Behemoth
Listening Session: "I Loved You At Your Darkest"

Special

Viele sagen, das letzte BEHEMOTH-Album „The Satanist“ sei unmöglich zu toppen. Am 02.08.2018 kündigte die Band nun den Nachfolger „I Loved You At Your Darkest“ an, der am 05.10.2018 über Nuclear Blast veröffentlicht wird. Ein Titel, der erst mal nach MARILYN MANSON klingt, bis man mit etwas Recherche herausfindet, dass es ein Zitat aus dem neutestamentarischen Brief des Paulus an die Römer ist. Der Titel des Albums, das Artwork, die Texte und sowieso alles drum herum zeichnen ein deutliches Bild einer zynischen Bibel- und Kirchensatire. Nergal selbst sagt dazu: „It doesn’t get more blasphemous than this.“ Überrascht sollte davon eigentlich niemand sein.

BEHEMOTH laden zur Listening Session

Am 25.07.2018 luden BEHEMOTH zur „I Loved You At Your Darkest“-Listening Session in Berlin ein. Als wir dort ankommen, hat es kuschelige rund 30 Grad. Bei knallender Sonne und geschlossenen Fenstern versammeln wir uns, um dem neuen BEHEMOTH-Werk zu lauschen. Nergal bedankt sich für das zahlreiche Erscheinen und sagt mit einem Augenzwinkern, dass er bei dem Wetter selbst lieber am See sitzen würde, als hier mit gottloser Musik vergewaltigt zu werden. Ohne viel weiteres Geplänkel geht es los. Am Ende wird sich Nergal aber noch in einer Pressekonferenz auf den Zahn fühlen lassen.

1. Solve
Ein Intro, das mit Noise-Elementen und einem Kinder-Sprechchor eine düstere Atmosphäre schafft, die von einer doomig-schwarzen Untermalung durch Bass, Gitarre und Drums noch verstärkt wird. Die Kinder zählen verschiedene Bezeichnungen für Gott auf und rufen ihnen „I forgive you not“ entgegen. Später wird sich herausstellen, dass die Zeilen von der ersten Single „God = Dog“ entlehnt sind.

2. Wolves Ov Siberia
Dieser erste Song steigt rasant ein und ist von Blast Beats der Marke Nähmaschine geprägt. Mit eher gesprochenen als gebrüllten Vocals, denen eine Gesangsmelodie abzugehen scheint, und einer Bridge, die einen rituellen Klang versprüht, schwingt bei diesem Stück das klerikale Flair mit, dem sich „I Loved You At Your Darkest“ verschrieben hat. Mit nur knapp drei Minuten Laufzeit aber ein kurzer Spaß, der am Ende plötzlich verstummt.

3. God = Dog
BEHEMOTH entscheiden sich gegen einen Einstieg mit rohem Geballer und für einen Spannungsbogen. Nergal verrät später, dass „God = Dog“ die erste Single sein wird. Womöglich ist also auf eine Videotauglichkeit geachtet worden. Später ballert das Stück aber, wie zu erwarten war. Ruhige und melancholische Stellen lassen durch interessante Gitarrendetails aufhorchen. Die Kinder vom Anfang gesellen sich auch hier wieder dazu, wenn die Zeilen um „I shall not forgive“ gesprochen werden.

4. Ecclesia Diabolica Catholica
Dieser Song steigt wie das Vorgängerstück ebenfalls nicht direkt mit Geballer ein. Das folgt aber sogleich, und zwar mit gleichmäßig rollenden Blast Beats. Neben einem coolen Solo ist ein unerwarteter Akustik-Part ein Highlight des Stücks. Dieser zeigt sich druckvoll und dicht, bis sich die E-Gitarren wieder daruntermischen und letztendlich in einer Art Crescendo kulminieren.

5. Bartzabel
Nach einer Maschinengewehrsalve von Drums geht es doomig weiter. Das Stück setzt auf den Kontrast von stop-and-go, unterbricht den Fluss immer wieder und ist so intuitiv nicht leicht zugänglich. Umso mehr überrascht dann ein melodisches Solo, das fast ein wenig sehnsuchtsvoll klingt. Trotz der gebremsten Geschwindigkeit kann man aber nicht von einer Ballade sprechen. Schließlich sind es auch noch BEHEMOTH.

6. If Crucifixtion Was Not Enough
Hier geht es wieder schneller zu. Es ballert sogar ordentlich, wenn auch nicht sofort zu Anfang. Die für BEHEMOTH sehr typischen, etwas schleppend wirkenden und in die Länge gezogenen Riffs kommen hier sehr gut raus. Statt mit einem abrupten Schluss endet „If Crucifixtion Was Not Enough“ mit einem Fadeout.

7. Angelvs XIII
Musikalisch wird auch hier auf fette Blast Beats, schleppende Gitarren und überraschenderweise auch wieder auf etwas Akustik-Gezupfe gesetzt. Ein Solo darf auch nicht fehlen, genauso wie ein abgehacktes Ende.

8. Sabbath Mater
Dieser Song stellt sich schnell als ein echtes Highlight auf dem Album heraus. Schleppend und mit einem okkulten Klang vermittelt „Sabbath Mater“ ein etwas beklemmendes Gefühl. Ein Chor im Hintergrund und interessante Tempowechsel ziehen die Aufmerksamkeit auf sich. Wie auch „Bartzabel“ erschließt sich dieses Stück nicht auf Anhieb, was vielleicht gerade seinen Reiz ausmacht.

9. Havohej Pantocrator
Der bisher langsamste Aufbau kommt passenderweise im längsten Song auf diesem BEHEMOTH-Album. Es ist die doomige, schleppende Variante, die hier den von Geballer geprägten Stücken entgegensteht. Auch Letzteres wird sich später aber noch zeigen. Das Stück um den Anti-Jehovah geht so zu Ende, wie es begonnen hat, nämlich mit einer Art Aufbau des Ausklangs.

10. Rom
Eine stetige Abwechslung von langsameren und ballernden Stellen bietet „Rom“. Viel mehr gibt es über diesen Song aber leider – zumindest nach nur einem Durchgang – nicht zu berichten.

11. We Are The Next 1000 Years
Das letzte Stück vor dem Outro ist überraschenderweise wieder recht kurz, erwartet man doch vor allem gegen Ende eines Albums eher die epischen Kompositionen, die in der oft schnelllebigen ersten Hälfte nichts zu suchen haben. „We Are The Next 1000 Years“ schafft es aber auch in der kurzen Zeit, sowohl mit Geballer als auch mit einem melodischen Part zu überzeugen.

12. Coagula
Zusammen mit dem Titel des Intros ergibt sich „solve et coagula“ – löse und verbinde – eine Schlüsselformel aus der Alchemie. BEHEMOTH beenden ihr Album hier mit einem Knaller, der episch-dramatisch, düster und heavy zu gleich ist. Ein wahrhaft majestätischer Abschluss für ein Album, das es in sich hat.

Nergal bei der Listening Session zu „I Loved You At Your Darkest“ in Berlin. Credit: Christoph Voy

„I Loved You At Your Darkest“ sollte in voller Länge gehört werden

Kaum sind die letzten Klänge von „I Loved You At Your Darkest“ verklungen, ist Nergal zurück, um sich den Fragen der Pressevertreter zu stellen. Er betont aber, dass es ihm auch darum geht, zu erfahren, welche Eindrücke das neue BEHEMOTH-Album bei den Hörern hinterlassen hat. Dabei wird schnell klar, dass viele der hier Versammelten nicht damit gerechnet haben, dass „The Satanist“ in irgendeiner Form überboten werden kann. Es sind sich aber alle einig, dass „I Loved You At Your Darkest“ keine Weiterführung seines Vorgängers ist, sondern etwas Neues. Auch Nergal stimmt zu und erklärt, dass es als Neuanfang gedacht ist. Auch, dass man dieses Album in Gänze hören sollte, was auch unser Eindruck war, ist Konsens.

12.08.2018

headbanging herbivore with a camera

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