"Balladen passen nicht zu MOTORJESUS."

Interview

Mit ihrem achten Studioalbum „Streets Of Fire“ meldeten sich MOTORJESUS kürzlich zurück. Wir trafen Frontmann Chris Birx und plauderten mit ihm über die neue Platte und alte Zeiten.

Hallo Chris, vielen Dank, dass du dir Zeit nimmst. Wie geht’s dir denn?

Sehr gerne. Die letzte Zeit war etwas stressig, da der Release der Platte um einen Monat verschoben werden musste. Leider gab es wohl bei der Herstellung einen Fehler im Presswerk und alles zog sich in die Länge.

Du sagst, bei euch ist momentan viel los, ihr seid aber bekanntlich alle nebenher noch berufstätig. Wie lässt sich das Musikerleben mit euren „normalen“ Leben vereinbaren?

Genau, wir sind alle berufstätig und versuchen das so gut wie möglich zu managen. Ich arbeite als Heilerziehungspfleger im Behindertenbereich. Im sozialen Bereich hast du glücklicherweise viele nette Arbeitskollegen, die auch mal einen Dienst mit dir tauschen, das funktioniert kurioserweise immer ganz gut. Mein Chef unterstützt mich auch supergut, was das betrifft. Dafür versuche ich möglichst viel zurückzugeben, übernehme auch mal einen Dienst an Ostern und so weiter.

Und das macht euch auch Spaß so?

Das macht Spaß, klar. Ich gehe jetzt zwar stramm auf die fünfzig zu und manchmal spürt man das dann auch (lacht). Aber es macht immer noch Laune, es ist einfach schön mit den Leuten zu quatschen und mal rauszukommen aus dem Alltagstrott. Ich sehe das als Privileg.

Ist eure Berufstätigkeit eventuell auch ein Grund dafür, dass zwischen euren Alben immer ein recht langer Zeitraum liegt?

Ja auf jeden Fall, wobei uns auch immer etwas dazwischengekommen ist. 2013 wurde ich zum Beispiel am Herzen operiert. Da war ich komplett offline, konnte gar nichts machen. Beim jetzigen Album hatten wir während der Entstehung sehr viel live gespielt und haben nebenher trotzdem noch eine Menge produziert. Das war schon recht hart, das muss ich so nicht mehr haben.

Anfang Mai ist euer Gitarrist ausgestiegen. Inwiefern beeinflusst euch das zurzeit?

Das ist für uns als Band kein Problem, da wir glücklicherweise mit Phillip, unserem alten Schlagzeuger, schnell einen Ersatz gefunden haben. Er spielt toll Gitarre und hat sich, nachdem Paddy ausgestiegen ist, gleich gemeldet und sich als Gitarrist angeboten. Die beiden sind alte Freunde und von dem her war es eine tolle Sache ihn zurückzuholen. Aber mit Paddy ist alles ok. Er hat einfach andere Interessen musikalischer Natur und hatte an unserem Hardrock ein Stück weit den Spaß verloren. Mit seiner neuen Band macht er Thrash Metal, was ihm mehr Laune macht. Das freut uns für ihn und wir wünschen ihm nur das Beste, auch wenn es schade ist, dass er nicht mehr dabei ist.

Kommen wir zum neuen Album. Den Metal-lastigere Kurs, den ihr bereits auf „Hellbreaker“ (2021) eingeschlagen habt, habt ihr auf „Streets Of Fire“ nochmals verstärkt. War das beabsichtigt?

Wir hatten viel Spaß an „Hellbreaker“. Wir sind damals vom Hardrock und Midtempo zu mehr Tempo und etwas Punk übergegangen. Und natürlich haben wir auch mehr Heavy Metal eingebaut. Ich bin selbst ein riesiger IRON MAIDEN und JUDAS PRIEST-Fan, höre viel NWOBHM. Und so kam eins zum andern. Wir hatten so viel Spaß daran, mit „Hellbreaker“ etwas aus unserem eigenen Trott herauszutreten, dass wir gesagt haben, da machen wir jetzt weiter.

Der Opener „Somewhere From Beyond“ weist recht deutlich auf IRON MAIDENs „Somewhere In Time“ hin. War auch das Absicht, dies so deutlich zu machen?

Absolut. Das ist unser „Tribute-To -IRON MAIDEN-Song“. „Somewhere In Time“ ist einer meiner absoluten Lieblingsalben. Das passt auch zu diesem punkigen Achtziger-Image wie es auf dem Albumcover zu sehen ist. Auf dem Artwork sieht man Figuren aus unseren Lieblingsfilmen wie „Robocop“ und „Terminator“. Wir haben sogar einige alte Videospiele miteingebaut. Der Name „Streets Of Fire“ stammt von dem Videospiel „Streets Of Rage“, einem alten Prügelspiel im Cyberpunkstil.

Die Platte hat insgesamt einen gewissen Achtzigerjahre-Spirit. Was bedeutet euch dieses Jahrzehnt in musikalischer Hinsicht?

Im Nachhinein musikalisch sehr viel. Wobei man ehrlich sagen muss, ich bin ja eher ein Kind der Neunziger. In den Achtzigern war ich ein kleiner Junge und habe noch gar kein Metal gehört. Aber man hat sich die ganzen Sachen dann später quasi erarbeitet. Heute habe ich die Vinyls aus den Achtzigern zu Hause im Regal, bin selbst auch ein richtig krasser Musikfreak und mir ist dieses Jahrzehnt musikalisch total wichtig. Klar, hätte ich selbst gerne einige Livekonzerte von damals gerne mitgekriegt, aber damals war ich eben einfach noch zu klein (lacht).

Eure Musik ist immer sehr energiegeladen, selbst wenn die Texte nicht immer „heile Welt“ sind, transportiert die Musik eine große positive Energie. Wie kommt das?

Das hat sich so entwickelt. Ich merke beispielsweise auch, dass wenn wir Mol-Riffs schreiben, also eher düstere Sachen, dies bei uns nicht wirklich funktioniert. Das muss aber auch nicht sein. Als wir mal bei einem Festival gespielt hatten, wo ansonsten nur Death-und Black Metal Bands aufgetreten sind, waren die Leute richtig froh, als zwischendurch mal was „fröhliches“ gespielt wurde. Ich denke diese positiven Vibes, die wir da verbreiten, kommen meistens sehr gut an. Ich selbst höre auch viel extremere, aggressivere Sachen, aber für MOTORJESUS passt das einfach nicht. Diese positive Energie, die bei uns rüberkommt, ist auch ein Stück weit einfach unser Stil.

Komponiert ihr gemeinsam?

Wir haben immer unsere Songwriting-Grüppchen. Mal sind wir mit der ganzen Band im Proberaum, mal sind wir aber auch nur zu zweit. Mir selbst kommen oft nachts, wenn ich Schicht arbeite, Riffs in den Kopf. Die speichere ich dann gleich mal in mein Handy ein, damit ich sie nicht vergesse. Am nächsten Tag zeige ich das dem Gitarristen. Die Jungs verfeinern das meistens noch und so entstehen nach und nach unsere Songs. Ein richtiges Patentrezept haben wir da aber nicht.

Neben den Metal-und Heavy Rock-Einflüssen findet man auf dem neuen Album auch noch andere Stileinflüsse. Ich denke da speziell an „They Don´t Die“ und „The Driving Force“. Kannst du uns zu diesen Tracks etwas erzählen?

„They Don´t Die“ ist eine klassische Punknummer, bei der wir gedacht haben, wir müssen mal einen richtigen „Arschtreter-Punksong“ machen, bei der das Energielevel nochmal nach oben schnellt. Das witzige dabei ist, dass je mehr schnelle Nummer du machst, desto weniger empfindest du die Sachen als schnell und drehst das Ganze nochmals hoch. Der Song hat ein klassisches Zombie-Thema zum Inhalt, ist also für uns eine typische Funnummer. „The Driving Force“ ist mein persönlicher Lieblingssong auf der Scheibe, weil er mich an die ersten MOTORJESUS-Scheiben erinnert. Damals gab es viele Songs in diesem Stil mit Hammond-Orgeln und so weiter. Früher war ich sehr beeinflusst von SPIRITUAL BEGGARS, die Stoner Rock im Siebzigerstil machen. Der Song ist somit unsere eigene Referenz an unsere Early Days. Es gab sogar einige Fraktionen in der Band, die den Song lieber nicht auf der Platte haben wollten, aber ich bin zum Glück hartnäckig geblieben (lacht).

Balladen findet man sehr selten in eurem Repertoire. Habt ihr mal darüber nachgedacht, wieder eine Ballade zu schreiben?

Da denkt man immer wieder mal drüber nach. Ich muss aber auch ehrlich sagen, dass wir auf den früheren Alben immer die Quotenballade mitgenommen haben, weil der damalige Gitarrist der Meinung war, wir bräuchten das vor allem für die weiblichen Zuhörer. Aber ich war nie ein großer Balladen-Fan und finde auch, dass das nicht unbedingt zu MOTORJESUS passt. Ab der „Hellbreaker“ haben wir das mit den Balladen dann ganz gelassen (lacht).

Vielen Dank nochmals Chris für das Interview!

Quelle: Interview mit Chris Birx
22.07.2025

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