European Metal Festival Alliance 2020
der große Festivalbericht

Konzertbericht

Billing: Spoil Engine, Amenra, Angelus Apatrida, Sabaton, Alien Weaponry, Cult Of Fire, Evil Invaders, Rotting Christ, Kampfar, Gutalax, Legion Of The Damned, Nytt Land, White Walls, Dead Lord, Kissing Candice, Primordial, Orange Goblin, RoadKillSoda, Svart Crown und Kissin' Dynamite
Konzert vom 07.08. - 09.08.2020 | Internet, International

Der Sommer ist trist. Statt auf den deutschen Äckern unseren Lieblingsbands zu huldigen ist Homeoffice angesagt. Doch schwere Zeiten erfordern kreative Ideen und so hat schon das Wacken Open Air zum Wacken World Wide vor die heimischen Bildschirme gerufen. Unter dem Banner European Metal Festival Alliance haben sich gleich mehrere europäische Festivals für ein Joint Venture zusammengefunden und ein starkes Programm mit teils eigens für das Event aufgezeichneten Shows zusammengestellt. Für den Support-Beitrag von 6,66 EUR konnten Fans weltweit nicht nur die zahlreichen Shows, sondern auch einiges an Bonus Content vom 07. bis 09.08.2020 genießen.

Flyer European Metal Festival Alliance 2021

Mit dabei waren folgende Festivals:

Summer Breeze (Deutschland), Party.San (Deutschland), Alcatraz (Belgien), Art Mania (Rumänien), Brutal Assault (Tschechien), Dynamo (Niederlande), Into The Grave (Niederlande), Leyendas De Rock (Spanien), Metal Days (Slowenien), Midgardsblot (Norwegen), Motorcultor (Frankreich), Resurrection (Spanien) und Bloodstock (Großbritannien)

Freitag, 07.08.2020

Einige unserer Redakteure und Redakteurinnen haben es sich an diesem Wochenende auf dem heimischen Sofa bequem gemacht und sich ausgewählte Shows des Events für euch angesehen. Großer Vorteil: Hier darf das Bier auch aus Glasflaschen genossen werden, Schlange stehen vor dem Dixi oder der Spültoilette gibt es ebenfalls nicht. Für die leibliche Versorgung sorgen zudem die eigenen Kochkünste oder der Lieferdienst des Vertrauens. Immerhin ein paar positive Randnotizen lassen sich so herbeischwindeln. Das eigentliche Festival-Feeling will nicht aufkommen, wenngleich der Chat bei der European Metal Festival Alliance Unterhaltungswert hat. Aber nun geben wir uns etwas der Festival-Illusion hin und hoffen, dass dies ein einmaliges Erlebnis wird!

12.00 CULT OF FIRE

CULT OF FIRE eröffnen die European Metal Festival Alliance. Das ist mutig und problematisch, denn die Tschechen liefern den wohl unbequemsten musikalischen Zugang – gemessen an der Massentauglichkeit. Bleibt zu hoffen, dass nicht nur Kenner der Band online sind. Das wiederum ist der Vorteil eines digitalen Festivals: Es ist leichter, einen Stream zu öffnen, als sich mittags nach zwei, drei Frühstücksbieren aus dem Campingstuhl zu erheben. Leider ist der Sound etwas dumpf und die Stimme tönt zu leise – das wird im Verlauf besser, bleibt insgesamt aber schwachbrüstig. Löblich sind die verschiedenen Kamerawinkel und Nahaufnahmen, die auch die atmosphärischen Utensilien und Instrumente gut einfangen; vor allem, wenn die Kamera so ausgerichtet ist, dass Schädel und Kerzenständer im Vordergrund sind und dahinter einer der Musiker agiert, umwabert von leichtem Kunstnebel. Gutes Stichwort: Wer direkt Sommer-Festival-Stimmung erwartet, wird natürlich enttäuscht. Eine Band wie CULT OF FIRE muss bei Dunkelheit oder mindestens in den Abendstunden auf einer Zeltbühne spielen. Stattdessen sitzen einige zu Hause und erhaschen beim Blick aus dem Fenster sonnengetränkte Bäume und dergleichen – das passt nicht. Vielleicht wäre ein Stimmungsmacher, der mit gereckter Faust statt mit tiefer Kapuze ins Online-Festival führt, die bessere Wahl gewesen. Aufgrund der wechselnden Kostüme und Hintergründe geht zudem der Live-Charakter flöten, auch wenn der Aufwand des exklusiven Zusammenschnitts gelobt werden darf.

(André Gabriel)

13.00 EVIL INVADERS

Weiter geht es mit einer Band aus jenen Landen, in denen auch das Alcatraz Festival steigt: EVIL INVADERS. Diese empfangen den gemeinen Speed-Freak mit einer spektakulären Bühnenshow aus einer Scheune. Das mag vor allem daran liegen, dass es nie wirklich hell auf der Bühne ist und die roten sowie blauen Scheinwerfer dominieren. Des Vampirs Traum, gewissermaßen auch ein böser Invasor, ist erfüllt: Das Quartett ist befreit von der Bürde des Tageslichts. Wie auch immer. Unübersehbar sind die sich drehenden Bandlogos aus Stahl. Schick. Es ist aber vor allem die Kombination von allen, welche die Show letztendlich so gelungen machen. Die Band ist zum äußersten motiviert und passioniert. Desweiteren ist ihr Set, welches zum Großteil aus dem letzten Studioalbum „Feed Me Violence“ besteht, gespickt mit messerscharfen Riffs und einem gnadenlos treibenden Drumming, lediglich „Broken Dreams In Isolation“ bietet da eine kurze Verschnaufpause. Außerdem ist die Band sehr druckvoll abgemischt. All diese Sachen hinterlassen einen verschwommenen Wust aus Gewalt, genau wie es bei einer richtigen Show der Fall wäre.

(Philipp Gravenhorst)

16.00 KAMPFAR

KAMPFAR laufen mit Fackeln ein und betreten ein Gebäude, in dem man rein optisch kein Konzert erwarten würde – sehr atmosphärisch. Der stimmungsvolle Charakter wird auch im Innenbereich gehalten; durch etliche Kerzen und eine treffsichere Ausleuchtung. Leider ist der Sound etwas dumpf und teilweise blechern, auch die Bildqualität ist nicht immer gut. Wer den von Rob Zombie inszenierten Film „Das Haus der 1000 Leichen“ kennt, wird sich beim Anblick von Dolk inzwischen oft an Otis Driftwood erinnern; das nur als nerdige Randnotiz. Insgesamt ist der Fronter wie gewohnt sehr agil. Auch die anderen Musiker präsentieren sich aktiv und spielen teilweise mit der Kamera, die ihrerseits sehr beweglich ist und oft mit Zooms arbeitet. Zwischen den Liedern stehen KAMPFAR mit dem Rücken zum imaginären Publikum, in anderen Momenten bedankt sich Dolk bei den Zuschauern und leitet Songs durch gesprochene Intros ein: „This is directly from Norway“. Es folgt „Swarm Norvegicus“. Der Auftritt endet, wie er begonnen hat: mit einem Fackelmarsch.

(André Gabriel)

17.00 ALIEN WEAPONRY

Um ganz eigene Kämpfar (Harhar) handelt es sich bei dem neuseeländischen Trio ALIEN WEAPONRY. Sie sind noch nicht in ihren Zwanzigern und mischen ihren Groove Metal mit der Māori-Kultur. So sieht man im Vorfeld des Konzerts einen Haka, einen traditionellen Kriegstanz. Der Mitschnitt wurde in der Stadthalle Aucklands, eine schickere Location mit Parkett und Logen, kurz vor dem Lockdown aufgenommen und er ist nichts geringeres als eine Demonstration. Eine Demonstration dessen, was für eine große Anhängerschaft die Teenies mitreißen können. Eine Demonstration dessen, was für zwingende Songs sie haben. Eine Demonstration dessen, wie lebendig die Maori-Kultur noch ist. Und sie fällt sehr überzeugend aus: Das ganze Parkett ist am Feiern und auch in den Logen können sich nicht alle beherrschen. Eine gewisse Verunsicherung lässt sich dem Trio nicht absprechen, aber das gilt auch für die frühen METALLICA. Der Mitschnitt indes verfolgt einen sehr interessanten Ansatz: Es haben sich schon viele die Zähne daran ausgebissen, die Intensität eines Konzertes einzufangen. Der Regisseur versucht es hier durch das Detail. Selten gibt es Nahaufnahmen von Musikern, bei ihnen wird lieber in die Totale gegangen. Stattdessen gibt es viele bewegliche Kameras im Publikum, die auch schon einmal an einem schicken T-Shirt der Person hängenbleibt, die ein paar Reihen hinter einem steht. Unterbrochen wird die Show von Clips, in denen die Band die Songs erklärt. Nach diesem großartigen fast einstündigen Set bleibt nichts anderes übrig, als auf einen vollständigen Konzertmitschnitt zu warten.

(Philipp Gravenhorst)

19.00 AMENRA

Die belgischen Post-Metaller AMENRA haben einen steten Studiooutput und einen Liveruf, der Ihnen vorauseilt. Gibt es heute also die „Hausmesse“? Es wird gestreamt aus… ja woher eigentlich?

Der Feuerring, um den sich die Band da irgendwo in der Wallachei positioniert hat, lässt einen gleich Johnny Cash auf einem Acker in Belgien erwarten, strahlt eine mysteriöse, dunkle, aber irgendwie auch heimelige Atmosphäre aus, ähnlich Festivals wie dem Funkenflug/House of the Holy, welches AMENRA ebenfalls schon bespielt haben. Schon einmal ein netter Einstieg. Der Sound ist ganz angenehm, ein wenig dumpf, kommt aber durchaus livetauglich und passabel daher. Drone-Shots ergänzen die Kameraeinstellungen am Boden mit sehr schönen Impressionen.

Der langsame, schleppende Opener „Children of the Eye“ vermag schon einmal die Stimmung zu vermitteln, die, wenn ich so aus dem Fenster schaue, gar nicht zum hellen, sonnigen Tag, der eher einem Leben im Backofen ähnelt, passen mag. Bei „Plus Pres De Toi (Closer To You)“ ist das Feuer schon verflossen und es gibt eher was für die Seele. Und auch ohne Feuer lässt sich hier eine spektakuläre Lightshow bestaunen! Die Liebe, Sorgfalt und Idee, welche in das Setup für das EMFA geflossen ist, gehört definitiv gewürdigt.

„Derian“ als Abschluss ist ein „Slowburner“ und leitet gekonnt und atmosphärisch aus. Sehr viel besser wäre das live sicher auch nicht rüber gekommen. Anschließend gibt es noch einen kleinen Kurzfilm mit intensiven Livebildern, aber auch dem alltäglichen Tourleben von AMENRA und ein wenig Infos zu ihrer Philosophie. Nette Dreingabe, professionell aufgemacht. Im Ganzen ein großes Konzert, und dem Chatverlauf unter dem Video nach zu urteilen auch ein Erstkontakt für viele mit AMENRA, der Spuren hinterlassen hat.

(Alexander Santel)

22.00 ROTTING CHRIST

Die Griechen sind eigentlich seit jeher für eine gute Liveshow bekannt. Die rituelle Atmosphäre kommt auch ohne große Bühnenshow oder dunklem Acker wie bei AMENRA rüber. Ein wenig schade ist es aber trotzdem, dass die Band so ein einfaches Studiosetting gewählt hat. Wird der visuellen Komponente von ROTTING CHRIST, die man von Konzerten gewohnt ist, nicht ganz gerecht. Der Sound ist erste Sahne, aber trotz vorhandener Spielfreude will der Funke im ersten Song „χξϛ“ noch nicht so richtig überspringen. Bei einer solchen Hymne, die sich mit wogendem Zuschauermeer definitiv besser als im leeren Studio macht, ist das als Einstieg vielleicht eher unglücklich gewählt.

Der Titelsong von „Κατά τον δαίμονα εαυτού“ haut dann schon mehr rein. Es gibt auch ein paar Tracks vom neuen Album „The Heretics“, der Fokus steht aber tatsächlich hauptsächlich auf „Κατά τον δαίμονα εαυτού“. Die Band liefert wie gewohnt ab, aber die heimlichen Headliner heißen an diesem Abend dann doch wohl eher KAMPFAR und AMENRA.

(Alexander Santel)

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23.08.2020

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