Xeno - Sojourn

Review

Es ist wirklich schwer, eine Review zu einem mit u. a. Prog Death prominent jonglierenden Album wie dem hier vorliegenden Zweitling „Sojourn“ der Niederländer XENO zu schreiben, ohne gleich den Namen dieser einen schwedischen Band fallen zu lassen. Aber es macht die Überleitungen zu des Pudels Kern einfach so leicht, zumal die meisten mit deren Sound vertraut sind. Also: Griff in die Klischeekiste und ab dafür! Nach Aussage des Pressetextes spielen die Herren um Ruben Willemsen schlicht Modern Metal, der sich einfach die Rosinen aus dem Umfeld des modernen Prog herauspickt. Aber durch das Gleichgewicht zwischen den feinfühligeren Passagen und der Death-Materie schießen einem nun mal die (früheren) OPETH als erstes durch den Kopf.

Bei genauerem Hinhören gestalten sich die Möglichkeiten für prominentes Namedropping aber deutlich weitläufiger. Diese Referenzen bestehen mitunter aus PERIPHERY, PLINI, TESSERACT, PORCUPINE TREE sowie – so steht’s jedenfalls auf deren Facebook-Präsenz – LAMB OF GOD. Und hier stößt der OPETH-Vergleich vielleicht auch an seine Grenzen. Denn auch wenn XENO die Schweden zu ihren Einflüssen zählen, klingen die Niederländer im Allgemeinen und „Sojourn“ im Speziellen doch anders. Von den o. g. platzieren sie sich hier klanglich vermutlich am nächsten bei TESSERACT, abzüglich verschachtelter Polyrhythmik, zuzüglich einer dank Klavier und dergleichen dezent aufgetragenen Melancholie sowie dem Hang, ins Todesmetallische vorzudringen.

Niederländische Moderne: XENO liefern einen erfrischenden Sound

Oder man kann sagen, dass sich die Niederländer irgendwie am leicht symphonisierten, Prog-Death-affinen Modern Metal versuchen, an ihr Vorhaben allerdings mit der gleichen Easy-Listening-Attitüde herantreten, die auch CALIGULA’S HORSE auszeichnet. Nicht, dass sich „Sojourn“ wie von selbst erschließt, wir reden hier immerhin von über einer Stunde Musik. Aber die Verpackung von alledem ist sehr ansprechend geraten, beginnend beim Sound. Die härteren Momente drücken definitiv nach vorne, schnüren dem Hörer aber kaum die Luft ab. Unterdessen umgarnen die ruhigeren, landschaftsmalerisch anmutenden Parts den Hörer regelrecht, sie gleiten samtig wie Seide in die Gehörgänge hinein und laden ein zum Verweilen.

Das Exterieur stimmt also. Aber innen drin bleibt noch etwas Luft nach oben. Songschreiberisch lassen die Niederländer diese beiden Aspekte selten wirklich gut überlappen. Am ehesten tun sie das in „Resurge“ sowie im abschließenden Titeltrack, der eindrucksvoll demonstriert, welch Potential hinter dem Sound von XENO steckt. Isoliert man die beiden Intensitäten, mit denen die Niederländer unterwegs sind, voneinander und betrachtet sie einzeln, dann hat die Qualität der ruhigeren Passagen die Nase vorn, trotz des nicht immer ganz treffsicher intonierten Klargesangs. Aber ohnehin sind die Arrangements dabei eindeutig die Stars der Show, vor allem wenn sie samtig wie Seide in die Gehörgänge der Hörer gleiten wie in „Memories“ und dem folgenden „Closure“.

„Sojourn“ hat dennoch seine Baustellen

In den härteren Passagen herrscht im Schnitt dagegen etwas mehr Nachholbedarf. Die torfigere Note, mit denen die Growls daher kommen, gefällt zwar durchweg, doch die Untermalung gerät zu gern etwas einfältig. Das passiert besonders dann, wenn die Gitarren in diesen langweiligen Djent-Light-Chug verfallen. In „Dusk“ zum Beispiel verharren die Niederländer etwas zu penetrant auf diesen Riffs, was bei einem Sechsminüter ziemlich stark ins Gewicht fällt. Die hymnische, irgendwie sakral anmutende Hook reißt es dann dankbarerweise einigermaßen heraus. Dieses Manko trifft zum Glück nicht auf alle Ausbrüche zu, „Exile“ zum Beispiel wertet diese Riffs stellenweise mit ansprechendem Tapping auf, während „Epiphany“ den Djent richtig unterhaltsam adaptiert.

Insgesamt erfreut die Qualität von „Sojourn“ aber, besonders bei einer Band, die zumindest ihrem Eintrag auf den Metal Archives zufolge noch nicht im zu unübersichtlichen Maße in der Szene genetworkt hat. Klar, Baustellen hat „Sojourn“ schon vorzuweisen. Aber es hat auch definitiv seine Stärken. Und ein paar songschreiberische Aufräumarbeiten sollte bei dem, was die Jungs hier abliefern, das geringste Problem sein. Ob hier einer dieser sprichwörtlichen Rohdiamanten vorliegt, die eventuell zu einem echten, funkelnden Klunker zurechtgeschliffen werden, wird allerdings nur die Zeit zeigen. Und das Durchhaltevermögen der Herren…

18.11.2020

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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