euch, die eben nicht schon eine der drei Erstauflagen des “Fluches“ sehen konnten, überhaupt nicht weiter ?

Also, will ich mal versuchen, etwas über die Livedarbietung des “Fluch des Drachen“ zu erzählen, ohne etwas darüber zu erzählen – schließlich will ich ja auch nicht zu sehr spoilern und Euch damit den Spaß verderben. Zu allererst wäre da wohl JOHANNES STECK zu nennen und zwar nicht nur, weil er als erster die Bühne betritt und, wie schon auf der CD-Version, als Erzähler mit den 1000 Stimmen alle Zuhörer in seinen Bann zieht. Vielmehr mutiert er nun auch noch zum Erzähler mit den 1000 Mimiken und Gestiken, der so alle Zuschauer gleichermaßen verzaubert.

Johannes Steck mit Haarbart beim "Fluch des Drachen"

Johannes Steck in Action – „Der Fluch des Drachen“

Jede Menge Spielfreude, tolle Stimmen und eine unvergleichliche Soundmaschine

Gleiches trifft auf CORVUS CORAX zu, die nicht nur in gewohnter Art ihr Können als Musiker unter Beweis stellen. Auch, dass fast alle von Ihnen in eine Rolle schlüpfen und stimmlich zum Gelingen beitragen, gehört wohl eher zu dem, was man von Königen der Spielleute erwartet. Zum Fantastischen des “Drachenfluchs“ steuern sie vor allem eine einzigartige mittelalterliche Soundmaschine bei. Durch die Ausnutzung einer großen Bandbreite ihrer unvergleichlichen Ansammlung “alter“ Instrumente geben Sie dem Fantastical eine weitere Tiefe: Sie lassen in den Wäldern die Vögel zwitschern, Charaktere comic-gleich durch die Lüfte segeln, des Kriegers Rüstung furchterregend rasseln, verpassen den Pferden den richtigen Galopp und ziehen die Zuschauer noch tiefer in die tiefsten Tiefen des Drachenfluchs.

Dabei kommt das Fantastical bei weitem nicht so düster daher, wie es diese Formulierung oder der Titel vermuten lassen könnten. Daran haben vor allem auch MARCUS GORSTEIN, MAXI KERBER, KATJA MOSLEHNER und JI-IN CHO ihren Anteil, die als weitere Darstellerinnen und Darsteller der Rabenbande und dem Erzähler in Nichts nachstehen. Alle Besetzungen sind super ausgewählt, passen bestens in ihre jeweilige Rolle und füllen diese mit einer enormen und nicht zu übersehenden Spielfreude aus. Überhaupt hat man am Ende des Stückes das Gefühl, dass die Truppe hinter dem “Fluch des Drachen“ bereits seit Jahren gemeinsam auf der Bühne steht und dabei jede Menge Spaß hat. Dieser übertrug sich im Laufe des Fantasticals ganz offensichtlich auch auf das anwesende Publikum. Schließlich zeigten die Gesichter aller Besucher und Besucherinnen, welche sich im Übrigen aus allen Altersgruppen zwischen 9 und 99 Jahren zusammensetzten, vor allem Eins: Freude und Begeisterung.

JI-IN CHO in der Rolle des Shigeru beim Fluch des Drachen

Ji-In Cho als Shigeru – „Der Fluch des Drachen“

Die Charmantheit des Unperfekten

Es fällt also offenbar kaum ins Gewicht, dass auch beim “Fluch des Drachen“ nicht alles glatt läuft. Denn, selbst wenn bis hierhin genau dieser Eindruck entstanden sein könnte, auch das Fantastical ist nicht perfekt und es gibt einige Kleinigkeiten, die noch verbessert werden könnten. Vor allem das Zusammenspiel bzw. der Wechsel zwischen dem Erzähler und den verschiedenen Rollen des Stückes könnte an der einen oder anderen Stelle noch konsequenter umgesetzt werden. Schließlich war es manchmal doch etwas verwirrend, dass Figuren, die sich gerade auf der Bühne befanden, ihren Text mal selbst sprachen, an anderer Stelle aber unter denselben Umständen von JOHANNES STECK gesprochen wurden.

Daneben gibt es außerdem ein wenig Verbesserungspotential bei der Nutzung des Bühnenraumes und bei ihrem generellen Aufbau. Zwar ist dieser schon sehr sparsam und damit äußerst passend gehalten, da sich das Publikum so bestens auf das Wesentliche, nämlich die Darsteller*innen sowie die Nutzung der eigenen Fantasie konzentrieren kann. Dennoch gibt es einige Szenen, die an den Rand gedrängt scheinen, weil sie sich eben zu weit außen abspielen bzw. sich das komplette Geschehen dort fast schon drängelt. Außerdem kann es passieren, dass für das an den Seiten befindliche Publikum die Sicht auf einen kleinen Teil der Bühne durch große Instrumente in der Front verstellt ist. Da das jedoch nur einen kleinen Teil der Szenen betrifft, den Hörgenuss aber auf keinen Fall beeinträchtigt, dürfte es selbst für Betroffene eine zu vernachlässigende “Randerscheinung“ sein.

Trommler Hatz von Corvus Corax beim Fluch des Drachen

Hatz an der Trommel – „Der Fluch des Drachen“

„Der Fluch des Drachen“ – ein Abend für die ganze (Metal-)Familie

Schließlich macht in meinen Augen genau das das Flair vom “Fluch des Drachen aus“ – es ist eben ein Fantastical, weder ein Musical, noch ein Perfektical. All die kleinen, liebevollen Gags, die äußerst sinnreichen und manchmal fast schon tiefgründigen Sprachwitze wären vermutlich nur halb so toll, wenn der Gesamteindruck zu perfekt und durchgestylt wäre. Stattdessen bleibt die Frage, ob so mancher “Ausrutscher“ oder “Patzer“, der “zu späte Einsatz“ hier oder der “fehlende“ Schrei dort, nicht vielleicht doch genau in dieser Art als Scherz und Gaukelei einer mittelalterlichen Spielmannstruppe geplant waren. Und gerade dieses laienhaft Perfekte oder perfekt Laienhafte ist sozusagen das i-Tüpfelchen, was beim “Fluch des Drachen“ im Zusammenspiel mit den 1000 Stimmen, der einzigartigen Mittelalter-Special-Effect-Soundmaschine sowie den liebevoll gesungenen und gespielten Rollen, aus einer knapp zweistündigen Bühnenshow einen Abend für die ganze Familie werden lässt, an den vom Kleinkind bis zum Urgroßvater alle gerne zurückdenken werden.

Die folgenden Bilder stammen von unserem Fotografen Arne Glaser, der die Show in Erfurt besuchte.
Galerie mit 22 Bildern: Corvus Corax - Der Fluch des Drachen

12.12.2017

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