The Night Eternal
„Das kommende Album wird überraschen – in beide Richtungen“

Interview

Plötzliche Ausfälle, spontane Einsätze, zwei Bassisten, drei Drummer: On the road haben sich THE NIGHT ETERNAL durch nichts ausbremsen lassen und viel Erfahrung gewonnen. Zwischen LUCIFER und BLIND GUARDIAN, zwischen Studio und Straße, ist zudem neue Musik gereift. Das ist doch Grund genug für ein Gespräch mit Gitarrist Rob Richter über Disziplin, Adrenalin auf der Bühne und Songideen jenseits des Tourbusses. Als Sahnehäubchen gibt’s zum Schluss einen ersten Teaser zum dritten Album.

Ihr habt vor zwei Jahren „Fatale“ veröffentlicht. Wenn ihr heute darauf zurückblickt: Was habt ihr richtig gemacht – und was würdet ihr bei einem neuen Album anders machen?

Ich bin mit „Fatale“ nach wie vor sehr zufrieden. Die Songs zeigen sehr gut, wo wir als Band damals standen. Wenn ich heute noch einmal in den Aufnahme- oder Mixprozess gehen würde, gäbe es wahrscheinlich ein paar Kleinigkeiten, die ich ändern würde – eine Gitarre hier etwas lauter, eine Gesangsspur dort etwas präsenter. Beim Songwriting für das kommende Album sind wir einige Dinge allerdings bewusst anders angegangen. Trotzdem würde ich „Fatale“ aus heutiger Sicht genauso wieder veröffentlichen. Für ein zwei Jahre altes Album bin ich wirklich noch sehr zufrieden damit.

Ihr habt zwischenzeitlich eure Bassisten gewechselt. Was war der Hintergrund?

Jones Nühlen ist Anfang 2024 ausgestiegen – ausgerechnet kurz vor unserer ersten Tour mit LUCIFER. Der Grund war ganz simpel: Wir haben 2024 insgesamt 55 Shows gespielt, und für ihn stand fest, dass er seinen Urlaub nicht dauerhaft für Bandaktivitäten opfern möchte. Seinen Platz hat dann Jannik Stüber übernommen, mit dem wir beide Touren in dem Jahr gespielt haben. Er musste nach ziemlich genau zwölf Monaten wieder aufhören, weil er beruflich aufgestiegen ist und dadurch kaum noch die Wochenenden freischaufeln kann.

2025 haben wir den Großteil der Shows mit Marco Justinger von WITCHING HOUR gespielt. Für die aktuelle Tour war er urlaubsbedingt verhindert, deshalb ist Kerem von IMHA TARIKAT eingesprungen – er war sofort motiviert. Im Moment fahren wir also praktisch eine Zwei-Bassisten-Lösung, je nachdem, wer Zeit hat.

Ihr habt nicht nur eine Zwei-Bassisten-Lösung. Auf der Tour mit YEAR OF THE GOAT hattet ihr insgesamt drei Drummer als Taktgeber. Was war da los?

Das ist tatsächlich einem spontanen Ausfall geschuldet. Unser Drummer Aleister Präkelt ist beim Gig in Salzburg plötzlich erkrankt. Wir standen kurz davor, die Show absagen zu müssen, aber dann sprang Marko Kardum von YEAR OF THE GOAT ein – eigentlich ihr Bassist, aber er spielt eben auch Schlagzeug. Er hat sich wirklich 60, 70 Minuten vor dem Konzert Kopfhörer und ein paar leere Blätter geschnappt, sich Notizen gemacht und wir konnten immerhin vier oder fünf Songs spielen.

Kurz darauf war klar, dass Aleister komplett von der Tour runter muss. Da hatte unser Soundmann Joshua zum Glück eine Idee. Er kennt Julian Rocco Lepore, den Schlagzeuger unter anderem von ZERRE und RITUS, und dieser hatte Bock. Wir haben ihn beim Soundcheck in Würzburg zum ersten Mal getroffen. Er hatte das halbe Set schon vorbereitet, wir haben gemeinsam noch ein paar Durchläufe gemacht und konnten am Abend sechs Songs spielen. In Uelsen und jetzt hier in Monheim sind es acht Songs, also ein komplettes Set.

Ich habe echt größten Respekt davor. In so kurzer Zeit einzuspringen und sich das Material draufzuziehen. Dazu der Mut, direkt live abzuliefern. Das schaffen nicht viele.

Für die Fans vor Ort war das eine gute Sache, dass ihr das so durchgezogen habt. Es hat dem Publikum sichtlich Spaß gemacht, euch für acht Songs auf der Bühne zu sehen.

Ursprünglich wollten wir auf der Tour die komplette „Fatale“ spielen. Das hat auch bei den ersten vier Shows funktioniert. Als Julian dann kurzfristig eingesprungen ist, meinte er aber: „Ich kenne die ‚Moonlit Cross‘ deutlich besser als die ‚Fatale‘.“ Er konnte von „Moonlit Cross“ sofort drei, vier Songs spielen, während er die „Fatale“-Tracks erst lernen musste.

Also haben wir uns auf eine halbe-halbe-Lösung geeinigt. Wir haben ihm vier Songs von der zweiten Scheibe geschickt, die er sich kurzfristig draufschaffen konnte – und so sieht jetzt unser Set aus. Er macht das wirklich überragend. Und es ist allemal die bessere Lösung, als eine Show abzusagen.

Ihr wart 2024 zweimal mit LUCIFER auf Tour – das eine Mal mit ANGEL WITCH und ATTIC als weiteren Support-Bands, das andere Mal mit TANITH aus New York. Außerdem seid ihr mit BLIND GUARDIAN in England unterwegs gewesen. Wie seid ihr als Band in dieser Zeit gewachsen? Was haben euch diese Touren in Bezug auf Live-Erfahrung, Professionalität und das Leben „on the road“ beigebracht?

Irgendwann muss jede Band ihre Tour-„Jungfräulichkeit“ verlieren – mit allem, was dazugehört. Auf einer 20-Tage-Tour ist es völlig normal, dass einige Shows fantastisch sind, andere weniger und manche einfach zäh. Aber genau daraus lernt man. Ein Beispiel, das uns richtig geprägt hat: Louis, der Gitarrentechniker und Stagehand von ANGEL WITCH, hat uns nach den ersten beiden Shows ziemlich deutlich gesagt, dass wir viel zu langsam abbauen. Wir sind von der Bühne, haben kurz geraucht, gequatscht – und erst Minuten später angefangen, unser Zeug einzusammeln. Er hat uns dann klargemacht, dass wir als Opener viel zu langsam sind.

Wenn nach uns noch zwei Bands spielen, muss alles sofort runter von der Bühne. Man kann einmal kurz durchatmen, aber dann muss es ohne langes Zögern, ohne Smalltalk weitergehen, damit die nächste Band anfangen kann.

Das klingt total logisch, aber in der Praxis vergisst man es schnell, wenn man noch voller Adrenalin ist und Leute auf einen zukommen. Dieses Learning war enorm wichtig für uns. Disziplin, Geschwindigkeit, Rücksicht auf die anderen Bands – das gehört zum professionellen Touren genauso dazu wie gutes Spielen. Und das ist nur eines von vielen Dingen, die wir aus diesen Touren mitgenommen haben.

Gab es etwas auf den beiden Touren mit LUCIFER, das dich überrascht hat oder das du so nicht erwartet hättest? Und wie seid ihr als Opener behandelt worden?

Wir wurden auf beiden LUCIFER-Touren extrem gut behandelt – da gibt es wirklich nichts auszusetzen. Gerade als Opener ist das nicht selbstverständlich, aber die ganze Crew war total korrekt. Auch ANGEL WITCH, mit denen wir auf der ersten Tour unterwegs waren, waren super angenehme Menschen. Wir sind wirklich dankbar, dass wir die Chance bekommen haben, mit einer so geschichtsträchtigen Band unterwegs zu sein. Die Atmosphäre backstage wie auf der Bühne war immer respektvoll, freundlich und professionell. Für uns war das genau die Art Tour, die man sich als junge Band wünscht.

Wie lief das dann mit BLIND GUARDIAN in England – und wie seid ihr überhaupt auf diese Tour gekommen?

Die England-Shows kamen über unseren Booker Marco zustande. Er hat gute Kontakte in die Szene und auch zum Tourmanager von BLIND GUARDIAN. Er hat uns dort ins Gespräch gebracht – und das Ergebnis war, dass wir als Support mitfahren konnten. Wir haben die Band dann auch Anfang September 2025 wieder in Köln supportet. Die Jungs sind superkorrekt, total entspannt und professionell. Es macht einfach Spaß, mit denen zu arbeiten, und ich bin mir ziemlich sicher, dass das nicht das letzte Mal war.

Und das Einzelkonzert in Köln kam zustande, weil BLIND GUARDIAN die Erfahrung aus England so gut fanden?

Ja, genau. So wie ich es gehört habe, war das tatsächlich der Hintergrund. Die Köln-Show war der Abschluss der Albumtour, und unser Booker hat uns erneut vorgeschlagen. Die Antwort war wohl sinngemäß: „Die Jungs kennen wir, die liefern ab, die heizen das Publikum an.“ Und damit waren wir wieder dabei. Eine richtig coole Sache.

War das Konzert mit BLIND GUARDIAN im Palladium euer größtes Hallenkonzert in Deutschland?

Unser Sänger Ricardo hat das auf der Bühne gesagt – aber ganz sicher bin ich mir nicht. Beim Keep It True Rising waren vermutlich sogar noch ein paar mehr Leute da, aber das ist natürlich ein Festival und nicht direkt vergleichbar. Trotzdem: Auf so einer Bühne zu stehen und vor so vielen Menschen zu spielen, ist ein unglaubliches Gefühl. Vor allem bei BLIND GUARDIAN, weil deren Publikum schon früh in der Halle ist und richtig Bock hat.

Für mich persönlich hatte der Abend im Palladium noch eine völlig andere Ebene. Mein allererstes Konzert überhaupt habe ich dort gesehen, mit ungefähr 13: VELVET REVOLVER – also Slash, Duff McKagan und Matt Sorum von GUNS N’ ROSES. Das war damals absolut mindblowing für mich. Und jetzt, gut anderthalb Jahrzehnte später, selbst auf dieser Bühne zu stehen? Das war richtig emotional. Ich bin nach dem Gig runter, hab mir erstmal eine Kippe angemacht und dachte nur: „Krass, das passiert hier gerade wirklich.“

Könnt ihr unterwegs auf Tour neue Songs schreiben?

Nein, auf Tour schreiben wir keine neuen Songs. Wir machen das auch nicht im Proberaum – da wird wirklich nur geprobt. Beim Songwriting sind wir eine ziemlich langweilige Band: Einer von uns hat eine Idee, baut ein Demo, schickt es rum, dann kommen Drumcomputer-Spuren oder echtes Schlagzeug dazu. So arbeiten wir Stück für Stück, aber eben nicht unterwegs.

Fließen die Erfahrungen, die ihr auf Tour sammelt – also wie ihr als Band funktioniert, was ihr euch von den anderen Bands abschaut, wie ihr mit Publikum interagiert – irgendwie ins Songwriting ein? Oder vielleicht Eindrücke aus anderen Ländern?

Man erlebt auf Tour natürlich extrem viel. Man hängt permanent auf engstem Raum zusammen, lernt sich besser kennen – manchmal sogar mehr, als einem lieb ist. Aber aufs Songwriting wirkt sich das eigentlich nicht aus. Auf Tour sind wir im „Arbeitsmodus“: Gigs spielen, gut abliefern, Merch verkaufen, vielleicht noch einen Absacker trinken, und dann am nächsten Tag wieder weiterfahren. Für kreatives Arbeiten bleibt da kein Raum. Das passiert erst wieder zu Hause, wenn der Kopf frei ist und man Abstand hat.

Du hast das Thema Trinken selbst angesprochen. Viele Bands erzählen ja wilde Geschichten aus ihren frühen Jahren. Wie professionell geht ihr damit um?

Solange du auf der Bühne hundert Prozent gibst, kannst du abseits davon eigentlich machen, was du willst. Gerade auf unserer ersten großen Tour haben wir schon ordentlich zugelangt. Da war schon das ein oder andere Bierchen nach der Show bei – und vielleicht auch davor. Aber das hat unsere Performance nie beeinträchtigt. Wenn du in einer fremden Stadt bist und erst am nächsten Abend um 20 Uhr wieder arbeiten musst, hast du eben Freiraum. Solange die Show sitzt, ist alles gut.

Ihr habt als Band eine interessante Label-Reise hinter euch: von der ersten EP bei Dying Victims, über zwei Alben und eine Single bei Ván Records bis zum Deal mit Metal Blade im Mai 2025. Welche Erfahrungen habt ihr in dieser Zeit gesammelt – gerade was Zusammenarbeit, Verträge, Vorschüsse oder den Umgang mit Labelstrukturen angeht?

Was wir sehr schnell gelernt haben: Bei einem Label kommt es extrem auf die Menschen dahinter an. Die Struktur ist das eine, aber entscheidend ist, wer Verantwortung trägt und wie diese Personen ticken. Nach unserer ersten EP bei Dying Victims hatten wir das Gefühl, den nächsten Schritt gehen zu wollen. Ván Records war dafür genau der richtige Ort, und wir waren dort drei Jahre lang sehr gut aufgehoben. Zwei Alben und eine Single – das hat alles super funktioniert.

Irgendwann kam aber der Punkt, an dem wir das Gefühl hatten: Für das dritte Album müssen wir woanders hin. Zu der Zeit lag bereits ein Angebot von Metal Blade vor. Wir hatten mit Bart Grasseck und Andreas Reissnauer gesprochen und sofort gemerkt, dass die Chemie stimmt. Wir vertrauen ihnen, sie vertrauen uns. Das ist im Grunde der entscheidende Punkt für eine Zusammenarbeit. Deshalb war der Schritt zu Metal Blade für uns logisch. Ich würde tippen, dass unser nächstes Album im Mai oder Juni erscheint.

Wie ist der aktuelle Stand beim Songwriting und den Aufnahmen – soweit du das verraten kannst?

Wir sind fast durch. Zum Zeitpunkt dieses Gesprächs fehlt uns im Prinzip nur noch eine einzige Recording-Session. Etwa 25 Prozent der Gesangsparts müssen noch eingesungen werden, außerdem stehen ein paar Gitarrensoli und einzelne Percussion-Spuren aus. Alles andere ist im Kasten. Danach sind die Aufnahmen abgeschlossen und dann geht’s weiter mit Videos, Promo und allem, was dazugehört.

Statt einer letzten Frage kommt jetzt eine provokante Aussage: Auf dem neuen Album wird es keine musikalischen Überraschungen geben und THE NIGHT ETERNAL bleiben auf der bekannten Linie.

Sei dir da mal nicht zu sicher. Ich will noch nicht zu viel verraten, aber man konnte auf „Fatale“ ja schon hören, dass wir uns ein paar neue Türen geöffnet haben – ein Hauch Goth Rock hier, ein bisschen Post-Einfluss da. Auf dem neuen Album wird es definitiv Songs geben, bei denen man denkt: „Whoa, damit hätte ich jetzt nicht gerechnet – aber es ist geil.“

Ein paar Nummern gehen atmosphärischer und dunkler in die Gothic-Richtung, andere ziehen deutlich mehr in die IRON-MAIDEN-Ära „Somewhere In Time“. Also ja: Es wird Überraschungen geben, in beide Richtungen. Mehr kann ich aber erst in der Promo-Phase erzählen. Für den Moment muss das als Appetithappen reichen.

Das ist doch ein schöner Cliffhanger bis zum Interview für das neue Album. Vielen Dank für das Gespräch!

Galerie mit 29 Bildern: The Night Eternal - Tour 2025 in Würzburg
21.12.2025

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